Abt Werlen: Kirche ist durch Missbrauchskrise «wahrhaftiger» geworden

Einsiedeln SZ, 25.8.11 (Kipa) Die Missbrauchskrise hat die Kirche nach Ansicht des Einsiedler Abtes Martin Werlen weiter gebracht. «Wir sind wahrhaftiger geworden. Wir haben uns Menschen zugewendet, die durch uns grosses Leid erfahren haben», sagte Werlen im Interview mit der katholischen Wochenzeitschrift «Sonntag» (aktuelle Ausgabe). Der Abt vertritt die Schweizer Bischofskonferenz seit 2002 im Fachgremium «Sexuelle Übergriffe in der Pastoral».

Werlen bezog sich in seinen Äusserungen auf den neuen Umgang der katholischen Kirche mit Menschen, die von Priestern, Seelsorgern und Ordensangehörigen sexuell missbraucht worden sind. In den verschiedenen Diözesen der Schweiz habe es Begegnungen zwischen Bischöfen und Opfern «in unterschiedlichem Mass» gegeben.

Er selber hat nach eigenen Angaben rund hundert Gespräche mit Opfern geführt. Der Abt war im vergangenen Jahr auch mit Übergriffen durch Angehörige seines Klosters konfrontiert worden.

Die katholische Kirche, die in der Schweiz im vergangenen Jahr ihre Missbrauchs-Richtlinien verschärft hat, habe bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle einen Anfang gesetzt, sagt Werlen. Wie mit dem leidvollen Thema umgegangen werde, hänge jedoch sehr stark von den einzelnen Personen ab.

Menschliche Begegnungen entscheidend

Die von der Bischofskonferenz bislang eingeleiteten Massnahmen genügen nach Ansicht des Abtes nicht. Wohl seien die Fachgremien ständig an der Arbeit und gute Richtlinien vorhanden. «Entscheidend sind die menschlichen Begegnungen. Wenn sich ein Opfer nach einem Gespräch mit einem Vertreter der Kirche verstanden fühlt, dann ist das ein wesentlicher Schritt. Opfer spüren sehr gut, ob sie einfach abgefertigt werden oder ob sich jemand ihrer wirklich annimmt», so der Abt gegenüber dem «Sonntag».

(kipa/bal/gs)

25. August 2011 | 15:10
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