Doris Fiala
Schweiz

Doris Fiala zum «geharnischten Schreiben von Herrn Grichting»

Zürich, 27.10.16 (kath.ch) Die Zürcher FDP-Nationalrätin Doris Fiala möchte mehr Transparenz bei der Finanzierung religiöser Stiftungen und Vereine. Sie hat dazu eine Interpellation eingereicht, die den Zorn des Churer Generalvikars Martin Grichting erregt. Im Gespräch mit kath.ch nimmt Fiala dazu Stellung und erläutert die Hintergründe ihrer Interpellation.

Sylvia Stam

Laut Martin Grichting schiesst Doris Fiala mit ihrer Interpellation über das Ziel hinaus. In einem Schreiben an Partei- und Fraktionspräsidenten hält er fest, «dass für die wirksame Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung andere Mittel eingesetzt werden müssen.» Ein Entzug der Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen würde in diesem Fall nichts bringen. Man würde vielmehr jene bestrafen, «welche den Staat bisher von Kosten entlastet und klaglos ihre Arbeit gemacht haben», in seinem Fall also das Bistum Chur.

Grichting stört sich ausserdem daran, dass sie das Gespräch mit ihm nicht gesucht habe: «Bevor sie ihren Vorstoss gemacht hat, hat sie sich nicht bei uns über die Fakten informiert», sagte er in einem Interview mit der «Südostschweiz» (20. Oktober).

Diyanet im Visier

Auf diese Vorwürfe angesprochen, entgegnet Doris Fiala gegenüber kath.ch: «Es ging mir nicht darum, die katholische Kirche zu kritisieren.» Sie habe lediglich die Frage gestellt, ob es noch zeitgemäss sei, dass Vereine und Stiftungen nicht dem Staat unterstellt seien.

Fiala hatte ursprünglich die «Türkisch-Islamische Stiftung für die Schweiz«, die Vertretung der staatlichen türkischen Religionsbehörde «Diyanet», im Auge. Sie wollte mit einer ersten Interpellation vom April 2016 mehr Transparenz in die Finanzierung von Moscheen bringen. Aufgrund einer für sie unbefriedigenden Antwort des Bundesrates machte sie einen neuen Vorstoss und formulierte diese zweite Interpellation vom Juni 2016 neutraler, indem sie von der «Finanzierung von religiösen Gemeinschaften» sprach.

Weil es ihr gar nicht um die katholische Kirche ging, hat sie auch das Gespräch mit dieser nicht gesucht, ebenso wenig wie mit anderen Religionsgemeinschaften. Das «geharnischte Schreiben von Herrn Doktor Grichting», das dieser nach der Antwort des Bundesrates an alle Partei- und Fraktionspräsidenten verschickte, habe sie sehr überrascht: «Offenbar habe ich da in ein Wespennest gestochen».  Sie habe Grichting ein langes Mail geschrieben, in welchem sie ihm erklärt habe, wie es zu ihrem Vorstoss gekommen sei.

«Interpellation ist kein Auftrag»

Fiala ist vor allem über den Ton und den Zeitpunkt des Briefs von Grichting irritiert: «Eine Interpellation ist die schwächste Form eines parlamentarischen Vorstosses. Grichting hat nicht begriffen, dass damit kein Auftrag verbunden ist.» Sie habe keinen Gesetzesauftrag erteilt und nicht verlangt, dass kirchliche Stiftungen einer staatlichen Aufsicht unterstellt würden. Sie habe lediglich kritische Fragen gestellt.

Wenn daraus eine Motion oder ein Postulat hervorgegangen wäre, so wäre das für Fiala allenfalls der Zeitpunkt für ein Gespräch gewesen. «Dann hätte man in einem Gespräch gemeinsam schauen können, wo es Probleme gibt.»

Zu einem Gespräch mit Vertretern des Bistums Chur ist die Katholikin Fiala grundsätzlich bereit, auch wenn es für sie derzeit nicht erste Priorität hat. «Wichtig waren für mich zuerst einmal Gespräche mit Experten der Justiz darüber, ob ich mit den Fragen richtigliege.»

Neuer Vorstoss geplant

Die Antwort des Bundesrates auf ihre zweite Interpellation genügt Fiala nicht. Dieser hatte einerseits auf die Meldestelle für Geldwäscherei verwiesen, andererseits seine Bereitschaft signalisiert, die Kriterien einer religionsgemeinschaftlichen Beaufsichtigung zu präzisieren.

Die Nationalrätin plant einen weiteren Vorstoss, in dem es im Wesentlichen um drei Forderungen geht: Die religiösen Stiftungen sollen erstens ihren Zweck genauer definieren. Sie sollen ferner sanktioniert werden, sofern sie sich innerhalb der seit Beginn 2016 laufenden Frist von fünf Jahren nicht ins Handelsregister eintragen lassen. Schliesslich sollen Vereine mit internationalen Geldflüssen im Handelsregister eingetragen werden. Die genaue Formulierung des Vorstosses klärt Fiala derzeit mit Juristen ab.

In ihrer Interpellation vom 15. Juni fragte die Zürcher Nationalrätin Fiala nach der Transparenz bei den Finanzflüssen von religiösen Stiftungen. Die Attentate von Paris und Brüssel, Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Islamischen Staat, aber auch Geldwäschereiskandale im Vatikan zeigten, «dass auch religiöse Gemeinschaften von Finanzkriminalität und Terrorismusfinanzierung betroffen sein können», so die Interpellation. Fiala fragt daher unter anderem nach der Möglichkeit einer staatlichen Aufsicht über solche Stiftungen.


 

 

 

Doris Fiala | © parlament.ch
27. Oktober 2016 | 16:30
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