Skulptur von Ivo Soldini auf dem Kursschiff zur Insel Ufnau
Schweiz

Kunst in Sicht! Das Kloster Einsiedeln schickt blaue Schafe auf die Insel Ufnau

Blaue Schafe, schiefe Figuren und Frauengestalten in Pink: Die Insel Ufnau ist bis zum 17. Oktober 2021 Schauplatz der Skulpturen-Ausstellung «Art Ufnau» unter freiem Himmel mit den Werken der Künstler Ivo Soldini und Marc Reist.

Vera Rüttimann

Die Ausflügler am Bootssteg in Pfäffikon SZ staunen, als sie den Tross von Medienleuten in das Kursschiff Richtung Insel Ufnau im Zürichsee einsteigen sehen. Das stille Eiland im alten Besitz des Klosters Einsiedeln ist sonst Ziel vieler Ausflügler.

Sie suchen auf der Insel Ruhe und Beschaulichkeit. Nun zieht mit der «Art Ufnau» die Kunst auf das Eiland. Mit der Ausstellung will das Kloster Einsiedeln die Insel kulturell aufwerten.

Kloster Einsiedeln
Kloster Einsiedeln

Die Werke von Mark Reist und Ivo Soldini werden in den kommenden Monaten viele Kunstbegeisterte hierher locken.

Kunst auf der Klosterinsel

Das Kloster Einsiedeln hat über die letzten Jahre hinweg die beiden Kirchen und das Gasthaus auf der Insel saniert. Auch im Bereich der Naturpflege wurde und wird viel gemacht.

Blaue Schafe von Rainer Bonk und Bertamaria Reetz auf der Ufnau
Blaue Schafe von Rainer Bonk und Bertamaria Reetz auf der Ufnau

Erneut wird die Insel auch zur Bühne für die Kunst. «Es ist uns seit Längerem ein Anliegen, die Insel auch kulturell zu entwickeln», sagt Marc Dosch, Verwaltungsdirektor des Klosters Einsiedeln, in der romanischen Kirche St. Peter und Paul auf der Insel.

Schräge Gestalt von Ivo Soldini auf der Ufnau
Schräge Gestalt von Ivo Soldini auf der Ufnau

Mit der «Art Ufnau» wurde vor zwei Jahren ein neues Kapitel aufgeschlagen. Gemeinsam mit Partnern aus dem Tourismus und dem «Verein Freunde der Insel Ufnau» wurde ein Kunstereignis geschaffen, das überregional ausstrahlt.

Die Auswahl der Künstler für dieses Jahr erfolgte in Zusammenarbeit mit der «Bad Ragartz«, der Skulpturen-Triennale in Bad Ragaz, und Markus Bamert, Kurator im Kloster Einsiedeln.

Skulptur von Ivo Soldini auf der Insel Ufnau hinter der Kirche St. Peter und Paul
Skulptur von Ivo Soldini auf der Insel Ufnau hinter der Kirche St. Peter und Paul

Das bedeutet eine grosse Herausforderung für den Kurator dieser Ausstellung: «Die hohe landschaftliche Qualität der Insel und ihre historische Bedeutung verlangt bei jedem Eingriff von aussen ein grosses Gespür und Sensibilität.»

Wächterfiguren auf der Insel

Auf der Ufnau stand vor 1000 Jahren die Pfarrkirche für die Region. Die beiden Kirchen «St. Peter und Paul» und «St. Martin» bilden bis heute ein ganz bedeutendes Ensemble der romanischen Architektur. Inmitten dieser beiden Kirchen befinden sich nun die mehrere Meter hohen Skulpturen des Tessiner Künstlers Ivo Soldini. Der Tessiner Künstler freut sich darüber, dass er seine Werke hier zeigen kann.

Ivo Soldini zeigt auf der Insel Ufnau Skulpturen
Ivo Soldini zeigt auf der Insel Ufnau Skulpturen

Im Zentrum seines plastischen Schaffens steht der Mensch. Die Besucher sehen riesenhafte Gestalten, Männer und Frauen, einzeln oder in Gruppen. Aufrechtstehend, schräg oder seltsam krumm in der Landschaft hängend.

Manche Figuren wirken erratisch und bedrohlich, andere fröhlich und heiter. Gerade die Figuren in rot, gelb oder pink. Alle Werke weisen eine starke, intensive Oberflächenbearbeitung auf. «Ich versuche, jeder meiner Figuren eine Seele zu geben», sagt Ivo Soldini.

Neugierig bleiben die Besucher auch vor der hohen Figur stehen, die unweit der Kirchen platziert wurde. Durch die extreme Schieflage droht sie fast das Gleichgewicht zu verlieren. Ivo Soldini sagt über dieses Werk: «Als ich diese Figur erschaffen habe, dachte ich an die unsicheren Zeiten, in der wir leben, und wie vieles in Schieflage ist.»

