Überwachung (Symbolbild)
Schweiz

Amnesty International bedauert Annahme des Nachrichtendienstgesetzes

Bern, 25.9.16 (kath.ch) Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI, Sektion Schweiz) bedauert, dass das Nachrichtendienstgesetz (NDG) angenommen wurde. Es ermöglich «unverhältnismässige Überwachungsmassnahmen» und stelle eine Bedrohung für die Privatsphäre und die Meinungsäusserungsfreiheit dar, heisst es in einer Mitteilung vom 25. September. Das Stimmvolk nahm die Vorlage am 25. September mit 65,5 Ja- zu 34,5 Nein-Stimmen an.

«Dass die Mehrheit der Stimmberechtigten dem Nachrichtendienstgesetz zugestimmt hat, zeigt wohl, dass die Angst vor Terroranschlägen auch in der Schweiz überwiegt», sagt Patrick Walder, Kampagnenkoordinator bei Amnesty International Schweiz, gemäss Mitteilung. Er bezweifelt allerdings, dass mehr Überwachung automatisch auch mehr Sicherheit bringe. «Sicher ist hingegen, dass unverhältnismässige Überwachung unsere Rechte und Freiheiten bedroht.»

Der recht hohe Anteil Nein-Stimmen zeige, dass viele Menschen in der Schweiz ernsthaft über den Schutz ihrer Privatsphäre besorgt seien. «Die Regierung muss diese Bedenken bei der Umsetzung des Gesetzes berücksichtigen.»

Kabelaufklärung und Vorratsdatenspeicherung

Amnesty International Schweiz kritisiert insbesondere zwei Massnahmen als unverhältnismässige Verletzung der Privatsphäre: Die Kabelaufklärung und die Vorratsdatenspeicherung. Die Kabelaufklärung ermögliche dem Nachrichtendienst des Bundes, «grenzüberschreitende Signale aus leitungsgebundenen Netzen zu erfassen». Das heisst laut AI, das der Nachrichtendienst alle Datenströme, die über die Schweizer Grenze fliessen, anzapfen und mit Stichworten durchsuchen könnte. Der Geheimdienst hätte damit Zugriff auf Metadaten und auf sämtliche Inhalte der elektronischen Kommunikation wie Mails, Suchanfragen oder Internet-Telefonie, heisst es auf der Homepage von AI.

In der Schweiz sind laut Ai sämtliche Anbieterinnen von Post-, Telefon- und Internetdiensten verpflichtet, das Kommunikationsverhalten ihrer Kunden für sechs Monate aufzuzeichnen. Erfasst würden sämtliche Kommunikationsmittel wie Telefon, Internet oder E-Mail. Eine solche Überwachungsmassnahme stelle «einen schweren Eingriff in den verfassungsmässig garantierten Schutz der Privatsphäre dar.»

Diskussion begrüsst

Die Menschenrechtsorganisation war nicht Teil des Referendumskomitees gegen das Gesetz, begrüsste aber, dass dank des Referendums eine breite Diskussion über Überwachung und den Schutz der Privatsphäre geführt werden konnte.

Auch der Islamische Zentralrat der Schweiz bedauert die Annahme des Gesetzes. Er bewertet den hohen Anteil an Ja-Stimmen als Ausdruck «einer durch die anhaltende Islam-Debatte weit verbreiteten Verunsicherung der Gesellschaft», heisst es in einer Mitteilung vom 25. September.

Das neue Gesetz gibt dem Nachrichtendienst des Bundes zeitgemässe Mittel zur Informationsbeschaffung in die Hand wie etwa die Überwachung von Telefongesprächen oder Internetaktivitäten. Damit soll er Bedrohungen möglichst früh erkennen und davor warnen können. Das Referendum wurde ergriffen, weil Kritik laut wurde an der Möglichkeit, private Kommunikation abzuhören und auszuwerten. Dies erlaube dem Staat eine flächendeckende Überwachung. (sys)

Überwachung (Symbolbild) | © CC0 pixabay.com
25. September 2016 | 14:55
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