Bischof Morerod in Luzern: Dialog zwischen den Religionen ist wichtig

Luzern, 25.1.16 (kath.ch) Der Westschweizer Bischof Charles Morerod hat auf die Bedeutung eines aufrichtigen Dialogs zwischen den Religionen hingewiesen. «Wenn man nicht miteinander spricht, droht das Bild, das man sich vom anderen macht, zu einer Karikatur zu werden», sagte Morerod am Sonntag, 24. Januar, in der Franziskanerkirche in Luzern. Der Bischof feierte auf Einladung des katholischen Hilfswerks «Kirche in Not» einen Gottesdienst zum Gedenken an die verfolgten Christen im Nahen Osten. Die Ansprache des Bischofs enthielt zudem eine kritische Anfrage an die Muslime.

Wo auch immer man sich befinde, überall begegne man Menschen mit einer anderen Religion, sagte Morerod vor den Gottesdienstbesuchern, die die Kirche St. Maria zu Franziskanern bis auf den letzten Platz füllten. «Es ist deshalb besonders wichtig, einander gut zu kennen.» Gegenüber dem Westschweizer Portal cath.ch sagte der Bischof zudem, der Dialog müsse aufrichtig geführt werden. «Wenn man miteinander spricht, muss man auch sagen, was man denkt. Aber natürlich mit dem nötigen Fingerspitzengefühl.» Verzichte man darauf, die Wahrheit zu sagen, bringe man den Dialog nicht voran.

Auch Christen haben ihre Geschichte mit Gewalt

In seiner Ansprache ging der Bischof von Lausanne-Genf-Freiburg und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) auch auf religiös motivierte Gewalt ein. Dabei wies er darauf hin, dass auch die Christen ihre Geschichte mit Gewalt hätten und zitierte auch gleich eine einschlägige Stelle aus dem Buch Numeri im Alten Testament (31, 17-18): «So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben.»

Das sei doch das, was der Terrormiliz Islamischer Staat heute vorgeworfen werde, so Morerod. Um sogleich hinzuzufügen: «Es gab auch Religionskriege bei uns. Und auch wir haben das Evangelium verraten.» Dann fragte Morerod: «Was machen wir mit solchen Bibelstellen? Wir lesen sie im Lichte des Evangeliums – und das ändert alles! Wir haben den Bibeltext einer Exegese unterzogen. Und wir vergessen nicht, dass das Evangelium aus der Feder eines Evangelisten stammt.»

Kritische Anfrage an die Muslime

Heute könne man die Muslime fragen, wie sich Gewalt vermeiden lasse, fuhr Morerod fort. Es heisse, Gott spreche im Koran ohne menschlichen Vermittler. «Wie also soll man den Koran interpretieren, wenn er sagt, es sei gut, Christen zu töten? Das ist eine Frage, die wir den Muslimen stellen. Und es ist an ihnen, darauf zu antworten.»

Im Gottesdienst waren auch Vertreter aus der Politik anwesend, so Kantonsratspräsident Franz Wüest, mehrere Mitglieder des Kantonsrats und der Luzerner Stadtpräsident Stefan Roth. Dieser sagte im Rahmen des Anlasses, heute würden Millionen von Menschen aller Konfessionen diskriminiert und wegen ihres Glaubens benachteiligt. Angesichts heutiger Abkapselungstendenzen machte der Luzerner Stadtpräsident darauf aufmerksam, wie grosszügig doch die Schweizer im 1871 waren: Damals nahm die Schweiz 87’000 Soldaten der sogenannten Bourbakiarmee auf, die in den Kantonen des Landes interniert wurden. Heute müsste es für eine Stadt wie Luzern mit 80’000 Einwohnern doch machbar sein, einigen Hundert Flüchtlingen, die vor Verfolgung fliehen, ein Dach über dem Kopf zu bieten, befand Roth.

Während des Gottesdienstes zündeten Mitarbeiter von «Kirche in Not» Kerzen an. Zum Gedenken an die Christen, die im vergangenen Jahr in verschiedenen Regionen der Welt wegen ihres Glaubens sterben mussten. (cath.ch/bal)

Bischof Charles Morerod | © 2016 Jacques Berset
25. Januar 2016 | 12:17
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