Ökumenisches Bischofstreffen in Bukarest

Patriarch Teoctist: Probleme gemeinsam und in der Liebe Christi lösen

In Bukarest ging am Dienstag, den 27.09., die 24. internationale ökumenische Begegnung von Bischöfen, die der Fokolar-Bewegung nahe stehen, zu Ende. 40 Teilnehmer aus 16 Ländern waren dieses Mal der Einladung des orthodoxen Patriarchen Teoctist I. und seiner Synode in die rumänische Hauptstadt gefolgt. Eine große Herzlichkeit und brüderliche Beziehungen kennzeichneten das Zusammentreffen.

Das Thema der Begegnung lautete «Die Gegenwart des Auferstandenen inmitten seines Volkes als Mitte des kirchlichen Lebens und Dreh- und Angelpunkt unseres gemeinsamen Zeugnisses». Der Bezug auf das Versprechen Jesu, dort gegenwärtig zu sein, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt seien, wurde während der einwöchigen Tagung zum Ausgangspunkt sowohl für theologische Reflexionen wie auch für den persönlichen Austausch unter den Kirchenvertretern.

Besonders beachtet war der Beitrag von Chiara Lubich, Gründerin der Fokolar-Bewegung und gemeinsam mit dem verstorbenen Aachener Bischof Klaus Hemmerle Initiatorin dieser internationalen ökumenischen Bischofstreffen. Zwei Videoaufzeichnungen von ihr beleuchteten das Thema aus Sicht der Fokolar-Spiritualität, deren geistlicher Schwerpunkt gerade das sichtbare Zeugnis der Präsenz des Auferstandenen in Kirche und Gesellschaft ist.

In Bukarest und Umgebung kam es dann zu sehr familiären und herzlichen Begegnungen mit Vertretern der rumänisch-orthodoxen Kirche wie auch mit Vertretern der anderen christlichen Kirchen des Landes, die den Teilnehmern ein tieferes Verständnis für das klösterliche Leben, die östliche Liturgie und die orientalische Ikonographie ermöglichten. Neben Begegnungen der Gruppe mit der katholischen Bischofskonferenz Rumäniens bildeten zwei feierliche Gottesdienste den Höhepunkt der Tage. Während der Göttlichen Liturgie am Sonntag, dem 25.09. bat Patriarch Theoktist nach seiner Predigt Kardinal Miloslav Vlk um sein Wort. Vlk gehört zu den Haupt-Koordinatoren der ökumenischen Bischofsbegegnungen. Thoektist zeigte sich dann bei einem Abschlussfest , an dem auch Mitglieder aus den umliegenden Gemeinden, Jugendliche und Familien der Fokolar-Bewegung sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft anwesend waren, sehr beeindruckt vom Zeugnis der Geschwisterlichkeit, das er dort erlebt hatte und sagte: «Wir sind noch entfernt von dem Augenblick, in dem wir gemeinsam bezeugen können, dass wir dem Wort unseres Erlöseres Jesus Christus mit ganzer Hingabe dienen. Doch angesichts der Zeugnisse der Jugendlichen, die wir hier gehört haben, frage ich mich, ob wir nicht die Art und Weise überdenken müssen, in der wir unsere noch bestehenden Probleme und Schwierigkeiten angehen. Ich sage ganz offen und ehrlich, dass wir dabei oft noch entfernt sind von der Gerechtigkeit und der Wahrheit, vor allem aber von der Liebe Christi. Bemühen wir uns daher, dem Beispiel dieser Jugendlichen und dieser Brüder zu folgen und Wege zu finden, unsere Probleme zu lösen. Wenn wir es wollen, dann schaffen wir es auch.»

Auf dem Hintergrund der Spannungen, die in Rumänien zwischen der griechisch-Katholischen und der rumänisch-orthodoxen Kirche in Bezug auf enteigneten Kirchenbesitz aus der Zeit des kommunistischen Regimes bestehen, hinterließen diese Worte des Patriarchaten einen tiefen positiven Eindruck auf die Anwesenden und erinnerten viele an den Ruf aus dem Volk «Unitate, unitate», den 1999 die Umarmung zwischen dem Patriarchen und Papst Johannes Paul II auslöste.

Zweiter liturgischer Höhepunkt war die feierliche katholische Konzelebration in der Sankt-Josefs-Kathedrale, bei der sich Gesänge des katholischen Chores mit Liedern orthodoxer Studenten der theologischen Fakultät von Cluj abwechselten. In einer Prozession zogen dazu neben den katholischen Bischöfen auch die Bischöfe anderer Kirchen in die Kirche ein. Erzbischof Joan Robu von Bukarest stellte in seiner Predigt heraus, dass das Zeugnis der Gruppe der Bischöfe für ihn Quelle des Lebens und neuer Ideen und damit wahre Hoffnung auf Einheit sei.

Unter den anwesenden Bischöfen waren von orthodoxer Seite Vertreter des ökumenischen Patriarchates von Konstantinopel, der Patriarchate von Rumänien und Serbien, Vertreter der orthodoxen Kirche in Tschechien und der Slowakei. Auch syrisch-orthodoxe Bischöfe aus Syrien, Indien und Holland waren gekommen. Die Kirche von England war vertreten durch anglikanische Bischöfe aus Großbritannien und Italien, die evangelisch-lutherische Kirche durch Bischöfe aus Deutschland, Rumänien, Schweden, Norwegen, Großbritanien und den USA. Selbst aus Brasilien war ein Vertreter der metodistischen Kirche dabei, aus Indien ein Bischof der Mar Thoma Syrian Church. 14 Bischöfe verschiedener Länder waren katholisch.
Von deutscher Seite nahm unter anderem der ehemalige Präsident des Lutherischen Weltbundes Dr. Christian Krause teil, der im Januar 2006 im Aachener Dom den Klaus-Hermmerle-Preis von der Fokolar-Bewegung erhalten wird. Krause zeigte sich bei seiner Rückkehr aus Bukarest sehr froh über die Begegenung und unterstrich, er habe «mit ganzem Herzen» teilgenommen.

* Die Fokolar-Bewegung gehört zu den neuen geistlichen Aufbrüchen, die in den letzten 60 Jahren aus den christlichen Kirchen hervorgegangen sind. Sie ist 1943 in Trient (Italien) entstanden und mittlerweile in mehr als 180 Ländern der Welt vertreten.

Ihr Ziel ist, den Geist der Geschwisterlichkeit und der Einheit verstärkt in Kirche und Gesellschaft, in alle Bereiche des menschlichen Lebens hineinzutragen.

Neben dem Engagement in der Ökumene setzt sich die Fokolar-Bewegung unter anderem für einen Dialog unter den Religionen ein. Eine Frucht des Dialogs ist es, dass die Wurzeln des je eigenen Glaubens in den Vordergrund treten und vertieft werden. Der Wunsch, einander als Geschwister entdecken und wertschätzen zu lernen, fördert den gemeinsamen Einsatz für Frieden und soziale Gerechtigkeit. Etwa 30.000 Angehörige der verschiedenen Weltreligionen zählen zu den Freunden der Fokolar-Bewegung, darunter einige Tausend Muslime.

kath.ch
30. September 2005 | 16:12