Bernhard Brack
Schweiz

Bernhard Brack – ein Leben im Dienst des Menschen

Die kirchliche Sozialarbeit ist ein Bestandteil des diakonischen Auftrags der katholischen Kirche. Wer Existenzprobleme, Schwierigkeiten im Beruf oder in der Familie hat, darf sich im Bistum St. Gallen an die katholischen Sozialdienste wenden.

Daniela Huber-Mühleis

Dass die Diakonie genauso ein Teil des kirchlichen Auftrags ist wie die Verkündigung des Evangeliums oder die Spendung der Sakramente, ist vielen Gläubigen nach wie vor zu wenig bekannt. Dabei übernimmt die Kirche je länger je mehr Aufgaben, die je nach Blickwinkel von der staatlichen Sozialhilfe getätigt werden müssten.

Ein offenes Ohr bei Problemen

Der Leiter der Sozialdienste des Bistums St. Gallen, Bernhard Brack, hat ein offenes Ohr für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und Hilfe brauchen, weil sie mit knappen Geldmitteln, Schicksalsschlägen oder psychischen Belastungen zu überleben versuchen. «Die Probleme, mit denen die Menschen zu mir kommen, sind vielfältig», sagt der 59-jährige Familienvater, der seit 2004 im Bistum arbeitet.

«Ich betreue Deprimierte, die niemanden mehr haben oder die am Existenzminimum leben. Ich helfe beim Ausfüllen von Formularen oder ich berate Hilfesuchende, die  mit einem Sack voll ungeöffneter Briefe zu mir kommen, weil ihnen alles über den Kopf gewachsen ist.»

Beratungen nehmen zu

Der katholische Sozialdienst unterstützt auch Frauen, die das Frauenhaus verlassen haben. Er bietet Migrantinnen  administrativen Beistand und Übersetzungshilfe an oder berät Verzweifelte mit kumulativen Schwierigkeiten. Personen, die Schwierigkeiten im Umgang mit Geld haben, bietet er die Finanzverwaltung an. Ebenso alten Menschen die der Kirche nahestehen und die keine Angehörige mehr haben.

Berhard Brack berät rund 12 bis 18 Personen pro Woche. Wobei hier die Anzahl Ratsuchender weniger aussagt als die Intensität der Beratungen. «Es gibt gewisse Wellenbewegungen. Grundsätzlich ist aber eine Zunahme auch statistisch feststellbar», sagt der Sozialarbeiter.

Dem Staat sind die Hände gebunden

Als Gründe nennt er strengere IV-Richtlinien, fehlende Arbeitsnischen für wenig qualifiziertes Personal oder Fragen der Migration. «Der staatlichen Sozialhilfe sind durch die Politik die Hände gebunden», erklärt Brack den Umstand, dass immer mehr Hilfesuchende zu den kirchlichen Sozialdiensten gehen.

Brack beteuert, dass die Zusammenarbeit mit dem Sozialamt der Stadt St. Gallen sehr gut ist. Er erwähnt aber auch, dass Leistungen wie beispielsweise die Bezahlung offener Zahnarztrechnungen gekürzt worden sind. «Aus Spargründen werden diese nun tatsächlich auf die Hilfswerke abgewälzt», sagt er.  – Die finanzielle Hilfe des Bistums St. Gallen beläuft sich pro Jahr auf rund 100’000 Franken, wobei etwa die Hälfte via Gesuche von Stiftungen finanziert wird.

Berührende Rückmeldungen

«Mit dem Projekt Überlebenskunst bieten wir aber auch Menschen mit besonderen Fähigkeiten Entfaltungsmöglichkeiten an», sagt Brack und erklärt: «So können an der Sommerserenade jeweils Klienten ihre Werke ausstellen oder wir geben Kunstmalern und Fotografen eine Chance, ihr Talent zu entfalten.»Die kirchlichen Sozialdienste  schaffen aber auch die Voraussetzungen für Kontaktmöglichkeiten. So werden «Pfarrei-Zmittag» oder Weihnachtsanlässe organisiert.

Bernhard Brack legt grossen Wert darauf, dass sich die ratsuchenden Personen ernst genommen fühlen. Die Beratungen sind kostenlos und die Informationen, die er erhält, werden vertraulich behandelt. «Ich möchte den Suchenden ein Feuer sein, an dem sie sich wärmen und ausruhen können. Jedes einzelne Geschöpf soll als Mensch mit vielen Facetten erkannt und anerkannt werden.»

Berührende Rückmeldungen

Demensprechend berührend sind auch die Rückmeldungen, die er und seine Mitarbeitenden bekommen. Vor allem schätzen die Ratsuchenden, dass sich jemand für sie Zeit nimmt, ihnen zuhört. Die Schicksalsschläge der Betroffenen bewältigt Brack, indem er abends meditiert und sich fragt, ob er das Bestmöglichste getan hat. «Dann übergebe ich das Ganze einem göttlichen Raum. Welches Rätsel der Mensch zu lösen, welche Lektion er zu lernen hat, weiss nur Gott allein», sinniert er.

Was ist Diakonie? Eine Information des Bistums St. Gallen

Bernhard Brack | © zVg App-Verlag
4. Dezember 2016 | 15:03
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Geschichtensammler und Autor

Bei der Lösung der komplexen Probleme sind nicht nur eine gute Ausbildung, sondern auch Lebenserfahrung und Menschenkenntnisse von grosser Bedeutung. Bevor sich Bernhard Brack zum Sozialarbeiter ausbilden liess, ging er ins Ausland und arbeitete als Hilfskraft in einem Hotel in Newport oder als «Computer operator advisor» in Singapore und Sydney. Nebenbei forschte er als Clown und betätigte sich als dichtender Kellner.

Gerne bezeichnet er sich selber auch als «Geschichtensammler». Als solcher hat er bereits diverse Texte veröffentlicht, in denen sich Zeitzeugen zu bestimmten Themen äusserten.  Zudem ist  im Appenzeller Verlag sein Buch «Nichts Menschliches ist mir fremd» – Das Leben von Nelly Meffert-Guggenbühl» erschienen.

Indem Brack die Geschichten seiner Klienten niederschreibt, die Scherben ihrer biografischen Bruchstücke literarisch wieder zusammensetzt, verarbeitet er deren Bürden. In seinem neuen Buch, das soeben in den Handel kam, schreibt er einen Teil seiner eigenen Geschichte nieder. «So bist du gegangen, Väterchen» ist im Orte-Verlag erschienen. (dhm)