Vitus Huonder, Bischof von Chur
Schweiz

Churer Bischof sieht Gewissensfreiheit gläubiger Katholiken eingeschränkt

Chur, 10.12.18 (kath.ch) Traditionellerweise veröffentlicht der Bischof von Chur zum Tag der Menschenrechte ein Schreiben, in dem er sich zu Grundrechten aus der Sicht der katholischen Kirche äussert. Dieses Jahr steht beim Hirtenbrief von Vitus Huonder die Gewissens- und Religionsfreiheit im Zentrum.

Wer sich heute als gläubiger Katholik in Fragen wie Schwangerschaftsabbruch oder Sexualmoral «der herrschenden Mehrheitsstimmung» verweigere, der laufe Gefahr, diskriminiert zu werden. In seinem Hirtenbrief zum Tag der Menschenrechte stellt der Churer Bischof fest, dass Christen sowohl weltweit wie auch in der Schweiz, ja selbst innerhalb der kirchlichen Strukturen unter Druck stehen, dass sie wegen ihres Glaubens diskriminiert und stigmatisiert würden.

«Höfliche» Christenverfolgung

Der Bischof von Chur nennt hier allgemein gehaltene Beispiele: die Ärztin, die sich weigere, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen; die Lehrerin, die unter Kollegen zur Sexualmoral der Kirche stehe; der Leserbriefschreiber, der wegen seines Votums gegen die «Ehe für alle» gesellschaftlich ausgegrenzt werde. Dies alles, zitiert Vitus Huonder schliesslich Papst Franziskus, seien «höfliche» Formen der Christenverfolgung, wie sie derzeit in ganz Westeuropa anzutreffen seien.

Huonder verweist auf eine Predigt des Papstes aus dem Jahr 2016. Darin kritisierte Franziskus, dass diejenigen, die den «sogenannten modernen und aufgeklärten Gesetzen» nicht folgen, in ihrer Freiheit eingeschränkt würden: Der Freiheit, etwas aus Gewissensgründen abzulehnen.

Vorbild aus dem 16. Jahrhundert

Vitus Huonder nimmt in seinem Schreiben über die von ihm heute festgestellten Menschenrechtsverletzungen einen langen Anlauf. Er verweist auf das Beispiel des seligen Nicolò Rusca, einem Priester aus dem Veltlin, der 1618 von Vertretern der Staatsgewalt zu Tode gefoltert wurde, weil er im Konfessionsstreit den Dialog hochhalten wollte.

Aufgegriffen wurde das Schreiben des Bischofs in einem Kommentar im «St. Galler Tagblatt» (5.12.). Auch der Zeitungsjournalist kritisiert deutlich, dass etwa die Teilnehmer des «Marschs fürs Läbe» von deren Gegnern niedergeschrieen würden.

Kirche nicht unschuldig

Der Kommentator bezeichnet die katholische Kirche umgekehrt aber auch als nicht ganz unschuldig an den vom Bischof beanstandeten Reaktionen auf christliche Glaubenshaltungen. Problematische Äusserungen wie erst gerade jene des Papstes über Homosexualität würden nicht gerade zum Dialog einladen, so der Kommentator. Und wie man in den Wald rufe, schalle es heraus.

Der Bischof von Chur schliesst sein Schreiben mit der Bitte um Unterstützung in einem festen Glauben und Mut zu Wahrhaftigkeit. Als Leitlinie könne dem Menschen dabei ein Wort des seligen Nicolò Rusca sein: «Hasset die Fehler, liebet jene, die fehlen.» (ms)


Bericht über die Stellungnahme der drei Schweizer Landeskirchen zum Tag der Menschenrechte:

Vitus Huonder, Bischof von Chur | © Bernhard Stadelmann
10. Dezember 2018 | 13:34
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