Sherazade Houshmand, muslimische Theologin aus dem Iran, und der katholische Theologe Michel Vandeleene aus Belgien
Schweiz

Christen und Muslime im Dialog: «Der wahre Glaube ist nie gewalttätig»

Lausanne, 1.3.15 (kath.ch) Terrorismus ist die Frucht von Unwissenheit und mangelnder dialogfähiger Identität, wurde an der interreligiösen Tagung vom 23. Februar in Lausanne erklärt. Deshalb tauschten Muslime und Christen über die tiefsten Quellen ihrer Religion aus.

Brigitte Delarzes*

«Salam Alikoum, die Liebe Gottes sei mit allen», so begrüsste Sherazade Houshmand, muslimische Theologin aus dem Iran, die Anwesenden. Sie war nebst dem katholischen Theologen Michel Vandeleene aus Belgien Hauptreferentin an dieser Tagung, die von verschiedenen Organisationen gemeinsam durchgeführt wurde: von «Moslems und Christen für Dialog und Freundschaft» des Kantons Waadt (MCDA), der islamisch kulturellen Vereinigung d’Ahl-el-Bayt von Genf, der waadtländischen Union der muslimischen Vereinigungen, in Zusammenarbeit mit der Fokolar-Bewegung.

Die goldene Regel

Die Fokolar-Bewegung führt seit mehreren Jahren interreligiöse Tagungen durch und fördert den «Dialog des Lebens», konkrete Beziehungen unter Menschen verschiedener Religionen im Alltag. Die Grundlage dieses Dialoges ist die gemeinschaftliche Spiritualität der Fokolar-Bewegung, besonders deren zentraler Punkt: die christliche Liebe. Sie findet in der goldenen Regel ein Echo in den anderen Religionen und Kulturen: «Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest». «Durch die Anwendung der goldenen Regel entsteht ein fruchtbarer Dialog», unterstreicht Luzia Wehrle, Vertreterin der Fokolar-Bewegung. Der belgische katholische Theologe Michel Vandeleene führte aus, wo er diese Quelle der unendlichen und persönlichen Liebe Gottes für jeden Einzelnen findet: im Gebet, im Wort Gottes, in der Eucharistie sowie im Nächsten. Dort zeigt sich Gott und lässt sich erfahren in der gegenseitigen Liebe.

Mein Gott ist schön und gut

«Mein Gott ist schön und gut und er will alles mit dem Menschen teilen» erklärte Sherazade Houshmand anhand von Koranversen. Sie besitzt als einzige muslimische Frau in Italien zwei Doktortitel: in islamischer Theologie (Universität Teheran) und in katholischer Theologie (Lateran-Universität Rom). Aktuell unterrichtet die Professorin an zwei römischen Hochschulen. Die Koranverse geben 99 Namen von Allah wieder, führte Housmand aus: Er ist ein Freund, ein Führer, eine Stütze, ein Licht, er ist der, der nährt… Er ist auch ein der Wahrheit naher Gott, der auf den Ruf von dem, der ihn anfleht, antwortet. 113-mal wird gesagt, dass Gott die Fülle der Liebe ist. «Wir vergessen, dass er Liebe ist. Was sagen wir also zur weit verbreiteten Gewalt in der Welt und zum Terrorismus? Sie sind die Frucht der Unwissenheit, der Armut und des Unwohlseins», bekräftigte Sherazad Housmand.

Gegen die Unwissenheit kämpfen

Dies wurde auch von einem der Organisatoren der Tagung unterstrichen, Hassan Tairov. Er ist dafür, den Fanatismus zu bekämpfen, indem man gegen die Unwissenheit vorgeht und die muslimische Kultur fördert, um besonders jungen Moslems zu einer positiven, dialogfähigen Identität zu verhelfen. Denn die Gewalt in Frankreich existiere aufgrund der verloren gegangenen Identität. Zum Schluss meinte er: «Haltet euch an Allah und seid nicht uneins unter den verschiedenen muslimischen Gemeinschaften. Der grösste Feind ist unsere eigene Unwissenheit». Ein muslimischer Teilnehmer meinte zum Schluss: «Wir sind alle Träger dieses göttlichen Atems, den Adam erhalten hat. Dieser Tag der Reflexion hat allen erlaubt, Aspekte der Religion des andern zu entdecken und sich bereichert zu fühlen». (cath.ch)

* Brigitte Delarzes ist Mitglied der Fokolar-Bewegung

 

Sherazade Houshmand, muslimische Theologin aus dem Iran, und der katholische Theologe Michel Vandeleene aus Belgien | © 2015 Brigitte Deslarzes
1. März 2015 | 10:00
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