Die Stimmen katholischer (Ordens)Frauen in Rom

Medienmitteilung

Mit dem Ziel, die Stimmen katholischer Ordensfrauen weltweit zu Gehör zu bringen und ihre Erfahrungen mit einer männlich geprägten Kirchenhierarchie auszutauschen, machte sich am 30. -September 2019 eine Gruppe von sieben Fahrer Schwestern, vier weiteren Ordensfrauen anderer Gemeinschaften sowie engagierter Frauen und Männer auf den Weg nach Rom. Das Ziel war die von Voices of faith, in Person von Chantal Götz und ihrem Team, organisierte Veranstaltung «Und Sie Schwester, was sagen Sie?» im Rahmen der «#overcomingsilence»-Kampagne. Mit dieser setzt sich die Organisation für das Wahlrecht von Ordensfrauen auf Synoden ein.

Nach dem Reisesegen und einem herzlichen Abschied durch den im Fahr bleibenden Teil des Konvents begann die Busfahrt Richtung Italien. Neben dem gegenseitigen Kennenlernen der Gruppe wurde diese auch für die geistliche und geistige Einstimmung auf das Thema genutzt. Sr. Sabine Lustenberger, Kloster St. Klara, Stans und Sr. Beatrice Kohler, Baldegg/Hertenstein sorgten mit Liedern, Texten und Gebeten für geistliche Impulse. Im Mittagsgebet wurde uns die Predigt von Priorin Irene Gassmann vorgelesen, die sie zeitgleich in der Kathedrale Solothurn zum Hochfest der heiligen Urs und Viktor hielt. Diese befasste sich mit der Überlegung, dass Hoffnung, wenn sie kein Risiko eingeht, nicht wirklich Hoffnung ist. Die besondere Rolle, die Orden in den Wandlungsprozessen der Kirche spielen können, da sie schon gelernt haben, lange bewährte Institutionen und Strukturen aufzugeben und dabei Ritualkompetenz zu entwickeln, hörten wir in Auszügen aus dem Buch «Kirche reformiere dich: Anstöße aus dem Orden.» Sr. Ingrid Grave, Ilanz gab Anregungen zu biblischen Frauen aus ihrem eigenen besonderen Blickwinkel.

Katharina Stockmann und Walter Schweizer kümmerten sich während der gesamten Reise um das leibliche Wohl der Gruppe und sorgten dafür, dass alle immer rechtzeitig zum richtigen Ort ankamen. Die Übernachtung im Kloster Monte Oliveto gab uns die Gelegenheit die toskanische Landschaft, besonders die einzigartigen «Crete Senesi», zu bewundern. Nach kurzer Fahrt erreichten wir am nächsten Tag Rom und trafen dort auf Priorin Irene und die anderen Ordensfrauen aus aller Welt, die an der Veranstaltung teilnahmen. Abends erlebten wir den ersten Höhepunkt unserer Reise: im «Stampa Estera», im Nervenzentrum der internationalen Presse in Rom, gab es eine Pressekonferenz mit Journalist*innen der ARD, KNA, New York Times sowie aus Argentinien und den Niederlanden.

Zunächst erklärte Zuzanna Flisowska, die General Managerin von Voices of faith in Rom, warum die (Ordens)frauen sich in Rom versammelt haben: sie haben auf Synoden wie der jetzt anstehenden Amazonassynode kein Stimmrecht, obwohl nicht-geweihte Ordensmänner seit 2015 abstimmen dürfen. Die Frauen sähen im passiven Schweigen keine Option mehr und forderten daher das Ende dieser Diskriminierung. Kate McElwee von der Women`s Ordination Conference, beschrieb die Wurzel des Problems liege darin, dass vieles hinter geschlossen Türen verhandelt werde.  Deborah Rose-Milavec von Futurechurch erzählte, dass sie mit ihrer Unterschriftenaktion schon 10.000 Stimmen weltweit gesammelt hätten. Es sei wichtig, ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen, denn auch vielen Bischöfe wäre der Sachverhalt unbekannt. Paola Lazzarini von Donne per la iglesia erzählte, dass die italienischen Frauen einen Brief an die Bischöfe mit der Forderung nach dem Stimmrecht verfasst hätten: darin verwiesen sie auf das Vorabdokument der Synode, in dem Frauen als fundamental für die Kirche beschrieben würden. Die Antwort lautete: es sei zu spät, um die Regelungen noch zu ändern.

