«Eine Auflösung der KAB hatte keine Chance»

Zürich, 28.10.16 (kath.ch) Die Katholische Arbeitnehmerinnen und -nehmer-Bewegung (KAB) steht in einem Reformprozess. Nachdem eine Loslösung des Sozialinstituts bereits im April entschieden worden war, beschlossen die Delegierten an der Versammlung vom 22. Oktober eine Verschlankung der Statuten. Ein Antrag auf Diskussion über Namen und Zweck des Verbands fand keine Zustimmung.  

Sylvia Stam

«Die Mitglieder der KAB sind treue, kirchenverbundene, prospektive Katholikinnen und Katholiken», sagt Xaver Vogel, Präsident der KAB, gegenüber kath. Und meint mit letzterem «vorwärts gerichtete Katholiken, die sich auf die Papiere der Synode 72 berufen» und die beispielsweise Mühe hätten mit der Sexualmoral der katholischen Kirche.

Auch wenn die Mitgliederzahl – derzeit rund 5000 – in den letzten Jahren abgenommen habe, so sei die Stimme der KAB nach wie vor wichtig in der Gesellschaft: «Diese Stimme, die sich ab und zu zu sozialethischen Themen erhebt, würde schwächer», falls es die KAB nicht mehr gebe. «In einer gewinnorientierten Zeit wächst die Nachfrage nach Orientierung», weiss Vogel, und zwar bei Einzelpersonen und Firmen, wie Nachfragen zu ethischer Firmenführung zeigten.

Aus diesem Grund habe die Auflösung der KAB keine Chance gehabt, so Vogel. «Wir wollen vielmehr Sorge tragen zu dem, was noch ist», sagt der langjährige Präsident der KAB.

Neue Trägerschaft für das Sozialinstitut

Anders wird ab 1. Januar die Trägerschaft des Sozialinstituts, welches auch die Publikation «Treffpunkt» herausgibt. Neu wird das Institut nicht mehr an den Verband gebunden sein, sondern von einem eigenen Verein getragen. Dieser wird am 7. Dezember gegründet, mit der KAB als Mitträgerin.

Der Vorteil dieser Loslösung ist eine breitere Trägerschaft. So könnten beispielsweise auch nicht-katholische Firmen Mitglied des Trägervereins werden, erklärt Vogel. Das Institut wird auch unter der neuen Trägerschaft «eine christlich-soziale Publikation» herausgeben.

Weiterhin bleiben werden die sozialethische Auseinandersetzung zu aktuellen Themen – Vogel erwähnt den Kontakt der KAB zu Parlamentariern etwa im Zusammenhang mit dem Thema Atomausstieg, die Beteiligung an der Konzernverantwortungsinitiative, das Einstehen der KAB für eine restriktive Handhabung der Gesetzgebung über die Waffenausfuhr sowie die Zusammenarbeit innerhalb der Allianz «Es reicht». Bleiben würden auch Anlässe und Weiterbildungen zu sozialen und finanzpolitischen Themen, aber auch verbandsinterne Anlässe wie Maiandachten, Reisen, Lottoabende und ähnliches.

Engagierte Debatten

Die rückläufigen Mitgliederzahlen hätten in den letzten Jahrzehnten zu Auflösungen von Sektionen geführt, dem die Statuten nicht mehr entsprächen. Entsprechend wurde an der DV auch eine Verschlankung der Verbandsstatuten gutgeheissen. Ressorts wie «Frauen», «Soziales und Politik» oder «Treffpunkt» seien nun aufgehoben, die Verantwortung für diese Themen liegt laut Vogel nun allein beim Zentralvorstand.

Engagierte Debatten gingen den Beschlüssen voraus, wie der Medienmitteilung zu entnehmen ist. Umstritten war laut Vogel die Frage, ob in den Statuten operative Aussagen enthalten sein sollten oder nicht. «Der Zentralvorstand wollte möglichst schlanke Statuten mit nur strategischen Formulierungen.» Dazu habe es aber Gegenmeinungen gegeben. Operative Aussagen wie etwa solche zur Höhe der Entschädigung von Vorstandsmitgliedern gehören nach Meinung des Zentralsvorstands jedoch nicht in die Statuten. «Würde man solches festlegen, besteht das Risiko, dass die Statuten erneut geändert werden müssen, falls die Realisierung sich als unmöglich erweist.» Mit einer knappen Mehrheit seien die Delegierten dem Zentralvorstand gefolgt.

Christlich statt katholisch

Auch die Frage nach Namen und Zweck des Verbands wurde diskutiert. «Einige Mitglieder fanden, Katholisches sei nicht mehr in, stattdessen solle man von christlich sprechen», erläutert Vogel. Für den Zentralvorstand müsste eine solche inhaltliche Diskussion jedoch in einem Prozess geschehen, nicht prima vista an der Delegiertenversammlung.

Anders sieht dies etwa Norbert Ackermann, Präsident der KAB Sektion St. Gallen. In einem Schreiben an kath.ch hält er fest, dass «eine Mehrheit mit Stichentscheid des Versammlungsleiters eine Aussprache zu Namen und Zweck der KAB verweigert» habe. Offenbar hatten einige Mitglieder eine Namensänderung begrüsst. Die bisherige Bezeichnung bewahre zwar nach innen Identität, doch «nach aussen erscheint sie aus der Zeit gefallen», so Ackermann. «Sie nimmt Rückgriff auf das katholische Milieu, das Vergangenheit ist. Die Alternative ‹KAB Schweiz – Christliche Sozialbewegung› hätte der Realität entsprochen, ohne die Wurzeln zu kappen», so der St. Galler Sektionspräsident.

Soziale Gerechtigkeit und Empowerment

Als Zweck heisst es in den Statuten neu: «Ein nationaler Zusammenschluss christlicher Frauen und Männer, die auf der Grundlage der katholischen Soziallehre mitmenschliche Werte in das gesellschaftliche, kirchliche und politische Geschehen einbringen und nach aussen sicht- und hörbar machen», so die Mitteilung der KAB. Für Ackermann taugt ein Begriff wie «mitmenschliche Werte» zu wenig als Alleinstellungsmerkmal. «Die soziale Dimension der christlichen Botschaft ruft vielmehr nach Stichworten wie ‘soziale Gerechtigkeit’ und ‘Empowerment’, um in Gesellschaft und Kirche Verantwortung zu übernehmen.»

Verbandspräsident Vogel kann sich durchaus vorstellen, dass die KAB in diesen Prozess einsteigen wird. Doch diese Diskussion müssten andere führen. Vogel selbst tritt als Verbandspräsident per 1. Januar 2017 zurück. Als Co-Präsidenten treten Enrico Gallacchi (Basel) und  Hans Gisler (Schattdorf UR) seine Nachfolge an.


Xaver Vogel | © zVg
28. Oktober 2016 | 08:00
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