Christen sollen sich in die Politik einmischen, fordert Kirchenvertreter

Mülheim/Ruhr, 17.1.17 (kath.ch) Der Ratsvorsitzend (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm, ermuntert die Christen zu politischem Engagement. Wer die Not von Menschen überwinden wolle, komme an der öffentlichen und politischen Dimension nicht vorbei, sagte er am Montag in Mülheim an der Ruhr beim Jahresempfang des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck.Bedford-Strohm erhielt 2016 in Luzern den Herbert-Haag-Preis überreicht.

«Wer fromm ist, muss auch politisch sein», so der bayerische Landesbischof. Deswegen müsse man sich Gedanken machen, welche Wirtschaft dem Menschen diene, statt ihn «unter Zahlen und Gewinnmaximierungen» verschwinden zu lassen. Weiter gehe es darum, allen Menschen weltweit ein Leben in Würde zu ermöglichen. Mit der Natur sei so umzugehen, dass auch künftige Generationen noch eine lebenswerte Umwelt vorfinden. Auch stelle sich die Frage, wie Konflikte zu behandeln seien, «dass nicht der vorschnelle Rückgriff auf Bomben und Gewehre» Versuche gewaltfreier Konfliktlösungen «ablöst und überlagert».

Leidenschaftliches Engagement gefordert

An die Christen appellierte Bedford-Strohm, sich in die Politik einzumischen. «Geht in die Parteien und helft mit, dass keine kleinkarierten parteipolitischen Streitereien die politische Szene beherrschen.» Vielmehr gehe es um «ehrliches und leidenschaftliches Engagement für die Grundorientierung und deren Umsetzung in der politischen Praxis», sagte der Bischof in seinem Vortrag zum Thema «Authentisch und öffentlich – Kirche auf dem Weg in die Zukunft».

2017 sei «ein Jahr der Hoffnung für die Ökumene», so der EKD-Chef. Schon jetzt hätten die Kirchen begonnen, das Reformationsjubiläums- und Gedenkjahr als grosses Christusfest gemeinsam zu feiern, hob Bedford-Strohm hervor. Wo die Christen ihre «Konfessionen lieben», wo sie «authentisch» evangelisch oder katholisch seien, müssten sie auch eine ökumenische Sehnsucht im Herzen haben. Denn da sei kein katholischer, evangelischer oder orthodoxer Jesus Christus, «sondern der eine Herr», so der Landesbischof vor rund 500 Gästen in der katholischen Akademie «Die Wolfsburg».

Einheit ist mehr als eine Organisationsform

Zuvor hatte Essens Bischof Overbeck die Bedeutung einer theologischen Ökumene hervorgehoben. Begegnungen und andere «praktische Wege der Ökumene» seien hilfreich, um zu erkennen, was die Konfessionen verbinde, sagte er in seiner Begrüssung. «Aber wir wissen auch, dass die Ökumene des Alltags, die in vielfacher Weise vorangeschritten ist, die Ökumene in den noch nicht gelösten Fragen weiterhin braucht.»

Die Geduld des theologischen Denkens sei nicht überflüssig, wenn es um wesentliche Fragen des Kirchen- und Glaubensverständnisses gehe, sagte Overbeck an den EKD-Ratsvorsitzenden gewandt. Denn die sichtbare Einheit der sichtbaren Kirche sei mehr als eine blosse Organisationsform und brauche deshalb viel Tiefgang. (kna)

Heinrich Bedford-Strohm (links), Herbert Haag-Preisträger 2016 | © Vera Rüttimann
17. Januar 2017 | 11:02
Lesezeit: ca. 2 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!