Brett Kavanaugh (l.) neben US-Vize-Präsident Mike Pence
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Brett Kavanaugh – Trumps neuer Mann für den Obersten Gerichtshof

Washington, 11.7.18 (kath.ch) Seine Kritiker halten ihn für parteiisch, andere loben seinen Intellekt und seine Höflichkeit. Der Katholik Brett Kavanaugh ist Donald Trumps neuer Mann für den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten.

Bernd Tenhage

Der Kandidat hat republikanischen Stallgeruch. Im US-Wahlkampf zwischen George W. Bush und Al Gore im Jahr 2000 half er, die umstrittene Stimmenauszählung in Florida zugunsten des späteren Präsidenten juristisch abzusichern. Später holte Bush Brett Kavanaugh als Mitarbeiter ins Weisse Haus. Schon zuvor spielte der Jurist als Gehilfe von Sonderermittler Kenneth Starr eine führende Rolle beim Amtsenthebungsverfahren gegen das demokratische Staatsoberhaupt Bill Clinton.

Fünf Katholiken im Supreme Court

Keine Frage: Der 53-Jährige ist Teil des republikanischen Establishments in Washington und verfügt über weitreichende Kenntnisse in Sachen Regierung und Verwaltung. Seine Nähe zum Bush-Clan erwies sich letztlich nicht als Nachteil für den praktizierenden Katholiken, obwohl der amtierende Präsident Donald Trump die Bushs nicht sonderlich mag. Kavanaugh wäre der fünfte Katholik im neunköpfigen Richterkollegium des Supreme Court der Vereinigten Staaten – wenn er denn vom Senat bestätigt wird. Der Supreme Court hätte dann eine stabile konservative Mehrheit.

Mit dieser Personalentscheidung hat Trump zweierlei erreicht. Kavanaugh gilt als konservativ und zuverlässig. Mit Kavanaugh bekommt Trump einen ideologisch gefestigten Kandidaten, der künftig den Kurs des Präsidenten absegnen wird. Mit ihm verschöbe sich das höchste Gericht politisch nach rechts. Und wegen seines vergleichsweise jungen Alters könnte er den frei werdenden Richterposten, der auf Lebenszeit vergeben wird, für mehrere Jahrzehnte bekleiden.

Umstrittene Persönlichkeit

Sein Netzwerk in der republikanischen Partei brachte dem Rechtsexperten allerdings nicht nur Vorteile. Die Demokraten blockierten über drei Jahre seine Bestätigung als Richter am Bundesberufungsgericht für den District Columbia. Sie hielten den Bush-Adlatus schlicht für zu parteiisch. «Wenn es in den vergangenen Jahren parteipolitische Kämpfe gab, die einen Anwalt notwendig machten, war Kavanaugh zur Stelle», bringt der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, die Vorbehalte auf den Punkt.

Andere attestieren dem designierten Supreme-Court-Richter «skalpellartige Präzision» bei seiner Berufsausübung. «Er ist ein überlegter, strategischer Richter», sagt John Malcolm, stellvertretender Vorsitzender der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation. Kavanaugh habe «die Ausrichtung des Rechts im Laufe der Zeit in eine konservative Richtung verschoben».

Als Beleg dafür liegen mehr als 300 Urteils-Begründungen vor, die aus der Feder des Kandidaten stammen. Mehrere seiner Entscheidungen hat der Supreme Court übernommen. Das umfangreiche Schriftwerk dürfte reichlich Munition für bevorstehende Nominierungsschlachten im Senat liefern, wo die Republikaner nur eine hauchdünne Mehrheit haben. Auch diesmal wartet auf Kavanaugh ein schwieriges Bestätigungsverfahren im 100-sitzigen US-Senat. Dort benötigt er eine einfache Mehrheit. Die Republikaner verfügen über 51 Stimmen, darunter die des schwerkranken John McCain, der wahrscheinlich nicht erscheinen kann.

