Eine standardisierte Imamausbildung gibt es in der Schweiz bislang nicht. Im Bild: Muslime in der St. Galler Paradies-Moschee.
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Deutschland will künftig Imame ausbilden

Der deutsche Staat will künftig zusammen mit islamischen Verbänden Imame in Deutschland ausbilden. Nach Informationen der «Neuen Osnabrücker Zeitung» ist ein deutschlandweites Pilotprojekt am Donnerstag in Osnabrück angelaufen.

Zusammen mit der Universität Osnabrück soll ein sogenanntes «Islamkolleg» gegründet werden. Das Bundesinnenministerium erklärte laut Zeitung, es stehe in engem Kontakt mit Uni und Verbänden – «auch mit Blick auf eine angefragte mögliche Unterstützung des Modellvorhabens im Rahmen der Projektförderung».

Wie aus Unterlagen hervorgeht, die der Zeitung vorliegen, sieht der Bund in seinem Haushalt für 2020 einen zusätzlichen Posten vor. Mit 400’000 Euro soll ein «Modellprojekt zur Ausbildung religiösen Personals islamischer Gemeinden» finanziert werden.

Zentralrat der Muslime begrüsst Ausbildung

In einem Trägerverein sollen Islamverbände und Einzelpersonen Mitglied werden, etwa der Zentralrat der Muslime in Deutschland. Dessen Vorsitzender Aiman Mazyek sagte der Zeitung: «Das ist die Königsdisziplin. Für uns war es immer ein grosses Anliegen, dass Imame in Deutschland ausgebildet werden können.» Dazu sollten theologische Zentren eingebunden und gleichzeitig religionsverfassungsrechtliche Vorgaben exakt eingehalten werden. Das Kolleg könne sich an der Priester- und Rabbinerausbildung orientieren. Es sei wünschenswert, dass das Projekt, das nun in Osnabrück anlaufe, andernorts modellartig übernommen werden, sagte Mazyek.

Einer der beiden grössten Islamverbände Niedersachsens, der türkische Verband Ditib, äusserte sich kritisch zu den Plänen. «Es ist nicht Aufgabe des Staates, Imame auszubilden, sondern Aufgabe der Religionsgemeinschaften», sagte der Vorsitzende von Ditib Niedersachsen und Bremen, Ali Ünlü. Er verwies darauf, dass Imame in der Türkei in ihre Aufgabe hineinwüchsen.

Keine Imamausbildung in der Schweiz

In der Schweiz gibt es bislang keine standardisierte Imam-Ausbildung, wie eine Anfang November veröffentlichte Studie des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft (SZIG) der Universität Freiburg zeigt. Die von den in der Schweiz tätigen Imamen am meisten frequentierten Ausbildungseinrichtungen sind auf dem Balkan, in der Türkei, in Ägypten und Saudi-Arabien zu finden und weisen unterschiedliche Profile auf.

Die Forderungen nach einer grundständigen schweizerischen Imam-Ausbildung gingen an der komplexen Wirklichkeit stark internationalisierter Bildungswege vorbei, heisst es in der Studie. Denkbar seien Kombinationen von Studien- und Weiterbildungsangeboten im Ausland wie im Inland. Das SZIG bietet selbst unter anderem Weiterbildungen für Imame und weitere Zielgruppen sowie seit Herbstsemester 2019 einen Masterstudiengang «Islam und Gesellschaft» an. (kna/sys)


Eine standardisierte Imamausbildung gibt es in der Schweiz bislang nicht. Im Bild: Muslime in der St. Galler Paradies-Moschee. | © Vera Rüttimann
21. November 2019 | 13:26
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