Kurienerzbischof Georg Gänswein.
Vatikan

Brisant: Benedikts Sekretär sieht Medienarbeit von Franziskus «mit gemischten Gefühlen»

Bonn, 21.1.2015 (kath.ch) Erzbischof Georg Gänswein (58) sieht den Umgang von Papst Franziskus mit den Medien mit gemischten Gefühlen. Er gehe zwar offensiv mit den Medien um und nutze sie «sehr geschickt», sagte Gänswein der «Zeit»-Beilage «Christ & Welt» (Donnerstag). Allerdings führten manche Aussagen zu Missverständnissen und könnten von bestimmten Seiten vereinnahmt werden, so Gänswein. Deswegen habe der vatikanische Pressesprecher Federico Lombardi in einigen Fällen nach «einschlägigen Veröffentlichungen» eingreifen müssen, «um Klarstellungen vorzunehmen».

Trotzdem gelte: «Wer aufmerksam auf die Worte des Papstes hört, erkennt darin eine klare Botschaft», sagte Gänswein, der sich vor einem Jahr noch mehr «inhaltliche Vorgaben» von Franziskus gewünscht hatte. «Der wichtigste Akzent heißt Mission, Evangelisierung. Dieser Aspekt zieht sich wie ein roter Faden durch. Keine innerkirchliche Nabelschau, keine Selbstreferenzialität, sondern das Evangelium in die Welt hinaustragen.»

Gänswein dient Franziskus als Präfekt des Päpstlichen Hauses und ist damit für die offiziellen Termine des Papstes zuständig. Gleichzeitig ist er weiterhin Privatsekretär von Benedikt XVI., der seit seinem Rücktritt zurückgezogen in einem umgebauten Kloster in den Vatikanischen Gärten lebt.

Versuche, Benedikt XVI. zum Gegenpapst zu erklären, bezeichnete Gänswein in dem Interview als «theologische Brandstiftung». «Da wird künstlich ein Gegensatz konstruiert, der so nicht existiert», sagte er. «Ich kenne keine lehrmäßigen Aussagen von Papst Franziskus, die der Auffassung seines Vorgängers entgegenstünden.»

Das wäre auch «absurd», so Gänswein weiter, weil etwa die Substanz der Sakramente «nicht in das Belieben der geistlichen Hirten gestellt, sondern vom Herrn der Kirche vorgegeben» sei. «Das gilt auch und gerade für das Ehesakrament», betonte der Erzbischof, der in dem Interview auch auf eine Debatte über einen alten Aufsatz von Benedikt XVI. zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen einging, den dieser für die Herausgabe seiner gesammelten Schriften überarbeitet hatte.

Mit den redaktionellen Eingriffen habe der emeritierte Papst in keiner Weise in die Beratungen der Bischofssynode zu Ehe und Familie eingreifen wollen, betonte Gänswein. Die Überarbeitung des Aufsatzes aus dem Jahr 1972 sei bereits lange davor abgeschlossen gewesen, das zeitliche Zusammentreffen mit der Synode reiner Zufall.

Päpstliche Kurienschelte hat Gänswein angesprochen

Erzbischof Georg Gänswein hat sich nach eigenem Bekunden durch die vorweihnachtliche Mahnrede von Papst Franziskus angesprochen gefühlt. «Natürlich habe ich mich gefragt: Wo trifft es dich? Von welcher Krankheit bist du infiziert? Was ist korrekturbedürftig?», sagte Gänswein im Interview der «Zeit»-Beilage «Christ & Welt».

Franziskus hatte in einer viel beachteten Ansprache an die Leiter der vatikanischen Kurie am 22. Dezember 15 «Krankheiten» benannt, an denen die Kirche und ihre Führungsspitze leide. In diesem Zusammenhang warnte Franziskus unter anderem vor übertriebenem Ehrgeiz und «spirituellem Alzheimer».

«An einer Stelle musste ich an meine vielen Umzugskartons denken», sagte Gänswein unter Verweis auf die Passage, in der Franziskus eine «Krankheit des Aufhäufens» geißelte. Seit dem Auszug aus dem Apostolischen Palast nach dem Rücktritt von Papst Benedikt im Februar 2013 lagerten nicht wenige seiner Sachen noch verpackt in einem Abstellraum, so der Erzbischof. «Ich kann darin aber keinerlei Krankheitsindiz erkennen.»

Zweck der Papstschelte vielen Kurienkollegen «nicht ganz klar»

Was genau der Papst mit seiner Rede habe bezwecken wollen, sei vielen seiner Kollegen nicht ganz klar, so Gänswein weiter. «Offensichtlich hat er es für nötig gehalten, Klartext zu reden und zur Gewissenserforschung anzuleiten.» Daraus einen Riss zu konstruieren, der zwischen Papst und Kurie gehe, sei jedoch völlig abwegig. Allerdings habe die Ansprache «Wasser auf diese Mühlen gespült» und einer solchen Interpretation Vorschub geleistet. (kna)

Kurienerzbischof Georg Gänswein. | © kna
21. Januar 2015 | 16:21
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