Die Pforte ist nun für ein Jahr offen. Über dem Türbogen ist das Wort miseri-cor-dia in den Stein geschlagen worden
Schweiz

Das Heilige Jahr hat Zeichen gesetzt, die dieses Jahr überdauern werden

Zürich, 20.11.16 (kath.ch) Ein Jahr lang stellte die katholische Kirche den Begriff «Barmherzigkeit» ins Zentrum. Das war eine anspruchsvolle Sache für die Seelsorge. In diesem Heiligen Jahr ist denn auch viel passiert. Das lässt sich auch in kommende Jahre hinübernehmen, schreibt Martin Spilker im Kommentar.

Armut, Krieg, Ausbeutung. Das wären doch Themen für ein Heiliges Jahr gewesen. Solchen Missständen hat das Christentum eine radikale Botschaft entgegenzuhalten: Frieden, Gerechtigkeit. Aber ein Jahr der Barmherzigkeit? – Wann haben Sie dieses Wort das letzte Mal gehört? Im Alltag, nicht in der Kirche.

Der Grundgedanke, den Papst Franziskus dem Jahr voranstellte, war richtungsweisend: Wenn wir von Barmherzigkeit reden, dann reden wir vom Kern der christlichen Botschaft: Von Versöhnung. Von der Wichtigkeit, sich auf eigene Unzulänglichkeiten zu besinnen. Und von der Möglichkeit, Vergebung zu erfahren.

Das sind nun nicht gerade Themen, mit denen man heute grosse Aufmerksamkeit erzielt. Es ist darum bemerkenswert, mit wieviel Engagement und Kreativität diese Inhalte angepackt und aufgenommen wurden. Und es ist bedenkenswert, dass sich unter diesem Dach «Heiliges Jahr» zahlreiche Menschen neu oder wieder Fragen des Glaubens zugewandt haben.

Mit offenen Türen und Pforten, mit Fahnen und Anlässen wurden Menschen ganz in ihrer Nähe auf das Heilige Jahr aufmerksam gemacht. Kirchenakteure traten an die Öffentlichkeit, setzten Zeichen, sprachen an ganz unterschiedlichen Orten von Barmherzigkeit. Leute, die der Kirche fernstehen, stellten möglicherweise fest, dass es mit diesem Begriff etwas auf sich haben muss.

Und doch waren es nicht aufdringliche Zeichen, die dieses Heilige Jahr geprägt haben. Es war vielmehr eine Einladung, sich allein oder mit anderen mit Versöhnung zu beschäftigen. Das wurde auch sehr geschätzt. Ja, gerade das persönliche Gespräch mit Seelsorgern und das Beichtgespräch, für die unter dem Titel des Heiligen Jahres besondere Angebote geschaffen wurden, waren sehr geschätzt.

Das ist nachvollziehbar. In unruhigen Zeiten sind Orientierungshilfen gefragt: Anlaufstellen, Zeichen, Symbole, Handlungen. Hier kann, will und soll sich die Kirche positionieren. Sie kann zeigen, für was und für wen sie einsteht. Dafür braucht es ab und an einen extra Effort und einen Anstoss von aussen.

Das Jahr der Barmherzigkeit hat in der Kirche und nach aussen hin Zeichen gesetzt. Es hat die starke Botschaft vom barmherzigen Gott auf anderen, überraschenden Wegen unter die Leute gebracht. Solche Überraschungen tun gut.

«Barmherzigkeit» hat eine konkrete Bedeutung bekommen

Die Pforte ist nun für ein Jahr offen. Über dem Türbogen ist das Wort miseri-cor-dia in den Stein geschlagen worden | © 2015 Regina Kühne
20. November 2016 | 10:21
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