Generalvikar Martin Grichting
Schweiz

Bundesgericht stützt Bündner Kirche gegen Bistum Chur

Chur, 30.1.19 (kath.ch) Das Bundesgericht stützt den Entscheid der Landeskirche Graubünden, den Verein «Adebar» in Chur zu unterstützen. Das Bistum Chur ist der Ansicht, der Verein wirke aktiv an Abtreibungen mit und will darum die finanzielle Unterstützung unterbinden. Mit einem geharnischten Communiqué reagiert das Ordinariat auf den Entscheid des Bundesgerichts.

Der Streit entzweit das Bistum Chur und die Katholische Landeskirche Graubünden seit Jahren. Im Jahr 2012 gelangte der Generalvikar des Bistums Chur, Martin Grichting, mit einem Vorstoss an das Corpus catholicum, die Legislative der Katholischen Landeskirche Graubünden. Er beantragte, die Beratungsstelle für Familienplanung, Sexualität, Schwangerschaft und Partnerschaft Graubünden (Adebar) solle von der Landeskirche künftig nicht mehr finanziell unterstützt werden. Die Landeskirche setzte jedoch ihre Finanzierung fort.

Sie knüpfte die Auszahlung des Beitrags an die Bedingung, diese Geldmittel seien unter Berücksichtigung der Gesetze der katholischen Kirche zu verwenden, heisst es in einer Medienmitteilung, welche der Präsident der Verwaltungskommission der Landeskirche, Thomas M. Bergamin, am Mittwoch den Medien zukommen liess.

Gang durch die Gerichte

Damit sollte verhindert werden, dass der kirchliche Beitrag für Beratertätigkeiten über Abtreibungen oder die sogenannte Pille danach verwendet werde, schreibt Bergamin. Das Bistum Chur und Generalvikar Martin Grichting gelangten daraufhin an die Rekurskommission der Landeskirche und in einem weiteren Schritt an das Verwaltungsgericht Graubünden. Beide Gremien stellten sich hinter die Landeskirche wie nun auch der Bundesgericht, welches sein Urteil am 17. Dezember 2018 fällte und am 30. Januar 2019 veröffentlichte.

Gemäss Urteil ist das Bundesgericht der Ansicht, dass der Entscheid zur Unterstützung des Vereins «Adebar» durch die Landeskirche Graubünden das Landeskirchenrecht nicht willkürlich anwende, schreibt die Landeskirche Graubünden. Die gesprochenen Mittel für «Adebar» würden nicht für Zwecke eingesetzt,  die mit den Lehren der römisch-katholischen Kirche unvereinbar seien. Auch «eine Beeinträchtigung der Religionsfreiheit» sei «nicht auszumachen».

Landeskirche sieht sich auf dem richtigen Weg

Die Verwaltungskommission der Katholischen Landeskirche Graubünden begrüsst diesen Entscheid. Über den Einzelfall hinaus zeige er auf, dass die Landeskirche berechtigt sei, auf der Basis der rechtlichen Vorgaben und demokratischer Beschlüsse des Corpus catholicum Beiträge an soziale und karitative Institutionen zu leisten, die nach Auffassung seiner Mitglieder dem Auftrag der Landeskirche entsprechen, heisst es in der von Bergamin gezeichnete Mitteilung.

Wie im vorliegenden Fall würden die Organe der Landeskirche «bei Bedarf auch in Zukunft sicherstellen, dass diese Beiträge im Sinn der Botschaft und der Lehre der römisch-katholischen Kirche verwendet werden».

«Gegen Grundsätze der katholischen Kirche»

Das Bistum Chur hält in seiner Stellungnahme fest, die vom Medienbeauftragten Giuseppe Gracia gezeichnet ist, das Bundesgericht stelle sich hinter die «vom Staat geschaffene ‘Katholische Landeskirche Graubünden’ «. Aus Sicht des Gerichts sei es statthaft, dass die Landeskirche die Organisation «Adebar» unterstütze, die Abtreibungen als legitim betrachte und «Beratungsbestätigungen für straflose Abtreibungen bei Minderjährigen» ausstelle.

In der Schweiz müsse nach dem Gerichtsentscheid die «katholische Kirche» somit hinnehmen, dass der Staat einer von ihm geschaffenen Organisation erlaube, von katholischen Gläubigen Steuern zu erheben und mit diesen Finanzmitteln «gegen Grundsätze der katholischen Kirche zu handeln».

«Täuschung und Missbrauch»

Das Geld, das die Landeskirche eintreibe, bezeichnet das Ordinariat als «Kultussteuer». Diese Mittel könnten daher «unabhängig von der katholischen Kirche» und «auch gegen ihre Glaubensvorgaben eingesetzt werden». Katholische Kirchensteuerzahler müssten in Zukunft damit rechnen, dass ihre Finanzmittel «im Einklang mit staatlichem Recht für kirchenferne oder kirchenfeindliche Aktivitäten eingesetzt werden».

Der Staat schafft aus Sicht des Bistums mit den Landeskirchen rechtliche Gebilde, die einer eigenen Agenda folgten, ohne dass sie deswegen in der Öffentlichkeit darauf verzichten  müssten, sich katholisch zu nennen. Gegen diese Täuschung und den Missbrauch ihres Namens könne die katholische Kirche in der Schweiz nichts tun, wie das Bundesgerichtsurteil nun zeige. Das Bundesgericht habe diese Situation transparent gemacht, so der Schluss des Bistums. (gs)

Generalvikar Martin Grichting | © Regula Pfeifer
30. Januar 2019 | 16:52
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