Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz
Schweiz

Ein Hirtenbrief und ein Herdenbrief für das Erzbistum Vaduz zur Fastenzeit

Vaduz, 18.3.18 (kath.ch) Liechtensteins Katholiken kommen dieses Jahr zur Fastenzeit in den Genuss des Hirtenbriefes «Er aber schwieg» und des Herdenbriefes «Das traurige Erzbistum». Ersterer wurde von Erzbischof Wolfgang Haas verfasst, der zweite vom Verein für eine offene Kirche in Vaduz.

Erzbischof Haas hat das «Schweigen» zum Thema seines aktuellen Hirtenbriefes gemacht. Er verweist auf Jesus: «Wie die Evangelien bezeugen, ist Jesus wahrhaft kein Dialogfanatiker.» Man erwarte jedoch sowohl im weltlichen als auch im kirchlichen Raum «immer und überall Dialogfähigkeit und Dialogbereitschaft». Manchenorts herrsche eine «Dialogeuphorie». Der Erzbischof befürwortet eine «marianische Nachdenklichkeit» beim «gelegentlichen Schweigen, beim verlegenen Schweigen und auch beim überlegenen Schweigen».

Was der Bischof schreibe, klinge wie eine «Selbstrechtfertigung für seine eigene Dialogverweigerung», heisst es nun im Herdenbrief des Vereins für eine offene Kirche, der Mitte März veröffentlicht wurde. Aufgabe eines Bischofs sei es vielmehr, im ständigen Dialog zu stehen mit allen Gliedern der Kirche und mit allen Kräften in Gesellschaft, Politik, Medien und Kultur.

Jubiläumsschrift als «Herdenbrief»

Der Verein für eine offene Kirche besteht seit zwanzig Jahren. Er entstand als Reaktion auf die 1997 erfolgte Versetzung und Erhebung zum Erzbischof des damaligen, unbeliebten Bischofs von Chur, Wolfgang Haas, nach Vaduz.

Der Verein nutzt sein Jubiläum, um die Tradition des Hirtenbriefes aufzugreifen. Ein entsprechender Herdenbrief soll die Anliegen der Gläubigen zur Sprache bringen und «den Klerikern des Erzbistums Vaduz bewusst einen Spiegel vorhalten». Darum trage das Schreiben den Titel «Herdenbrief».

«Kein Ruhmesblatt»

Das Erzbistum Vaduz rühme sich, dass es keinen Priestermangel kenne, heisst es im Herdenbrief. Jede Pfarr- und Kaplanstelle könne besetzt werden. «Diese Tatsache ist allerdings kein Ruhmesblatt, sondern ein schwerwiegendes Problem.» Das Erzbistum Vaduz habe bereits rund sechzig Kleriker aus dem ganzen deutschsprachigen Raum «inkardiniert».

Das «Ländle», wie sich das Fürstentum auch gerne bezeichnet, zählt rund 37’000 Einwohner. Gegen 75 Prozent der Bevölkerung bezeichnen sich als katholisch. Auf dem Territorium gibt es zehn Pfarreien. Auf eine Pfarrei kommen so sechs Priester.

Betont konservatives Milieu

Mit dieser Anzahl von Priestern begibt sich der Erzbischof von Vaduz in ein interessantes Spannungsverhältnis zum kanonischen Recht. Dieses sieht in Canon 269 vor, dass ein Diözesanbischof einen Kleriker nur inkardinieren dürfe, wenn «Erfordernis oder Nutzen seiner Teilkirche dies verlangt».

Alle neuen Kleriker stammten aus dem betont konservativen Milieu, erklärt der Verein in seinem Herdenbrief. Bei manchen falle auf, «dass sie nicht in ihren Heimatbistümern als Priester angenommen wurden, sondern den Umweg über das Erzbistum Vaduz gewählt haben».

Ungenügend ausgebildet

Der eben zitierte Canon schreibt vor, dass sich ein Bischof durch ein rechtmässiges Dokument vergewissert, dass die Exkardination in Ordnung ist «und ausserdem vom exkardinierenden Diözesanbischof, wenn nötig geheim, über Leben, sittliche Führung und Studiengang des Klerikers günstige Zeugnisse erhalten hat».

Im Herdenbrief heisst es weiter, viele der inkardinierten Priester seien «theologisch und pädagogisch ungenügend ausgebildet». Fast alle hätten keinen Pastoralkurs absolviert, wie er in allen umliegenden Diözesen vorausgesetzt werde. Es könne nicht verwundern, dass es in der Seelsorge und im Religionsunterricht immer wieder zu schwerwiegenden Problemen mit dem Personal des Erzbistums Vaduz komme.

Keinen Platz für einheimische Theologen

Diese Praxis der Priesteranwerbung bedeute auch eine starke Klerikalisierung der Kirche. Für nicht-geweihte Theologinnen und Theologen seien alle kirchlichen Arbeitsfelder geschlossen worden. Die Priesterberufungen sind, wie es im Herdenbrief heisst, in Liechtenstein selbst «am Nullpunkt angelangt».

Diese Klerikalisierung sei nur möglich, weil die politischen Gemeinden die Löhne der Pfarrer und Kapläne «kritiklos aus dem allgemeinen Steuertopf bezahlen». Solange das Staatskirchenrecht nicht modernisiert werde, werde diese «üppige finanzielle Ausstattung Bestand haben».

Der Verein für eine offene Kirche fordert vom Erzbistum «mehr Zusammenarbeit, mehr Synergie: Mit der Weltkirche und dem Bischof von Rom. Mit den Bischöfen der umliegenden Diözesen und mit den Bischofskonferenzen.»

So schlecht doch wieder nicht

Kritik heimst auch der Verein für seinen «Herdenbrief» ein. In verleumderischer Weise diskreditierte der Verein «einmal mehr die Priester in unserem Land», schreibt ein Kaplan in einem Leserbrief im Liechtersteiner «Volksblatt». So schlecht, wie es der Verein darstelle, werde die Seelsorge in den Gemeinden sicher nicht wahrgenommen. (gs)

Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz | © Erzbistum Vaduz
18. März 2018 | 17:28
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