Auftritt des Chors der Nationen am Pfingstsonntag
Schweiz

Ein vielstimmiges Pfingstereignis

Luzern, 5.6.17 (kath.ch) Zum vierten Mal fand zu Pfingsten in der katholischen Johanneskirche Luzern das Festival «Pfingstklänge» statt. Dieses Jahr mit Tobi Gmür, Max Lässer, dem Alphorn-Quartett «Hornroh» und dem «Chor der Nationen». Künstler und Publikum verschmolzen dabei zu einem vielstimmigen und harmonischen Gesamtklang.

Vera Rüttimann

Zu Pfingsten ist es in der Johanneskirche wieder soweit. Das Publikum strömt in die Kirche mit ihrem grottenähnlichen Hohlraum und lässt sich von der mystischen Atmosphäre einnehmen, die durch die raffinierte Lichtsetzung und verschiedene Farbräume verbreitet wird.

Die Kirche bietet ein besonderes Seherlebnis. Besucher, die erstmals hier sind, erfahren, dass die hell gestrichenen Nischen über dem Altar für den sich öffnenden Himmel stehen, das dunkle Blau an die gemalten Himmelsgewölbe in abendländischen Kirchen anknüpft und das mittlere Blau den Mantel Marias symbolisiert. Als der Luzerner Mundartmusiker Tobi Gmür mit seinen Bandkollegen am Samstag das «Pfingstklänge»-Festival eröffnet, könnte die Bühne dafür nicht farbintensiver sein.

Ein offener Geist

Die «Beton-Skulptur-Kirche», 1970 nach den Plänen des Architekten Walter M. Förderer gebaut, ist bei Künstlerinnen und Künstlern äusserst beliebt. Pfarreileiter Herbert Gut spricht gegenüber kath.ch von einem «spirituellen Kulturort». Bekannten Musiker wie Konstantin Wecker spielten hier schon auf. Sie alle schätzen den gleichzeitig offenen und verwinkelten Sakralraum, in dem sich der Altar und die Bänke verschieben lassen. Das stehe, so Gut, auch für eine geistige Offenheit. Ingrid Bruderhofer, Pastoralassistentin an der Johanneskirche, betont jedoch gegenüber kath.ch: «Es finden hier nicht nur reine Kunstausstellungen statt, sondern es werden auch Gottesdienste zu den Bildern gestaltet, wo das Wort Gottes über alle Sinne transportiert wird.»

Leute im Eingang der Pfarrei St. Johannes | © Vera Rüttimann

Das Team der Pfarrei St. Johannes investiert laut Herbert Gut seit einigen Jahren viel in den Schwerpunkt «Dialog von Kunst und Spiritualität». Vor vier Jahren habe die Pfarrei das Festival «Pfingstklänge» lanciert, um die Johanneskirche noch mehr zu beleben – im Sinne einer «Eglise modulable». Gut sagt: «Das Festival zeigt, dass man sich in Kirchenräumen wohl fühlen kann und sie für verschiedene Veranstaltungen genutzt werden können.» Das Pfingstfest, am dem Jünger durch das Einhauchen des Heiligen Geistes plötzlich in allen Sprachen der Welt sprechen konnten, sollte für das Pfarreiteam durch vielstimme Musik und nahbare Künstler hier ein eigenes Festival erhalten.

Auf allen Saiten

Ebenso pfingstlich vielstimmig kommt Max Lässer daher. Der bekannte Schweizer Musiker erfindet mit seinem «Überlandorchester» die Volksmusik seit Jahren immer wieder neu. «Ich spiele fast alles, was Saiten hat», sagt der Ennetbadener dem Publikum. Fürwahr: Einmal spielt der Multiinstrumentalist mit einer chinesischen Mondlaute oder traktiert die auf seinen Knien liegende Gitarre mit Metallstücken an den Fingerkuppen. Begleitet von Kontrabass, Handorgel und einer Zither, einem Saiteninstrument, schickt seine Musik den Zuhörer auf innere Reisen, erschliesst ihm neue Horizonte und überrascht immer wieder mit neuen Wendungen. Es sind Melodien von hier und doch klingen sie aufregend anders. Manchmal klingt sie wie das wohl vertraue Ländlerstück, dann wieder wie der Titeltrack von Wim Wenders Film «Paris, Texas» mit Ry Cooders meditativ flirrender Gitarre.

Aus allen Hörnern

Mehrstimmig geht es danach auch mit dem Ensemble «Hornroh Modern Alphorn Quartet» weiter, das mit Alphörnern und anderen selten gesehen Klanginstrumenten die Johanneskirche zu einem experimentellen Klangraum werden lässt. Das in Basel ansässige Quartett widmet sich dem Schweizer Nationalinstrument Alphorn. Durch die unterschiedliche Grundstimmung der vier Alphörner klingt es jedoch für viele Ohren auf sonderbare Art «verstimmt». Ganz anders als ein Alphorn-Quartett mit gleich gestimmten Instrumenten. Neben traditionellen Alphörnern kommt auch der Büchel, ein trompetenartig gewundenes hölzernes Naturhorn, zum Einsatz. Die langsamen und tonarmen Alphornweisen und Büchelrufe versetzen die Zuhörer nach und nach in einen meditativen Sog.

Aus vielen Kehlen

Von vielen unterschiedlichen Zungen kommt am Pfingstsonntag die Musik: Der Auftritt des «Chors der Nationen» ist ein Höhepunkt dieses Festivals. Als die über 80 Sängerinnen und Sänger, die aus 30 Nationen stammen, die rot beleuchtete Bühne betreten, wird es ganz still in der bis auf den letzten Platz gefüllten Betonkirche. Der bekannte Chor, der 2009 als Projektchor in der Luzerner «Woche der Religionen» begann, ist für viele Gottesdienstbesucher ein Ereignis. Speziell: An diesem Vormittag gesellt sich auch der Johanneschor zum Singen hinzu.

Klangstäbe in der Johanneskirche Luzern | © Vera Rüttimann

Als Herbert Gut in seiner Predigt von «Misstönen» spricht und betont, wie schwierig gelingende Kommunikation – das Leitthema von Pfingsten – wirklich ist, wird die Besonderheit der Zusammensetzung dieses Chores noch mal deutlich. Der Gesang hebt vielstimmig an und versetzt die Anwesenden in andere Sphären.

Die Inhalte der Lieder stammen aus den Herkunftsländern der Chormitglieder und des Orchesters. Es erklingen sowohl bekannte Innerschweizer Folklore-Lieder als auch traditionelle afrikanische Gospel. Auf der Bühne sieht man ältere und jüngere Frauen in traditionellen Ländler-Trachten neben Frauen in bunten afrikanischen Festgewändern wippen und lässig mit den Fingern schnippen. Der Funke der Begeisterung über die Kraft der Musik springt auch an diesem Morgen auf das Publikum über und sorgt in der Johanneskirche für ein grossartiges und vielstimmiges Pfingsterlebnis.

Auftritt des Chors der Nationen am Pfingstsonntag | © Vera Rüttimann
5. Juni 2017 | 15:22
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