Das Riesen-Ei

Der Künstler Marc Reist setzt mit seinen rot bemalten Metall- und Beton-Skulpturen farbliche Fixpunkte mitten in die grüne Hügellandschaft. Auffallend ist, dass in diesen Werken die Ei-Form dominiert. Doch nicht jedes Ei ist bunt.

"Globo Uovo" von Mark Reist auf der Insel Ufnau
"Globo Uovo" von Mark Reist auf der Insel Ufnau

Ein wirklich grosses Ei liegt unweit des Ufers auf der Wiese. Es wirkt wie ein Ding aus einer anderen Welt.

Das Werk aus Carrara-Marmor mit dem Titel «Globo Uovo» wird viel bestaunt. Es sei ein grosser Kraftakt gewesen, dieses Ei auf die Insel zu bringen. «Mancher Seilzug war nötig.»

Schwäne auf der Insel Ufnau
Schwäne auf der Insel Ufnau

Schwäne wiesen den Weg

Einfacher war die Suche nach einem Standort: «Als ich vor einigen Monaten hier ankam, traf ich auf ein brütendes Schwanenpaar. Da wusste ich: Hier soll mein Ei hin!»

Im Ei sind Löcher, es ist verletzt und beschädigt. «Das Ei symbolisiert unsere zerbrechliche Welt. Auch die Corona-Pandemie zeigt uns, dass wir mit unserem respektlosen Verhalten gegenüber unseren Ressourcen so nicht fortfahren können», sagt Marc Reist über die Botschaft, die er mit seiner Skulptur vermitteln will.

Marc Reist vor seinem Riesen-Ei auf der Ufnau
Marc Reist vor seinem Riesen-Ei auf der Ufnau

Man könne sich vor einem Werk wie diesem Fragen stellen wie: Wer zahlt den Preis für unseren Umgang mit der Natur? Und auch: Was ist wirklich wichtig im Leben? «Diese Insel mit ihrer Geschichte eignet sich gut, um sich existentielle Lebensfragen zu stellen.»

Blaue Schafe im Schilf

Weiter geht die Kunst-Tour. Der Guide führt die Gruppe zu einem idyllischen Uferweg, wo auch der Schwan anzutreffen ist, von dem Marc Reist gesprochen hat. Aus den Eiern sind mittlerweile vier junge Schwäne geschlüpft. Nach einem zehnminütigen Marsch durch die Auenlandschaft kommen wir zur «Blauen Friedensherde».

Blaue Schafe hier? Tatsächlich stehen sie mitten im Schilf. Einzeln und in der Gruppe. Geschaffen wurden sie von den Aktionskünstlern Rainer Bonk und Bertamaria Reetz im Jahr 2009.

Skulptur von Ivo Soldini auf der Insel Ufnau vor der Kirche St. Peter und Paul
Skulptur von Ivo Soldini auf der Insel Ufnau vor der Kirche St. Peter und Paul

Gemäss der Künstler stehen die blauen Schafe für Toleranz und ein friedliches Miteinander. Die Farbe Blau, erklärt der Kunst-Guide, bedeute Treue, Spiritualität und Sehnsucht. Sie ist zudem auch die Farbe der EU, der Uno, der Unesco.

Herausgehoben aus dem Alltag

Die Besucher der Kunstausstellung kehren vom Rundgang zurück. Sie sind hungrig und sehnen sich nach kühlendem Schatten. Den finden sie im «Haus zu den zwei Raben». Das Inselrestaurant «Ufnau» im Fachwerkhaus aus dem Jahr 1680 hat schon manchen Pilger verköstigt.

Die Gäste sitzen unter alten Platanen und verweilen bei Felchenknusperli. Nicht zu verachten ist auch der lokale Insel-Wein. Dass das Essen in diesem Ambiente mehr ist als eine notwendige Nahrungsaufnahme, weiss auch Urban Federer, Abt des Klosters Einsiedeln.

Abt Urban Federer nimmt das Stundenbuch in die Ferien mit
Abt Urban Federer nimmt das Stundenbuch in die Ferien mit

Er schreibt im Vorwort zur Art Ufnau: «Wer fühlt sich im Anblick dieses Hauses und der beiden Kirchen – und mit einem Wein aus den Rebbergen der Insel in der Hand – nicht herausgehoben aus dem Trubel des Alltags? Kunst regt an, fordert heraus und führt weiter.» Fürwahr, ein göttliches Stück Erde.

Bis zum 17. Oktober 2021 bereichern Skulpturen der Künstler Ivo Soldini und Marc Reist die Insel. Es werden Führungen und Begegnungen mit den Künstlern angeboten.


Skulptur von Ivo Soldini auf dem Kursschiff zur Insel Ufnau | © Vera Rüttimann
20. Juni 2021 | 17:26
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