Ein Mörder wird in Brasilien immer wieder freigelassen.
International

Auftraggeber des Mordes an US-Ordensfrau vorläufig freigelassen

Brasilia, 26.5.18 (kath.ch) Brasiliens Oberstes Gericht hat den Auftraggeber des Mordes an der US-Ordensfrau Dorothy Stang vorläufig auf freien Fuss gesetzt. Der zu 25 Jahren Haft verurteilte Landbesitzer Reginaldo Pereira Galvao solle in Freiheit auf seine Revision vor der vierten Instanz warten, entschied Richter Marco Aurelio Mello am Freitag (Ortszeit) in Brasilia. Das Urteil schreibt die Justizposse um den im Jahr 2005 verübten Mord fort.

Pereira war 2010 in erster Instanz zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht hatte ihn für schuldig befunden, für den Mord an Stang mehrere tausend Euro gezahlt zu haben. Im August 2012 entschied Richter Mello, Galvao solle in Freiheit auf seine Berufung vor der zweiten Instanz warten. Ein Berufungsgericht bestätigte später zwar die Strafe, Pereira blieb jedoch weiter auf freiem Fuss. Im Jahr 2017 verkürzte die dritte Instanz die Haftstrafe auf 25 Jahre und ordnete Untersuchungshaft für Pereira an. Nun setzte Mello ihn erneut auf freien Fuss.

Wie lange dürfen verurteilte Straftäter in Freiheit bleiben?

Hintergrund ist ein Streit zwischen den Obersten Richtern um die Frage, ob verurteilte Straftäter bis zur Ausschöpfung aller Rechtsmittel in Freiheit bleiben dürfen. Laut Verfassung ist jemand erst schuldig, wenn die oberste, vierte Instanz das Urteil bestätigt.

Im Oktober 2016 hatte jedoch eine Mehrheit des Obersten Gerichts für einen Haftantritt nach der zweiten Instanz gestimmt. Richter Mello gehört der Minderheit an, die für den Haftantritt nach der vierten Instanz plädiert. Das Oberste Gericht bezeichnete er am Freitag als «letzten Schützengraben der Bürgerrechte». Sein Urteil sei ein «nötiger demokratischer Widerstand».

Ordensfrau setzte sich für Rechte von Kleinbauern ein

Die katholische Landpastoral Brasiliens bedauerte die Entscheidung. Die Freilassung Galvaos verdeutliche die absurden Zustände rund um die Landfrage in Brasilien. Stang hatte sich über Jahrzehnte für die Rechte von Kleinbauern im Amazonasgebiet eingesetzt. Im Februar 2005 war die damals 73-jährige Missionarin in der Stadt Anapu erschossen worden. Der Mord und die Gerichtsverfahren erregten internationales Aufsehen.

Vier Mittäter waren im Gefängnis

Reginaldo Pereira Galvao ist der einzige der fünf Verurteilten, der seine Haftstrafe noch immer nicht angetreten hat. Die vier Mittäter waren zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden, sind inzwischen jedoch wieder auf freiem Fuss, nachdem ihre Haftzeiten reduziert wurden. (kna)

Ein Mörder wird in Brasilien immer wieder freigelassen. | © pixabay.com jplenio CCO
26. Mai 2018 | 16:54
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