Aron Signer mit "Seelen-Nahrung"
Schweiz

Ausstellung macht klar: «Freundschaft ist existentiell»

Romanshorn, 5.7.18 (kath.ch) Der Jubla-Scharleiter Aron Signer besucht die Ausstellung «Mission: Mensch» Posten für Posten und sagt, was ihm dabei in den Sinn kommt. Die Ausstellung der Jugendseelsorge Thurgau ist aktuell vor und in der katholischen Kirche Romanshorn zu sehen.

Regula Pfeifer

Aron Signer blickt an Gitterstäben vorbei in eine schwarze Kiste. «Mach mol vorwärts», steht darin auf einem Zettel, und: «Bisch nonig fertig» und «Isch das alles, wo du chasch» auf anderen. «Das zeigt den Leistungsdruck in unserer Gesellschaft», erklärt der 21-Jährige nachdenklich. Der Druck werde auch von den Eltern weitergegeben, deshalb diese Sätze. «In solchen Situationen muss man einfach mal einen Schlussstrich ziehen und sich eine Pause gönnen», findet Signer.

Eindruck des Ex-Ministranten

Signer ist Scharleiter von Jungwacht Blauring Romanshorn und Student mit Ziel Sekundarschullehrer. Er hat sich bereit erklärt, mit der Journalistin die Ausstellung «Mission: Mensch» anzusehen. Die von der Jugendseelsorge Thurgau organisierte Schau gastiert aktuell in der katholischen Kirche St. Johannes in Romanshorn. Hier ist der ehemalige Ministrant seit kurzem auch im Pfarreirat aktiv.

Grenzüberschreitungen im Netz

Zum Thema «Wovon möchtest du dich befreien» sind im gläsernen Eingangsraum zur Kirche die erwähnte und zwei weitere schwarze Kisten auf Kopfhöhe an ein Metallgestell montiert. Die eine thematisiert Mobbing und Suizid. «Mit den elektronischen Möglichkeiten getrauen sich Leute Dinge, für die sie sonst keinen Mut hätten», findet Signer. Ein Foto sei rasch in die Sozialen Medien hochgeladen, doch das könne bei der betroffenen Person viel Leid auslösen. Dies vor allem, wenn sie weder Kollegen noch Familie hat, mit denen sie darüber reden könne, so der junge Mann.

«Es gibt Situationen, in denen man sich in den eigenen Gedanken gefangen fühlt.»

Die dritte Boxe zeigt Fotos verschiedenster Drogen und Drogenkonsumenten. «Es gibt Situationen, in denen man sich in den eigenen Gedanken gefangen fühlt», gibt der Student zu. Das könne auch in der Ausbildung sein. Ihm selber hilft dann Musikhören oder Sport machen. Aron Signer weiss aber, dass das anderen Menschen nicht reicht. Sie suchen einen Ausweg in Drogen und Alkohol. «Aus diesem Teufelskreis kommt man schwer wieder heraus», sagt Signer. Er selbst findet: Man sollte mehr miteinander reden.

Auszeit mit Freunden oder allein

Und man sollte sich Zeit nehmen für die eigenen Bedürfnisse, sagt er auch und nimmt dabei Bezug auf Aussagen von jungen Menschen zum Thema Freiheit. Diese sind über Kopfhörer an einer Säule zu hören. Für Signer bedeutet Freiheit nicht gleich eine Flugreise in die Ferien, wie für andere, sondern Auszeit vom Alltag. Am liebsten verbringt er Zeit mit seinen Freunden, geht joggen oder biken oder geniesst die Weite und das Alleinsein bei einem Ausflug in die Berge oder ans Meer.

Meinungsfreiheit mit Sonnenbrille

Im dunklen Kircheninneren geht «Mission: Mensch» weiter. Aron Signer stösst die schwere Kirchentür auf und geht rechts. An der Wand steht ein farbig beleuchtetes Metallgestell, von dem Gegenstände runterhängen. Thema hier: «Was schützt die Würde des Menschen?». Es geht um Menschenrechte. Auf dem Zettel Meinungsfreiheit heisst es: «Wenn du geblendet wirst.» Darüber hängt eine Sonnenbrille.

Beim Recht auf Eigentum steht geschrieben: «Wenn es dich (im Leben) nach unten zieht.» Daran hängt ein Schwimmflügel für Kleinkinder. «Cool», findet Aron Signer und ergreift ihn. Das sei ein Lebensretter, an dem man sich halten könne. Das Recht auf Privatsphäre ist ebenfalls ganz im Sinne des jungen Mannes: Daran ist ein Kopfhörer befestigt für den Fall «Wenn es rundherum zu laut wird.»

