„Welche Kirche tut Familien gut?“ - Tagung des Pastoralinstituts der Theologischen Hochschule Chur

Familie ist, wo man nicht hinausgeworfen wird…

50 Seelsorgerinnen und Seelsorger aus allen Deutschschweizer Bistümern waren am Donnerstag, den 15.02.2018 der Einladung des Pastoralinstituts (PI) der Theologischen Hochschule Chur ins Centrum 66 nach Zürich gefolgt. Angestossen durch das Nachsynodale Schreiben Amoris Laetitia von Papst Franziskus stand die PI-Jahrestagung unter dem Motto «Welche Kirche tut Familien gut?». Dabei wurden mit Impulsen und Workshops die aktuellen Herausforderungen der Familienpastoral beleuchtet.

Eröffnet wurde die Jahrestagung von der geschäftsführenden PI-Leitung Prof. Birgit Jeggle-Merz. Sie zitierte Luis Antonio Tagle, den Kardinal von Manila und Präsident der Bischofssynoden 2014 und 2015, der einmal gesagt hatte: «Die Familien sind nicht dazu da, der Kirche zu gefallen. Sondern die Kirche ist für die Familien da». Im Anschluss an Tagle wies sie auf das Phänomen hin, dass jede Familie sichtbare und unsichtbare Wunden habe und es die Aufgabe der Kirche sei, diese Wunden zu heilen, statt Schuld für die Verletzungen zuzuweisen.

Die Jahrestagung wurde charmant moderiert von Mary-Claude Lottenbach (Pastoralassistentin in Schwyz) und Andreas Berlinger (Pastoralassistent in Richterswil), die zunächst das Referenten-Tandem Thomas Binotto (Zürich) und Christoph Wick (St. Gallen) vorstellten.

Anhand von Ausschnitten der netflix-Sitcom «modern family» nahm der Theologe und Filmjournalist Thomas Binotto die Teilnehmenden mit in den «ganz normalen Wahnsinn» filmischer Familiensituationen. Es gelang ihm auf äusserst spannende und humorvolle Weise zu zeigen, wie das Thema Familie im Film dargestellt wird. In vielen Szenen, die das Publikum im Saal übrigens mit schallendem Lachen kommentierte, zeigte sich, wie eine Sitcom den Zuschauerinnen und Zuschauer durch Übertreibung einen Spiegel für die eigene Familien-Erfahrung vorhält. Christoph Wick kommentierte die Szenen sehr gekonnt aus seiner der Erfahrung bei der Kinder- und Jugendhilfe, die im anschliessenden Erzählcafé nochmals reflektiert wurden.

Acht verschiedene Workshops vertieften am Nachmittag die im Film angeschnittenen Familien-Themen: Religionspädagogin Melanie Wakefield (Zürich) erläuterte, was sich hinter dem Konzept der «Intergenerationellen Katechese» verbirgt, der Religionspädagoge Christian Cebulj (Chur) zeigte die Chancen und Grenzen einer «Familienbiografischen Katechese» auf. Madeleine WinterhalterHäuptle und Matthias KollerFilliger (St. Gallen) berichteten von ihren Erfahrungen in der Fachstelle Partnerschaft-Ehe-Familie, die Neutestamentlerin Hildegard Scherer (Chur) bot einen Querschnitt durch Familienbilder in der Bibel. Die Kirchenmusikerin Ruth MoryWigger (Engelberg) und die Liturgiewissenschaftlerin Birgit JeggleMerz (Chur) boten Möglichkeiten der Gestaltung von Familiengottesdiensten an. In einem weiteren Workshop las die Journalistin Christian Caprez (Zürich) aus ihrem Buch «Familienbande», begleitet vom Pastoraltheologen Manfred Belok (Chur). Der Bündner Ständerat Stefan Engler (Surava) fragte nach politischen Möglichkeiten, wie Familien gestärkt werden können. Auch die geistl. Gemeinschaft Chemin-Neuf bot einen Workshop an und lud zu Familienangeboten ins Kloster Bethanien OW ein.

Insgesamt machte die Jahrestagung 2018 des Pastoralinstituts der THC auf allen Ebenen deutlich, wie wichtig es ist, Familien als Lernorte des Glaubens zu stärken. «Familienorientierung» hiess daher das entscheidende Stichwort der Tagung. Auch wenn landauf landab schon viel Gutes geschieht, die Teilnehmenden waren sich einig, dass eine erneuerte Familienorientierung die Seelsorge und das pastorale Handeln in Pfarreien und Bistümern künftig noch stärker prägen muss.

Eine mögliche Antwort auf die Tagungsfrage «Welche Kirche tut Familien gut?» lautete deshalb: Eine Kirche, die Familien unterstützt und sowohl menschliche Beziehungen als auch religiöse Erfahrungen ermöglicht. Wenn Kirche so handelt, dann ist sie ganz bei ihrer Ursprungsaufgabe, denn der Glaube wird personal übertragen. Es geht also nicht um eine Vergötterung der Familie, sondern um das Ernstnehmen ihres Alltags mit all seinen Chancen und Begrenztheiten. Darin zeigt sich am ehesten, wie sehr die Menschenfreundlichkeit Gottes Familien gut tun kann.

 

 

«Welche Kirche tut Familien gut?» – Tagung des Pastoralinstituts der Theologischen Hochschule Chur | © zVg
Theologische Hochschule Chur
23. Februar 2018 | 15:40