Übergabe des Schweizer Menschenrechtspreises «Offene Alpen» in Chiasso

Medienmitteilung

Als Anerkennung und Dank für das grosse grenzüberschreitende Engagement für Flüchtlinge und Migranten von Pfarrer Don Giusto della Valle mit seinem «Progetto Accoglienza Rebbio» in Como (I) und von Lisa Bosia Mirra mit ihrem Verein «Firdaus» in Genestrerio (Tessin,CH) hat der Freundeskreis Cornelius Koch den Schweizer Menschenrechtspreis «Offene Alpen» für das Jahr 2017 diesen beiden Initiativen verliehen. Der Schweizer Flüchtlingspfarrer Kaplan Cornelius Koch (1940-2001) hatte den Preis in den 1990er-Jahren gegründet. Dieser Preis ist mit 12›000 Franken dotiert und wurde jetzt je zur Hälfte an die Preisträger übergeben. Der «Freundeskreis Cornelius Koch» will hiermit diesen wertvollen Initiativen den Rücken stärken und gleichzeitig die Öffentlichkeit über die weiterhin unhaltbare Situation an der Grenze in Chiasso aufrütteln.

Die Preisverleihung fand im «Cinema Teatro» in Chiasso am Morgen des 22.Februars statt. Mehr als 120 Personen aus Norditalien und der ganzen Schweiz waren zu diesem Anlass gekommen. Die Preisträger durften sich auch über 500 Solidaritätsbriefe aus allen Kantonen freuen. Das Duo «Vent negru» aus Locarno rahmte die Veranstaltung mit traditioneller Tessiner Musik ein.

Michael Rössler vom «Freundeskreis Cornelius Koch» wies in seiner Einleitung darauf hin, dass die Alpen in der Geschichte oft Zufluchtsorte für Widerständige und Verfolgte waren. «Jetzt werden sie als letzte Riegel der Festung Europa von Ventimiglia über Chiasso bis zum Brenner in Österreich missbraucht. Wir sollten die guten Traditionen der Alpen für einen menschlichen Empfang wieder entdecken», erklärte Michael Rössler.

Natacha Kabatsiy vom ukrainischen «Komitee der medizinischen Hilfe in Transkarpatien» (CAMZ), Preisträger von 2012, berichtete über die katastrophalen Folgen der Festung Europa für die Flüchtlinge und ihr Land an der östlichen Aussengrenze der EU. Natacha Kabatsiy appellierte an die Schweiz, nicht die gleiche Abschottungspolitik zu betreiben.

Jacques Gaillot, Bischof von Partenia, der für die Laudatio aus Paris anreiste, erklärte, dass «der Mensch zuerst» kommen müsse: «Bevor wir von einem Land, einer Kultur, einer Religion kommen: Wir sind menschliche Wesen. Bevor wir Fremde sind: Wir sind Brüder und Schwestern in einer Menschheit.» Zur Solidaritätsarbeit, die in Konflikt mit dem Gesetz geraten könnte, hielt er fest: «Der Mensch ist grösser als das Gesetz. Der Respekt vor dem Menschen muss grösser sein als der Respekt vor dem Gesetz.» In seiner Rede von grosser Aktualität sprach Bischof Gaillot von einer «Epidemie von Mauern in der ganzen Welt»: «Mauern zwischen Israeliten und Palästinensern, zwischen Nordamerikanern und Mexikanern, zwischen Marokko und den spanischen Enklaven Ceuta und Melilla – auch in Europa, nachdem die Berliner Mauer im Jahr 1989 endlich eingerissen wurde, hat man wieder damit angefangen, Stacheldrahtmauern zu bauen: Mauern, welche die Völker trennen und sie davon abhalten sollen, sich frei zu bewegen.» Bischof Gaillot wandte sich an die Preisträger, indem er sagte: «Lisa Bosia und Don Giusto della Valle, im Geiste weit entfernt von den Stacheldrahtmauern, hinter die sich Europa verschanzt, haben einen Elan von grenzüberschreitender Solidarität geschaffen.»

Laudatio von Bischof J. Gaillot

 

Gastbeitrag
22. Februar 2017 | 13:57