Papst Franziskus und Kardinäle im Apostolischen Palast im Vatikan.
Vatikan

Das Kollegium der künftigen Papstwähler wird bunter

Rom, 22.5.18 (kath.ch) Ab dem 29. Juni wird fast die Hälfte der Papstwähler von Franziskus selbst ernannt sein. Das Kardinalskollegium wurde internationaler. Die jüngsten Nominierungen haben aber auch die machtvolle römische Kurie im Blick.

Burkhard Jürgens

Ein Liturgiefachmann, der im päpstlichen Auftrag Obdachlose mit Brötchen versorgt; ein peruanischer Anden-Bischof, der wegen seines Kampfs gegen Bergbaukonzerne mit dem Tod bedroht wird; Oberhäupter der bedrängten Christen im Irak und in Pakistan: Sie alle werden am 29. Juni neue Kardinäle der katholischen Kirche.

125 wahlberechtigte Kardinäle

Als not- und krisenerfahrene Glaubensmänner scheinen sie so recht nach dem Geschmack des Papstes. Aber sie stehen nur für einen Aspekt der Kardinalsernennungen, die Franziskus ankündigte.

Insgesamt 14 Kandidaten erhalten das purpurne Birett. Drei von ihnen sind über 80 Jahre und werden für ihre Verdienste in der Kirche geehrt, sind aber nicht mehr wahlberechtigt. Elf erweitern den Kreis der Papstwähler von 114 auf 125.

Europäer weiterhin berücksichtigt

Die jüngsten Nominierungen mehren die Vielfalt, widerlegen aber auch die Behauptung, Franziskus ignoriere Europa oder die römische Kurie. Sechs der elf neuen Wähler sind Europäer, vier Mitglieder der Kirchenverwaltung, drei Italiener.

Keine grosse Überraschung ist der Purpur für Luis Ladaria (74); die Glaubenskongregation, an deren Spitze der spanische Jesuit seit Juli 2017 als Präfekt steht, ist eine der wichtigsten Vatikanbehörden. Interessanter ist die Nominierung des Italieners Giovanni Angelo Becciu, der seit 2011 die Sektion für Allgemeine Angelegenheiten im vatikanischen Staatssekretariat leitet.

Neues Gesicht im Malteserorden

Becciu hat eine machtvolle Position etwa im Getriebe der Finanz- und Wirtschaftsreform, bei der immer wieder interne Konflikte offenbar wurden. In der Leitungskrise des Malteserordens ernannte Franziskus ihn zum Sonderbeauftragten. Jüngst erneuerte der Papst dieses Mandat, wohl auch um den Kardinalpatron des Ordens, Raymond Leo Burke, ein bisschen auf Abstand zu halten.

Im Staatssekretariat untersteht Becciu dem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Und weil ein direktes Weisungsverhältnis zwischen zwei Kardinälen unüblich ist, könnte auf Becciu bald eine andere Aufgabe warten.

Verjüngung des Gremiums

Die Kardinalsernennung des Almosenmeisters Konrad Krajewski sieht sehr nach Franziskus aus, ist aber keineswegs nur symbolisch: Mit 54 Jahren wird der Pole Krajewski zweitjüngster Papstwähler und dürfte mehr als ein Konklave mitbestreiten.

Auch der Stellvertreter des Papstes im Bistum Rom, Angelo De Donatis (64), bekommt den Purpur. Franziskus hatte ihn zuvor mit der Vorstellung des Papstschreibens «Gaudete et exsultate» oder mit Fastenexerzitien betraut. Das sind kleine Signale, dass er grosse Stücke auf ihn hält.

Besonderes Engagement gewürdigt

Dass Roms Generalvikar Kardinal wird, entspricht dem Brauch. Möglicherweise koppelt Franziskus Dienstämter doch nicht so konsequent von Titeln ab, wie er es propagiert. Andererseits erhielten auch bei dieser Runde Inhaber bedeutender Erzbischofssitze kein Birett.

Wohl aber Pedro Barreto Jimeno (74), der sich im peruanischen Erzbistum Huancayo einen Ruf als sozialpolitischer Streiter erwarb, oder Giuseppe Petrocchi (69), dessen Gebiet um L’Aquila noch immer unter den Folgen des Erdbebens von 2009 leidet.

Schon ein Zeichen für die Zukunft

Nach dem Konsistorium am 29. Juni werden 59 der dann 125 wahlberechtigten Kardinäle von Franziskus ernannt worden sein. Keine Nebensächlichkeit, denn die Zusammensetzung des Wahlgremiums hat Einfluss auf den Kurs der Kirche.

Im Ganzen setzt sich der Trend zu grösserer Internationalität fort: Stammten beim letzten Konklave (2013) von 117 Wahlberechtigten 61 aus Europa, darunter 28 aus Italien, so sind unter den demnächst 125 Papstwählern noch 53 Europäer, von diesen 22 Italiener.

Noch über 40 Prozent Europäer

Der Europäer-Anteil unter den Kardinälen sinkt damit von 52,1 auf 42,2 Prozent. Noch immer eine stattliche Quote, wenn man bedenkt, dass das christliche Abendland nur 22 Prozent der katholischen Weltbevölkerung stellt.

Die Zahl der Nationalitäten im Wählerkreis hat sich von 50 auf demnächst 65 erhöht. Neu hinzu kommen Pakistan mit Karatschis Erzbischof Joseph Coutts (72) und der Irak mit Patriarch Louis Raphael I. Sako (69). Hier scheint die Kardinalsernennung eher den verfolgten Christen zu gelten, im Fall des Irak auch als ein Signal an die neue Regierung.

Japan und Madagaskar erstmals vertreten

Neu in den Kardinalskreis kommen ferner Erzbischof Thomas Aquinas Manyo Maeda (69), der die kleine Katholikengemeinde in der japanischen Metropole Osaka leitet, und Erzbischof Desire Tsarahazana (64) aus Toamasina in Madagaskar. Sie sind wie 63 weitere Kardinäle die jeweils einzigen Vertreter ihres Landes.

Ob sich unter diesen Solisten Interessengemeinschaften bilden, steht dahin. Vielleicht nicht zufällig gab Franziskus die neuen Ernennungen an Pfingsten bekannt: dem Fest des Sprachenwunders und der Einheit der Kirche. (kna)

Papst Franziskus und Kardinäle im Apostolischen Palast im Vatikan. | © KNA
22. Mai 2018 | 06:48
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