Eingang Theologische Hochschule Chur und Priesterseminar
Schweiz

Die Theologische Hochschule Chur wird 50 Jahre alt

Chur, 17.10.18 (kath.ch) Die Computermaus und die Theologische Hochschule Chur (THC) haben zwei Gemeinsamkeiten: Beide sind 50 Jahre alt und wollen beweglich bleiben – die THC trotz ihrer Nähe zum Bischofssitz in Chur, dem die Bischöfe Wolfgang Haas und Vitus Huonder ein bestimmtes Image der Starre verliehen haben.

Georges Scherrer

Im Dezember 1968 wurde die Computermaus der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Bereits ein paar Monate zuvor, am 22. Februar, wurde die THC vom Apostolischen Stuhl als «Institutum Superius Theologicorum Studiorum», das heisst, als kirchliche Hochschule errichtet.

Das soll in diesem Oktober kräftig gefeiert werden. Am 22. Oktober eröffnet ein Festgottesdienst die Jubiläumswoche. Diese schliesst am 26. Oktober mit einem Improvisationstheater unter dem Titel «Geschichten aus 50 Jahren THC». Bereits am 16. Oktober hat die Hochschule zudem ihre neue Internetseite aufgeschaltet, wie Rektor Christian Cebulj gegenüber kath.ch sagte.

Das Improvisationstheater dürfte heitere, aber auch weniger heitere Momente aufnehmen, welche die Entwicklung der THC geprägt haben. Ihre Geschichte oder vielmehr die Geschichte Churs als theologische Ausbildungsstätte reicht weit zurück. 1807 wurden in den Gebäuden des ehemaligen Prämonstratenser-Klosters St. Luzi ein Priesterseminar und eine theologische Ausbildungsstätte gegründet.

Ein Kick für die Gründung

Alojzij Šuštar, der von 1980 bis 1997 Erzbischof von Ljubljana im heutigen Slowenien war, wirkte von 1965 bis 1968 als Regens in Chur. Ihm ist zu verdanken, dass die Ausbildungsstätte zur Hochschule ernannt wurde.

Der heutige Rektor der THC, Christian Cebulj, verweist zwar auf die Studentenrevolten im Jahr 1968. Die Aufbruchszeit für die Kirche startete aber bereits mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965), das «manche Tendenzen der gesellschaftlichen Reformen der 68er Jahre» vorweggenommen hat, wie der Rektor in einem Beitrag für das aktuelle Pfarreiblatt Graubünden (Oktober 2018) schreibt. Das Konzil habe sicher den Kick für die Gründung der THC mitgeliefert.

Die damalige kirchliche Aufbruchstimmung führte auch zu hohen Studierendenzahlen. Die THC erhielt einen Neubau mit Aula und Hörsälen. Der Kanton Graubünden anerkannte ab 1976 die akademischen Abschlüsse der THC und unterstützt diese seit 2002 auch finanziell.

Klein aber oho

Im Gegenzug muss die Hochschule gegenüber den politischen Behörden transparent agieren. Wo immer möglich sucht die THC gemäss Eigendarstellung die Zusammenarbeit mit der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Graubünden.

Schweizweit hat die Hochschule ein einmaliges Pro-Kopf-Verhältnis von Dozierenden und Studierenden, wie sich der Rektor ausdrückt. Dadurch könne die Hochschule «qualitativ höchsten Ansprüchen» in der Vermittlung der Lehrinhalte und bei der Persönlichkeitsförderung der Studierenden genügen.

«Aus purer Schikane heraus»

Die THC hat jedoch «aus bekannten Gründen mit einem Imageproblem» zu kämpfen, schrieb kürzlich der ehemalige Churer Professor für Kirchengeschichte, Albert Gasser, im Pfarreiblatt Obwalden (15/2018). Die THC befindet sich nur wenige Meter vom Sitz der Churer Bischöfe entfernt.

Der Churer Bischof kann als Grosskanzler bei den Professuren ein Wort mitreden. «Der Grosskanzler ist nicht Teil der operativen Leitung der Hochschule, hat aber bei Lehrstuhlbesetzungen und Studienordnungen ein Veto-Recht», erklärte die damalige Rektorin Eva-Maria Faber 2014 in einem Beitrag für die damalige Katholische Presseagentur Kipa. Gasser bezeichnete im gleichen Beitrag die Stellung des Churer Bischofs als «nicht unproblematisch» und ergänzte: «Da werden Schwierigkeiten gemacht, aus purer Schikane heraus.»

Zwei Visionen

Der heutige Erzbischof des Erzbistums Vaduz, Wolfgang Haas, war von 1990 bis 1997 Bischof von Chur. Haas wurde wegen seiner konservativen Haltung und Personalpolitik nicht nur in seinem Bistum weitherum abgelehnt. Auch mit dem Hochschulplatz Chur wollte es nicht recht klappen. Einer der Streitpunkte war der «Dritte Bildungsweg», der es kirchlichen Laien erlaubte, sich in Chur theologisch ausbilden zu lassen. Wegen der Querelen mit dem Bischof wurde dieses Ausbildungsangebot 1993 an die theologische Fakultät Luzern verlegt, die zum Bistum Basel gehört.

Wie man heute aus verschiedenen Quellen hört, ist das Verhältnis zum aktuellen Bischof von Chur, Vitus Huonder, nicht das allerbeste. Die Ziele der THC, welche Albert Gasser im genannten Pfarreiblatt mit den Worten Aufbruch, Offenheit und Liberalität zusammenfasst, passen schlecht zur kirchlichen Vision des Bischofs von Chur.

Akademisch frei

Die bestehende Spannung beschreibt die ehemalige Rektorin Eva-Maria Faber in der aktuellen Ausgabe der Schweizerischen Kirchenzeitung (18/2018): «In den vergangenen Jahrzehnten hat sich mehrfach gezeigt, dass eine diözesan verankerte Ausbildungsstätte von ortskirchlichen Krisen empfindlich getroffen werden kann. So stand nach der Bistumskrise in den 1990er-Jahren die Weiterexistenz der Hochschule infrage.»

Von den Führungskrisen, Konflikten und Polarisierungen im Bistum «war und ist» die THC zumindest atmosphärisch direkt mitbetroffen, so Faber. Die Hochschule habe jedoch in diesen prekären Situationen das «notwendige Standvermögen» bewiesen. Dies führt Faber auf die breite Unterstützung zurück, welche die Hochschule im Bistum erfährt.

Faber schätzt es auch, dass «die kirchlichen Vorgaben strukturell den Hochschulgremien die operative Leitung und die Ausrichtung des Lehr- und Forschungsbetriebs nach wissenschaftlichen und akademischen Kriterien zuerkennen». Dies gewähre der THC jene akademische Freiheit, welche staatlichen theologischen Fakultäten eigen seien.

Link zum Festprogramm.

Eingang Theologische Hochschule Chur und Priesterseminar | © Georges Scherrer
17. Oktober 2018 | 12:20
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