Die Leere kann auch Neues bringen
Schweiz

Drei Fragen zu Ökumene, Wohlstand, leere Kirchen

Die Kirchen sind schnell wieder voll, wenn der Wohlstand ernsthaft in Gefahr ist, sagt der Thurgauer Staatsarchivar André Salathé. kath.ch konfrontierte ihn nach seinem Festvortrag zur Gründung der Thurgauer Landeskirchen mit drei spitzen Fragen.

Claudia Koch

Herr Salathé, Sie sagen in Ihrem Referat, dass es im Thurgau fast in jeder Gemeinde zwei Konfessionen gab. Haben Sie eine Erklärung dafür?

André Salathé: Der Thurgau war ab 1460 ein gemeineidgenössisches Untertanengebiet, wurde also von katholischen und reformierten Ständen (Zürich, Bern) gemeinsam regiert. So konnte keine Partei die Konfession des Thurgaus allein bestimmen. Die Folge war, dass es beide gab, und zwar praktisch in jeder Gemeinde.

Wie nehmen Sie heute die Beziehung der beiden Landeskirchen wahr: mehr vereint oder mehr getrennt?

Salathé: Schwer zu sagen. Es gibt Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten. Je mehr Schäfchen den Landeskirchen davonlaufen und je mehr Angehörige anderer Religionen ins Land kommen, desto mehr werden sich die beiden Landeskirchen auch ins gleiche Boot setzen müssen.

Beide Konfessionen stehen vor Problemen: Den Katholiken gehen die Pfarrer aus und bei beiden werden die Gottesdienstbesucher weniger. Was würde fehlen, wenn es weniger oder keine Kirchen mehr gäbe?

Salathé: Die Kirchen als Gemeinschaften – aber auch die Gebäude – sind Ausdruck einer jahrtausendealten Kultur, die ich insgesamt nicht missen möchte. Der Glockenschlag und der Kirchturm sind hochwichtige Identifikationsmittel. Andererseits muss ich als Historiker auch sagen: Wandel hat es immer gegeben und wird es immer geben; Altes geht, Neues kommt – das ist der Welten Lauf. Im Übrigen bin ich mir fast sicher, dass die Kirchen schnell wieder voll wären, geriete unser Wohlstand ernsthaft in Gefahr.

Die Leere kann auch Neues bringen | © pixabay.com
21. Februar 2020 | 11:35
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