Mehrere Interpellationen weisen auf Lücken im Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative hin

Medienmitteilung

In der soeben zu Ende gegangenen Wintersession haben Mitglieder des parlamentarischen Netzwerks «Unternehmen und Menschenrechte» aus drei Parteien und beiden eidgenössischen Räten auf bedeutende Lücken im Gegenvorschlage zur Konzernverantwortungsinitiative hingewiesen.

Seit der Sommersession 2021 verfolgt eine überparteiliche Gruppe von Parlamentarierinnen und Parlamentariern das Thema Konzernverantwortung. Das parlamentarische Netzwerk «Unternehmen und Menschenrechte» hört Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland an, besprach die Rechtsentwicklungen im europäischen Umfeld und beobachtet die Umsetzung des Gegenvorschlags.

In der Wintersession wurden nun vier Interpellationen eingereicht; drei im Nationalrat und eine im Ständerat. Corina Gredig (GLP/ZH) will vom Bundesrat wissen, wie er die kürzlichen Rechtsentwicklungen in Deutschland, Frankreich, Norwegen und der EU einschätzt und wie er sicherstellen will, dass Schweizer Unternehmen kein Reputationsschaden entsteht, falls die Schweiz nicht mit diesen Anpassungen mitzieht.

Martin Landolt (die Mitte/GL) weist auf eine der offensichtlichsten Lücken im Gegenvorschlag hin: Für vier Konfliktmineralien gelten Sorgfaltsprüfungspflichten, für Kobalt aber nicht, obwohl dessen Abbau oft mit Menschenrechtsverletzung und Umweltzerstörung einher geht und ungeachtet der Tatsache, dass Kobalt oft über die Schweiz gehandelt wird und einer der Marktführer seinen Sitz hier hat.

Im Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative fehlen griffige Regeln zu Umweltaspekten komplett: Zwar muss unter Umständen darüber berichtet werden, Sorgfaltsprüfungspflichten gibt es aber keine – abgesehen davon, dass der die vorgesehen, beschränkten Pflichten nicht wirksam durchsetzt. Sibel Arslan (Grüne/BS) bittet den Bundesrat daher um eine Einschätzung zur neuen Entwaldungs-Verordnung der EU, die für Schweizer Unternehmen ein Wettbewerbsnachteil bedeuten könnte, wenn die Schweiz nicht ähnliche Regeln erlässt.

Ständerätin Lisa Mazzone (Grüne/GE) weist auf mehrere Probleme im Zusammenhang mit Gold hin. In der Vernehmlassung zur Umsetzungsverordnung forderte selbst der Verband der Verband der Edelmetall-Fabrikanten und -Händler (ASFCMP), dass die Sorgfaltspflichten bei Gold ab einer Einfuhrmenge von null Gramm gelten sollte, was der Bundesrat nicht übernahm. Ausserdem gibt es Lücken beim Recycling-Gold und es ist unklar, wie die Sorgfaltspflichten des Gegenvorschlags zu den Sorgfaltspflichten nach der Edelmetallkontrollverordnung (EMKV) stehen.

In den Antworten auf diese Vorstösse wird sich zeigen, ob der Bundesrat bereit ist sein Versprechen aus dem Abstimmungskampf einzuhalten, und die Konzernverantwortung international abgestimmt regeln will. Die internationalen Rechtsentwicklungen deuten aktuell darauf hin, dass die Schweiz bald das einzige Land ohne griffiges Konzernverantwortungsgesetz in Europa sein wird.

Liste der Vorstösse:

  • Interpellation Corina Gredig (GLP/ZH), Konzernverantwortung in Europa: Wird die Schweiz abgehängt? (Geschäftsnummer 21.4431)
  • Interpellation Martin Landolt (Die Mitte/GL), Konfliktmineralien: Wie garantiert die Schweiz saubere Elektrobatterien? (Geschäftsnummer 21.4432)
  • Interpellation Sibel Arslan (Grüne/BS), Konzernverantwortung heisst auch Entwaldung stoppen (Geschäftsnummer 21.4481)
  • Interpellation Lisa Mazzone (Grüne/GE), Devoir de diligence pour l’or : combler les lacunes (Geschäftsnummer 21.4655)
Parl. Netzwerk "Unternehmen und Menschenrechte"
23. Dezember 2021 | 10:50