Eine Portion Humor gehört dazu

Bei einer Kommode mit der Frage «Was macht den Menschen wertvoll?», entscheidet sich Signer für je eine kleine Kugel aus den Schubladen mit den Bezeichnungen «humorvoll» und «respektvoll». Eine Portion Humor gehöre dazu und mache das Zusammensein mit Freunden fröhlich, sagt er. Und Respekt gegenüber anderen sei notwendig. Das nehme er sich als angehender Lehrer zu Herzen. Aber es gelte auch allgemein, als Mittel gegen Rassismus und Sexismus.

Signer zeigt auf eine quietschend drehende Säule. Auf drei Plakaten sind ein Mädchen mit Downsyndrom, ein stark tätowierter Mann und eine geschminkte Dame zu sehen, die auch ein Transvestit sein könnte. «Diese Menschen haben wahrscheinlich schon Momente erlebt, in denen sie nicht respektiert wurden», so Signer. Dabei sollte man niemanden aufgrund seines Äusseren beurteilen. «Jeder ist auf seine Art wertvoll», findet Signer. Das sei hier auch die Botschaft. Er selbst gehe zwar auch nicht auf alle Menschen zu. Aber komme es zu einer Begegnung, versuche er vorurteilslos und offen zu sein.

Banane steht für Zuversicht

Vorbei an den Kirchenbänken gelangen die Besucher zur Station «Lebensdurst». Ein Tisch ist gedeckt, in der Mitte eine Platte mit Nahrungsmitteln. Die Frage lautet: «Welche seelische Nahrung brauchst du?» Aron Signer wählt eine Banane, eine Rübe, ein Brotstück und einen Donut. Sie stehen für Zuversicht, Vertrauen, Freundschaft und Liebe und sind auch so angeschrieben. «Das sind die Elemente, die ich im Moment brauche», sagt er. Er versuche zuversichtlich, also optimistisch zu bleiben, möchte Vertrauen zu Freunden aufbauen und behalten.

«Liebe sollte sich an die ganze Welt richten.»

«Freundschaft ist für mich essentiell», sagt Aron Signer. «Sie gibt Power.» Zu Freunden könne man in guten und schlechten Zeiten gehen. «Sie weisen einen auch darauf hin, wenn man auf dem falschen Weg ist», sagt er. Und Liebe versteht er nicht nur als Angelegenheit für eine Zweierbeziehung. «Liebe sollte sich an die ganze Welt richten», sagt er und verweist auf das meist privilegierte Leben in der Schweiz.

Zurück beim Ausgang werden die Besucher konfrontiert mit der Frage: «Wie engagierst du dich?» Die einen haben Babysitten notiert, andere Aufräumen. «Auch das Engagement daheim bei den Nächsten ist wichtig», sagt Signer. Er verweist auf seine Rolle bei der Jubla. «Ich versuche unsere Schar am Laufen zu halten.» Dafür halte er seine Ohren offen für allfällige Probleme der Jubla-Kinder und versuche weitere zum Mitmachen zu motivieren.

Aron Signer mit «Seelen-Nahrung» | © Regula Pfeifer
5. Juli 2018 | 16:14
Lesezeit: ca. 4 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

Die Ausstellung «Mission: Mensch»

Die Katholische Jugendarbeitsstelle Thurgau (Juseso Thurgau) zeigt in ihrer neuen Erlebnis-Ausstellung das christliche Menschenbild, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Dabei stehe der Mensch selbst im Mittelpunkt – als eigene Persönlichkeit und als Teil der Gesellschaft.

An drei Stationen geht es laut den Initianten um Durst nach echtem Leben, Menschwürde und Freiheit. Begriffe wie Mitgefühl, Nächstenliebe und Respekt werden mit provokanten Aussagen und persönlichen Fragen thematisiert und neu interpretiert. «Mission: Mensch» bedeute Mitgefühl, Nächstenliebe und Respekt. Sie richtet sich besonders an Jugendliche.

Die Ausstellung wurde durch das Team der Juseso Thurgau konzipiert und entwickelt. Sie hätten vieles davon selbst aufgebaut, sagt Team-Mitglied Manuel Bilgeri auf Anfrage.

Zu sehen ist die Schau noch bis am 10. Juli in der katholischen Kirche Romanshorn, danach vom 21. August bis zum 10. September in der katholischen Kirche Steckborn (täglich 10 bis 18 Uhr) und vom 12. September bis zum 3. Oktober in der Klosterkirche Fischingen (täglich 7.30 bis 19.30 Uhr). (rp)