Bruder Klaus erobert Zentralasien

Teufen SG, .11.17 (kath.ch) Niklaus von Flüe ist nach Zentralasien gezogen – zumindest kennen ihn nun auch die Menschen aus Kirgistan. Dank Spenden des Ostschweizer Pfarrers Albert Wicki konnte im südkirgisischen Talas ein Pfarreizentrum aufgebaut werden, das Niklaus von Flüe geweiht ist. Diesen Frühling wurde dort die erste Messe gefeiert.

Barbara Camenzind

«Das Projekt der Bruder-Klausen-Kapelle in Kirgistan hat mich zutiefst beeindruckt», erzählt Pfarrer Albert Wicki in seinem Pfarrhaus in Teufen. Nach seiner Arbeit als Seelsorger im St. Galler Rheintal und als Regens des Bistums St. Gallen ist er nun für die Seelsorgeeinheit Gäbris tätig. Wicki ist Seelsorger mit Herzblut und ein erfrischender Pragmatiker. Nicht verwunderlich, dass ihn das Projekt des in der Sowjetunion (Kasachstan) geborenen Jesuitenpaters Alexander Kahn faszinierte. Dieser wurde im Jahr 2000 vom Hilfswerk «Kirche in Not» nach Sachseln und Flüeli Ranft eingeladen. Dort soll er von der Friedensbotschaft von Bruder Klaus erfahren haben – die ihn zutiefst beeindruckte.

Dank einem Spendenaufruf von Wicki anlässlich seiner Priesterweihe im Jahr 2001 konnte Alexander Kahn seine Bruder-Klausen-Pfarrei in Kirgistan bauen. Nach 16 Jahren stehen nun eine Kirche, ein Pfarrhaus und ein Pfarreizentrum. Insgesamt seien über 10’000 Franken zusammengekommen. Ganz im Sinne von «Glaubenshilfe ist Lebenshilfe» können die Jesuiten in Zentralasien nun besser Hilfe vor Ort leisten.

Die Menschen in Kirgistan verstehen Bruder Klaus gut.

Ein warmer Raum, eine gute Mahlzeit und dann wird über Jesus geredet: Diese bodenständige, jesuitische Arbeitsweise ist Wicki sehr nahe. Sie kann nun im Gemeindezentrum im südkirgisischen Talas gelebt werden. Die Menschen dort leben in grösster Armut, die Jesuiten mitten unter ihnen. Zusammen mit Claudio Schmid von «Kirche in Not» hat Albert Wicki im April 2017 Kirgistan besucht. Er feierte mit den Gläubigen die erste Heilige Messe in der ersten neugebauten katholischen Kirche vor Ort. Passend zum Jubiläumsjahr von Niklaus von Flüe, nun auch kirgisischer Kirchenpatron.

Klaus auf Augenhöhe

Persönlich habe er eigentlich keine besondere Beziehung zu Bruder Klaus, sagt Albert Wicki. Aber es habe ihn berührt, wie die Kirgisen den Schweizer Heiligen für sich gewonnen haben. «Niklaus von Flüe war Bauer, er hatte einen harten Alltag und musste weite Strecken zurücklegen. Die Menschen in Kirgistan können sein Leben gut nachvollziehen.» Mit ihrem Wunsch nach Frieden im Land fänden sie bei ihm einen Fürsprecher. Denn in Kirgistan komme es immer wieder zu kleinen und grösseren Konflikten unter den Bevölkerungsgruppen. «Bruder Klaus begegnet den Kirgisen auf Augenhöhe», so Wicki.

Wir haben die Kinder gesegnet – dann sie uns.

Ob auch der Mystiker Niklaus von Flüe die von schamanischen Wurzeln geprägte Gesellschaft anspreche, kann Wicki nicht beurteilen. Er war berührt von der tiefen Religiosität der Menschen in Alexander Kahns Pfarrei: «Der Glauben hilft ihnen, das Schwere in ihrem Alltag zu meistern». Wickis schönstes Erlebnis war der Besuch bei einer ganz abgelegenen Gemeinschaft im kirgisischen Bergland: «Als wir in den Raum traten, rannten die Kinder auf uns zu, um sich segnen zu lassen. Wir haben sie gesegnet, dann sie uns.»

Die Friedensbotschaft von Bruder Klaus wirkt nun in Kirgistan, dem weiten Land ohne Zäune. Der Patron der Schweiz ist für alle da, die seinen Zuspruch brauchen. (ft/sys)

Alexander Kahn, Albert Wicki, Claudio Schmid (v.li.) | © zVg
21. November 2017 | 06:13
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Kirgistan

Kirgistan ist ein dünn besiedeltes Land. Fruchtbar, gebirgig, geprägt von der traditionellen Landwirtschaft, der Pferdezucht und dem schwierigen Erbe aus sowjetischer Zeit. Das Land tut sich schwer, verlässliche Strukturen zu schaffen, Demokratie ist nach der langen totalitären Herrschaft ein schwieriges Lernfeld. Und es fehlt an vielem: an gut ausgebildeten Ärzte, Mechanikern und an funktionierender Infrastruktur.

80 Prozent der fünf Millionen Kirgisen sind Muslime, 14 Prozent russisch-orthodoxe Gläubige, die einen starken Bezug zu Russland haben. Die wenigen Christen im Land gehören meistens zu den ehemals Zwangsangesiedelten. Viele haben nach dem Zerfall der Sowjetunion das Land verlassen. Die zirka 30’000 Katholiken leben verstreut und in grosser materieller Not. Eine Herausforderung für die Jesuiten wie Alexander Kahn, die auf ihren Seelsorgetouren 70’000 Kilometer im Jahr reisen und dabei auch immer wieder «unentdeckte» christliche Gemeinschaften auffinden. Die Priester in Kirgistan erhalten keinen Lohn. Messen werden meistens in Privathäusern abgehalten. Seit 2000 gibt es in der Hauptstadt Bischkek eine Kathedrale. Dafür wurde ein altes Wohnhaus umgebaut.