Religiöser Abtreibungsgegner

Aufgefallen ist Kavanaugh bisher als entschiedener Verfechter religiöser Freiheitsrechte. Trump nennt ihn gar einen «Krieger der Religionsfreiheit». Ob er sich in der Abtreibungsdebatte eindeutig auf die Seite der Pro-Life-Anhänger schlagen wird, lässt sich auf Grundlage seines bisherigen Wirkens jedoch nicht vorhersagen.

In der Vergangenheit stimmte Kavanaugh zwar mehrmals für Einschränkungen im Abtreibungsrecht. Er unterstrich zuletzt mit einer abweichenden Meinung zum Urteil über den Schwangerschaftsabbruch einer minderjährigen Migrantin in US-Gewahrsam seine konservativen Positionen. Das Grundsatzurteil «Roe v. Wade» von 1973, das Abtreibungen in den USA weitgehend legalisierte, will er aber wohl nicht kippen. Er gilt als Anhänger der lateinischen Rechtsformel «stare decisis», nach der bereits gefällte Präzedenzurteile möglichst nicht umgestoßen werden sollten. Vor einigen Jahren erklärte der Richter, er werde sich «treu und vollständig» an «Roe v. Wade» halten.

Dennoch besteht kaum ein Zweifel daran, dass Kavanaugh deutlich rechts von seinem juristischen Ziehvater Anthony Kennedy (81) steht, dem er nun nachfolgen soll. Andernfalls wäre er nicht auf der Empfehlungsliste der konservativen Juristenvereinigung Federal Society gelandet.

Ehrgeizig und bescheiden

Seine fachlichen Qualifikationen stehen ausser Frage. Kavanaugh besuchte dieselbe Jesuiten-Eliteschule wie Neil Gorsuch, den Trump im vergangenen Jahr für den Obersten Gerichtshof nominierte. An der renommierten Universität Yale schloss er sein Studium der Juristerei mit «cum laude» ab.

Verheiratet ist er mit Ashley Estes, die George W. Bushs persönliche Sekretärin im Weissen Haus war. Sie haben zwei Töchter, Margaret und Liza. Kavanaugh ist regelmässiger Kirchgänger und arbeitet ehrenamtlich für die katholische Armenspeisung St. Maria’s Meals.

Obwohl der Trump-Günstling rein äusserlich wie ein typischer smarter US-Sonnyboy wirkt, hält er offenbar wenig vom oberflächlichen Pomp in Washington. Er sei das exakte Gegenteil des «Georgetown-Cocktail-Party-Typen», meint etwa der Rechtsprofessor Justin Walker von der Universität Louisville. «Der trinkt lieber ein Bier und schaut dabei Eishockey.»

Positives Echo katholischer Gruppierungen

Mit einem überwiegend positiven Echo haben Abtreibungsgegner und katholische Gruppierungen auf die Nominierung Brett Kavanaughs als Richter für den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten reagiert. Der 53-Jährige sei «ein prinzipientreuer Jurist, der das verfassungsmässige Recht auf Schutz des Lebens» sicherstelle, kommentierte die einflussreiche Pro-Life-Organisation «Susan B. Anthony List» die Personalentscheidung.

Ausdrücklich lobte der Vorsitzende der katholischen Ärztevereinigung «Catholic Medical Association», Peter T. Morrow, US-Präsident Donald Trump für dessen Kandidaten. Ähnlich fiel das Fazit von Catherine Glenn Foster aus, Vorsitzende der Organisation «Americans United for Life»

Weniger anerkennend fiel die Reaktion des New Yorker Gouverneurs Andrew Cuomo aus. Er befürchte, dass Kavanaugh bei der ersten Gelegenheit das Grundsatzurteil zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen von 1973 («Roe v. Wade») kippen werde. (kna)

Brett Kavanaugh (l.) neben US-Vize-Präsident Mike Pence | © keystone Tom Williams
11. Juli 2018 | 16:50
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