Nein zur Selbstbestimmungsinitiative - Plakat der Allianz der Zivilgesellschaft
Schweiz

Caritas Schweiz und Justitia et Pax sagen Nein zur Selbstbestimmungsinitiative

Luzern/Freiburg, 25.10.18 (kath.ch) Caritas Schweiz sagt entschieden Nein zur Selbstbestimmungsinitiative (SBI) der SVP. Auch Justitia et Pax, die bischöfliche Kommission für sozialethische Fragen, kritisiert die Initiative. Die Organisationen argumentieren mit der Wichtigkeit internationaler Verträge und dem Schutz von Minderheiten.

Marianne Hochuli, Leiterin des Bereichs Grundlagen von Caritas Schweiz, verweist auf die Wichtigkeit internationaler Zusammenarbeit. «Gerade die Schweiz als kleines, rohstoffarmes, aber wirtschaftlich global vernetztes Land ist besonders auf die internationale Rechtsordnung angewiesen», schreibt sie im aktuellen Mediendienst von Caritas Schweiz (18. Oktober).

«Absurdes Anliegen»

«Weder das Abschmelzen der Gletscher noch die Flucht aus Afrika werden wir mit unseren eigenen Gesetzen beeinflussen können», so Hochuli. Solche Problemlösungen brauchten internationale Lösungen. Daher sei das Anliegen der SVP-Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter» (so genannte «Selbstbestimmungsinitiative») «absurd».

Da die Schweiz über 5000 internationalen Verträgen freiwillig beigetreten sei, würde sie bei einer Annahme der Initiative höchst unglaubwürdig. Diese Verträge könnten bei Kollisionen von Völkerrecht mit Landesrecht nicht mehr einhalten werden. Die Schweiz würde somit in der internationalen Zusammenarbeit «jeglichen Kredit verspielen» und könnte auch bei anderen Staaten nicht auf die Einhaltung der Menschenrecht pochen.

«Menschenrechte sind nicht fremdes Recht.»

Dabei gelte die Schweiz in der Umsetzung der Menschenrechte bisher als fortschrittliches Land. «Die Menschenrechte, wie sie die internationalen Pakte garantieren, sind nicht fremdes Recht, das es zurückzudrängen gilt, sondern gemeinsames Recht von Verfassungsstaaten», so das Fazit von Hochuli.

Bedeutung übergeordneter Gerichte

Die Bischöfliche Nationalkommission Justitia et Pax (J+P) argumentiert vor allem mit dem Schutz von Minderheiten. Europäische Bürgerinnen und Bürger könnten sich an den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wenden, wenn sie sich von der Rechtssprechung ihres Landes nicht gerecht beurteilt fühlten, argumentiert Wolfgang Bürgstein, Generalsekretär von J+P, in seiner vierseitigen Stellungnahme zur SBI (24. Oktober). Der EMGR habe in der Vergangenheit beispielsweise Urteile in Fragen des Namensrechts oder der Verjährung von Rechtsansprüchen, beispielsweise bei Asbestopfern, anders beurteilt als Schweizer Gerichte.

«Rechenoperationen kennen keine Gerechtigkeit.»

Die Demokratie stützte die Anliegen von Minderheiten nicht, argumentiert J+P weiter. Mehrheitsentscheidungen fragten lediglich nach mathematischen Mehrheiten. «Rechenoperationen aber kennen keine Gerechtigkeit», so die Argumentation von Bürgstein.

Grundrechte achten

Hier würden die Menschenrechte die Freiheit und das Wohl aller garantieren, indem sie die formalen demokratischen Verfahren an elementaren Grundrechten ausrichteten. Bei einer Annahme der Initiative würden die «menschenrechtlich bewährten Rechtsansprüche von uns allen» eingeschränkt.

Die Darstellung der Initianten, dass das eigene, nationale Recht «quasi gewaltsam» dem Recht von fremden Richtern unterstellt sei, überzeugt J+P nicht. Einerseits sei bei allen Entscheiden des EGMR in Strassburg, welche die Schweiz beträfen, immer ein Richter oder eine Richterin aus der Schweiz beteiligt.

«Der Souverän ist nicht mit der Abstimmungsmehrheit.»

Zum anderen hätten Staaten den Menschenrechten als Grundlage ihrer eigenen Gesetzgebung und Rechtssprechung zugestimmt. Der Souverän sei nicht identisch mit der jeweiligen Abstimmungsmehrheit. Der eigentliche Souverän sei vielmehr die ganze Bevölkerung. Daher habe die Bundesverfassung mit den Menschenrechten ein «starkes normatives Regulativ» ins eigene Rechtssystem eingebaut.

Mitglieder der Allianz der Zivilgesellschaft

Die Initiative will, dass das Schweizer Verfassungsrecht gegenüber dem Völkerrecht generell Vorrang hat. Zudem sollen die Behörden verpflichtet werden, der Verfassung widersprechende völkerrechtliche Verträge anzupassen und nötigenfalls zu kündigen. Die Initiative kommt am 25. November zur Abstimmung. Bundesrat wie Parlament lehnen die Initiative ab.

Caritas Schweiz und Justitia et Pax sind beide Mitglied der «Allianz der Zivilgesellschaft», die sich gegen die «Selbstbestimmungsinitiative» richtet. Zur Allianz gehören über einhundert Organisationen, darunter Fastenopfer, Brot für alle, der Schweizerische Katholische Frauenbund, das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz, die Interreligiöse Arbeitsgemeinschaft in der Schweiz oder das Haus der Religionen in Bern. (sys)


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25. Oktober 2018 | 11:19
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