Priorin Irene betonte, dass es beides brauche: die Aktionen, in denen Dinge benannt und Veränderung gefordert werde sowie das Gebet. Anwältin Sr. Simone Campbell meinte, die Synode habe ihr Ziel verfehlt, wenn sie das Leben in Christus vor Ort verbessern wolle, aber die Frauen nicht gleichberechtigt einbeziehe. Diese Frage interessiere nicht nur Frauen in Europa und Amerika, sondern auch in Asien und in Indien.

Am nächsten Morgen stand die Papstaudienz auf dem Programm. Davor wurde der Petersplatz zum Hintergrund einer Fotoaktion, bei der die Schwestern ihre orange leuchtenden Umhänge mit dem Schriftzug «#votesforcatholicwomen» präsentierten und damit die Aufmerksamkeit so mancher Passanten erregten. Mittags hatten die Schwestern aus der Schweiz ein Gespräch mit Kardinal Kurt Koch. Danach wurde es wieder benediktinisch: die Gruppe wurde nachmittags vom Prior, P. Mauritius Wilde OSB in San Anselmo empfangen. Spontan kam es abends zu einem Gebets-Aktions-Event: die Gruppe versammelte sich vor dem Gebäude, in dem die Vorbereitungen für die Amazonassynode stattfinden, und projizierte ihren Slogan an die dortige Tür. McElwee erklärte das Anliegen der Frauen und anschließend trug Priorin Irene Teile des Donnerstagsgebet vor, auf das die Gruppe mit «Kyrie Eleison»-Gesängen antwortete und die Aktion mit einem «Salve Regina» beendete.

Der mit Spannung erwartete Donnerstag begann mit einem Gottesdienst mit Bischof Felix Gmür. Danach ging es zu Fuß zum «event»! Im hinteren Teil der Bibliothek von Valleceliana saßen in kleinen Kabinen Simultanübersetzerinnen. So konnten nicht nur die Anwesenden im Saal, sondern auch die im Fahr versammelten Schwestern und andere Interessierte live die Beiträge mitverfolgen.

Sr. Simone Campell erklärte, dass die Geschenke des Geistes, nämlich die Berufungen aller zu verschiedensten Charismen überall gegenwärtig seien und die Schwestern die Kirchenleitung darauf hinweisen sollten. Wo immer weibliche Intelligenz integriert werde, blühe ein System auf. Gerade in diesen krisengeschüttelten Zeiten könne die Kirche das gut gebrauchen. Sr. Anne Beatrice Faye CIC erzählte von ihren Erfahrungen im Kongo, wo eine Kirche des Friedens und der Versöhnung ohne Frauen nicht denkbar sei. Im Gespräch mit Regula Grünenfelder befand Bischof Felix die Stimmrechtsregelung als ungerecht und forderte die Frauen auf, sich einzubringen. Priorin Irene beschrieb ihre Vision, dass Ordensfrauen Wegbereiterinnen und Klöster Experimentierfelder sein könnten. Doris Wagner griff die Forderung einiger Theologen auf, dass die Kirche eine neue Konstitution brauche, die auch die Laien miteinbezieht und ein unabhängiges kirchliches Gericht vorsehe. Sr. Shalini Mulackal benannte als Problem das ungleiche Machtverhältnis zwischen Klerikern und Ordensfrauen. So habe ein Bischof sich geweigert, die Ordensprofess von Schwestern ihrer Gemeinschaft im Sari entgegenzunehmen, obwohl das den Forderungen des Zweiten Vatikanums nach Inkulturation widerspreche.

Während die Veranstalterinnen und Referentinnen am nächsten Morgen in einer Auswertungsrunde nächste mögliche Schritte besprachen, besuchte der Rest der Gruppe die beeindruckenden Katakomben. Nachmittags ging es zu St. Maria Maggiore und zum Abschluss zu Santa Pressede mit dem geheimnisvollen Mosaik der «Bischöfin Theodora». Am Samstag begann in aller Frühe der Heimweg. Verbunden durch die intensiven Tage waren sich alle einig, dass sie auf dem Weg «Schritt für Schritt» miteinander weitergehen möchten.

Judith Samson

Kloster Fahr
7. Oktober 2019 | 14:29