Frauen gegen Konzernverantwortungsinitiative (KVI): Offener Brief an die Kirchen

Die Kirchen geben sich derzeit aktiv in die Politik ein. Es ist richtig, dass sie sich Gehör verschaffen und für ihre Werte einstehen. Es ist richtig, dass sich die Kirchen für den Schutz der Schöpfung, für mehr Menschlichkeit und für eine gerechtere Teilhabe an der globalen Wirtschaft einsetzen. Die Mitglieder der Kirche sind Teil dieser Grundsätze. Deshalb sollten die Kirchen ihren Gläubigen klar zu verstehen geben, dass es verschiedene Wege gibt, für eine gerechtere Welt einzustehen und keine Triage in gute und weniger gute Christinnen und Christen vorzunehmen.

Die Ziele der Konzernverantwortungsinitiative, Menschenrechte und Umwelt zu schützen, sind gut. Gleichwohl gibt es verschiedene Vorschläge, wie sie erreicht werden können. Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments haben nach eingehender Prüfung der Initiative klar festgestellt, dass der darin vorgeschlagene Weg unrealistisch ist und den beabsichtigen Zielen gar entgegenläuft. Deshalb stellen sie der Initiative einen konkreten Gegenvorschlag gegenüber. 

Mit ihrer einseitigen Parteinahme, der teuren kirchlichen Kampagne und der Mission von der Kanzel für die Initiative vermitteln die Kirchen derweil den Eindruck, dass es nur einen einzigen Weg gäbe, christliche Grundsätze zu verwirklichen. Damit wird klar suggeriert, dass Kirchenmitglieder, welche die Initiative ablehnen und damit den Gegenvorschlag unterstützen, ein unethischeres Weltbild haben oder gar weniger gute Christinnen und Christen seien. Dass man in der Öffentlichkeit deswegen gar angeprangert wird, gehört dazu.

Das ist bedenklich, gerade auch für uns Frauen. Deshalb halten wir klar fest: Es ist nicht der Auftrag der Kirche als Institution, aufwändige und teure politische Kampagnen zu organisieren, in welcher die einen Gläubigen gegen die anderen ausgespielt und in ihrem Namen verunglimpft werden wie beispielsweise Bundesrätin Karin Keller-Sutter. 

Mitarbeitende der Kirche sind Staatsbürgerinnen und Staatsbürger wie alle, sie dürfen sich äussern. Wir protestieren jedoch gegen die politische Stellungnahme von der Kanzel im Namen der Institution Kirche, welche wir schliesslich alle tragen. Die Kirche als Institution ist keine politische Partei, sondern eine Gemeinschaft von Gläubigen. Sie soll vereinen und nicht spalten.

Wir verwehren uns gegen die Botschaft der Kirche, in deren Namen die Kampagne geführt wird und die Triage in «gute» und «weniger gute» Christinnen. Wir protestieren gegen Verunglimpfungen von Kampagnengegnerinnen.

Wir verwehren uns gegen die Sichtweise der Kirchen, welche alle unsere Schweizer Unternehmen mit ausländischer Tätigkeit unter Generalverdacht stellt, sie würden im Ausland notorisch Menschen- und Umweltrechte verletzten. Wir verlangen eine differenzierte Betrachtungsweise.

Unsere Wirtschaft, unsere Unternehmen mit den Arbeitsplätzen sind Teil unserer Gesellschaft. Getragen wird sie von allen Menschen. Wir wollen nicht, dass gerade auch kleine und mittlere Unternehmen ohne Verschulden in aufwändige Verfahren verwickelt werden. 

Wir freuen uns auf Ihre Stellungnahme und grüssen freundlich,

Christliche Frauen aus der ganzen Schweiz 

Béatrice Acklin Zimmermann Dr. habil., FDP Stadträtin Freiburg | Céline Amaudruz Nationalrätin SVP GE und Vizepräsidentin der SVP CH | Laetitia Bettex Präsidentin GLP Morges | Marianne Binder Nationalrätin und Präsidentin CVP AG | Brigitte Breisacher Unternehmerin | Christine Bulliard-Marbach Nationalrätin CVP FR | Barla Cahannes Präsidentin Spitex Chur | Isabelle Chevalley Nationalrätin GLP | Simone de Montmollin Nationalrätin FDP GE | Ida Derungs ehemalige Standespräsidentin GR, Chur | Esther Friedli Nationalrätin SVP SG | Johanna Gapany Ständerätin FDP FR | Andrea Geissbühler Nationalrätin SVP BE | Ida Glanzmann-Hunkeler Nationalrätin CVP LU und Vizepräsidentin CVP CH | Andrea Gmür-Schönenberger Ständerätin CVP und Fraktionspräsidentin Mitte-Fraktion | Petra Gössi Nationalrätin SZ und Präsidentin FDP CH | Verena Herzog Nationalrätin SVP TG | Ruth Humbel Nationalrätin CVP AG | Marion Klein Unternehmerin | Anna Katharina Laederach Headhunterin | Sandra Maissen Dr. iur., des. Stadträtin Chur | Christa Markwalder Nationalrätin FDP BE | Trudy Morel-Neuhaus FDP Stadträtin Freiburg | Alexandra Perina-Werz MA rel. int., Mitglied CVP Bern | Maja Riniker Nationalrätin FDP AG | Monika Rüegger Nationalrätin SVP OW | Regine Sauter Nationalrätin FDP ZH | Therese Schläpfer Nationalrätin SVP ZH | Diel Schmid Meyer Dr. iur., Vizepräsidentin der CVP Stadt Luzern | Elisabeth Schneider-Schneiter Nationalrätin CVP BL | Eleonora Schneuwly-Aschwanden FDP Stadträtin Freiburg | Barbara Steinemann Nationalrätin SVP ZH | Nadja Umbricht Pieren Nationalrätin SVP BE | Susanne Vincenz-Stauffacher Nationalrätin FDP SG und Präsidentin der FDP Frauen | Elisabeth Zwicky Mosimann Präsidentin FDP Frauen St. Gallen

Gastbeitrag
7. November 2020 | 00:01