Musik ist mehr als nur «ein Stil» – Polyphonie der Kulturen in der Heiliggeistkirche Bern

Medienmitteilung

Was das Schwyzerörgeli mit China zu tun hat und warum das Klavier von Franz Liszt von der Mundharmonika inspiriert ist. Vom 1.-24. Juni feiert das internationale Festival der Harmonium– und Harmonica-Instrumente in der Heiliggeistkirche mit offenem Singen, Konzerten, Tanz und Vorträgen Einheitliches in der kulturellen Vielfalt und Verbindendes im Unbekannten.

116 Musikerinnen und Künstler aus 12 Ländern treffen sich in den ersten drei Juniwochen in Bern zum internationalen Festival «Polyphonie der Kulturen». 28 Veranstaltungen – darunter Konzerte, Vorträge, ein offenes Singen oder auch indischer Tanz wollen musikalische Brücken bauen zwischen verschiedensten Kulturen. «Musik ist mehr als ‹ein Stil’ – jenseits der musikalischen Stilgrenzen, welche die Gemüter und Milieus oft radikal trennen, gibt es musikalische Qualitäten, die verbinden», sagt Marc Fitze, Organist an der Heiliggeistkirche und Initiator des Festivals. «Wir wollen zeigen, dass Kulturen über die Migration seit Jahrhunderten miteinander verbunden und mittlerweile auch in Bern zuhause sind.» An der weit verbreiteten Harmonium– und Harmonica-Instrumentenfamilie lasse sich das optimal aufzeigen. Fitze: «Das Schwyzerörgeli hat seine Wurzeln in China, und das Bandoneon das Markenzeichen des argentinischen Tangos – wurde in Deutschland erfunden

Tradition trifft auf experimentelle Performance

Es gehe nicht um ein museales Festival zur Instrumentenkunde, sagt Marc Fitze. «Im Gegenteil: Wir schaffen einen Begegnungsraum für alle. Die künstlerische Leistung und die jeweilige aktuelle musikalische Kultur stehen im Zentrum.« Dabei treffen sich traditionelle Spielweisen und experimentelle Peformance zu einem neuen Miteinander. Begleitet von Film, Bildern und Tanz soll die Stil-Vielfalt der Harmonium– und Harmonica-Familie einem breiten regionalen und auch internationalen Publikum präsentiert werden.

Die ausländischen Gastmusiker sind laut Fitze allesamt tonangebende Vorreiter ihres Fachs. So wird etwa der Gewinner des Latin Grammy, Antonio Serrano, in seiner «One-Man-Show» gleichzeitig auf seiner Mundharmonika spielen und sich selber auf dem Piano begleiten. Musik von Bach steht dabei ebenso auf dem Programm wie Jazz und Flamenco.

Europäische Barockmusik mit chinesischem Sheng

Mit einem ersten musikalischen Höhepunkt werde das Festival am 1. Juni eröffnet, verrät Marc Fitze: «Wu Wei, der Meister der 3000 Jahre alten chinesischen Mundorgel ‹Sheng’ ist durch seine zahlreichen Uraufführungen von Solokonzerten mit den Berliner Philharmonikern und mit anderen grossen Orchestern bekannt geworden. In Bern wird er zwei Uraufführungen für Sheng mit traditioneller chinesischer Musik und europäischer Barockmusik verbinden.» Anschliessend entführt Werner Aeschbacher aus Bleienbach mit seinen Schweizer Örgeli auf eine virtuose musikalische Reise in verschiedenste Klänge der Welt und bringt dabei das Grundthema des Festivals «Polyphonie der Kulturen» auf den Punkt.

Organisiert wird das Festival von der offenen kirche in Kooperation mit der Kirchgemeinde Heiliggeist und Konzert Theater Bern. Die Veranstaltungen finden in der Heiliggeistkirche Bern, im Kubus von Konzert Theater Bern auf dem Waisenhausplatz, in der Französischen Kirche Bern und im Hotel Hapimag Interlaken statt.

Mit Ausnahme der beiden Konzerte des Berner Kammerchors ist der Eintritt für alle Veranstaltungen frei, mit Kollekte am Ausgang.

Mission, Reisen, Migration und Flucht spiegeln sich auch in der Entwicklung von Instrumenten: So hat der französische Missionar Père Amiot 1776 chinesische Shengs aus China nach Paris gebracht, was die Erfindung des Harmoniums, der Mundharmonika und nicht zuletzt auch der Schweizer Handorgeln bewirkte. Diese Instrumente wiederum prägten die Musik in der neuen Welt, etwa den Tango.

Kasten:

Am Flüchtlingstag werden gleich zwei Werke zum Thema «Flucht» erstmals aufgeführt. Im Oratorium «Flucht» des ägyptischen Komponisten Wael Sami Elkholy werden Frauen und Religionskriege mit der historischen Figur der Hypatia in Verbindung gebracht. Als zweites Werk wird das Oratorium «La fuite en Egypte” von Albert Alain aus dem Jahr 1937 erstmals in der Schweiz aufgeführt.

Samstag, 18. Juni 2016, 17 Uhr, Heiliggeistkirche Bern

Festival-Eröffnung: Chinesisches Sheng trifft Schwyzerörgeli

Konzert mit Wu Wei, Sheng (Shanghai)

Die chinesische Mundorgel «Sheng» ist heutzutage ausserhalb Chinas vor allem bekannt durch den Virtuosen Wu Wei. Als Solist tritt er regelmässig mit den Berliner Philharmonikern, dem BBC Symphony Orchestra, NDR-Sinfonieorchester, Los Angeles Philharmonic und vielen anderen auf. Mit seiner Offenheit gegenüber modernen Kompositions- und Spieltechniken hat er dem 3000 Jahre alten Instrument Sheng neue Einsatzmöglichkeiten im Konzertleben eröffnet.

Wu Wei, Sheng und Marc Fitze, Truhenorgel, spielen ein Programm, welches klassische chinesische Werke und europäische Barockmusik miteinander verbindet.

Mittwoch, 1. Juni 2016, 19.00 Heiliggeistkirche und um 22.00 Uhr im Kubus Konzert Theater Bern

Werner Aeschbacher, diverse CH-Örgeli

Frei im Kopf und musikalisch gern auf Reisen: Werner Aeschbacher erkundet mit seiner Örgeli-Sammlung locker klangliche Welten. Mit seinen Bärner– und Langnauer Örgeli, dem Schwyzer- und einem Stöpselbassörgeli geht die Reise vom Emmental aus in Calypso-Gefilde der Karibik, in die US-Südstaaten, nach Argentinien und in den Süden Europas. Das Grundthema des Festivals «Polyphonie der Kulturen» scheint im ersten Schweizer Beitrag von Werner Aeschbacher bereits voll auf.

Mittwoch, 1. Juni 2016, 19.00 Heiliggeistkirche Bern, gleich anschliessend an das Konzert von Wu Wei

Offene Kirche Heiliggeistkirche, Bern
26. Mai 2016 | 15:46