Von der Erfahrung der Vergeblichkeit

Gedanken zum 5. Sonntag im Jahreskreis: 7. Februar 2016

Stephan Leimgruber*

«Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen» (Lk 5,5)

Nur zu gut kennen wir diese Erfahrung. Viel Einsatz – aber wenig bis kein Erfolg. Selbst die Nachtarbeit von Simon Petrus brachte keinen Fisch ins Netz. Müdigkeit und Enttäuschung machen sich breit, allenfalls Resignation. Aufwand und Bemühung waren umsonst, Leistung und Ertrag in krassem Missverhältnis!

Bei der Reaktion des Petrus auf diese Erfahrung der Vergeblichkeit kommen uns andere Personen in den Sinn, die Ähnliches hinter sich haben: Fleissige Studentinnen und Studenten, die beim Examen durchgefallen sind; Geschäftsleute, deren Produkte vom Publikum nicht angenommen werden; die ganze Tourismusbranche, die machen kann, was sie will, die Zahl der Touristen geht zurück; Leute in Bildung und Erziehung, die an ihrer Wirkung auf die nachwachsende Generation zweifeln; Forscherinnen und Forscher, die ein Projekt ausgearbeitet und eingereicht haben, das haushoch abgeschmettert wurde usw. Tage und Nächte vergeblichen Engagements und verlorener Liebesmüh. Was soll’s noch? Nicht zu vergessen das Personal im kirchlichen Dienst: Es hat zurzeit «fortlaufenden Erfolg» zumindest in unseren Breitengraden!

Da kommt dieser Wanderprediger Jesus daher und fordert Petrus zu diesem unsäglichen «Trotzdem» auf. Er möchte, dass er noch einmal seine Netze auswirft und von vorne beginnt. «Fahr hinaus auf den See. Dort werft eure Netze zum Fang aus!» – Muss denn das sein? Welchen Sinn hat das? – er zögert und willigt dann ein: «doch wenn Du es sagst» – auf Dein Wort hin wagen wir es nochmals. Eine letzte Chance!

Wir kennen den weiteren Verlauf der Geschichte. Die Herausforderung durch eine Erfahrung der Vergeblichkeit wurde angenommen. Und – welch eine Überraschung! Das Blatt drehte sich, eine Wende trat ein; es kam zum reichen, lohnenden Fischfang. Und: der Kleinmut ist gewichen, die Resignation verscheucht.

Von Martin Buber ist die Weisheit bekannt: «Erfolg ist kein Name Gottes» (Frankfurter Hefte 6, 1951, 195f.). Wie sehr denken wir in Kategorien der Nützlichkeit unseres Tuns. Wir möchten Wirkung erzielen, nicht Luft: Unser Handeln soll effizient sein, ökonomisch verrechenbar.

Wenn es uns gelingt, die Erfahrung der Vergeblichkeit auszuhalten, wenn wir sogar gespürte Nutzlosigkeit ertragen können und darob nicht irre werden, sondern an unseren Optionen flexibel festhalten, kann aus dem Geheimnisvollen und Verborgenen ein neues Licht aufgehen. Wenn wir nochmals von vorne beginnen, sind wir geistig und geistlich mit den Jüngern im Boot.

Zu neuer Gelassenheit finden, angetan mit dem Panzer der Hoffnung, basierend auf dem Fundament des Glaubens (vergleiche die Lesung dieses Sonntags aus dem 1. Brief an die Korinther, 15, 3-5) und uneigennützige Liebe im Blick, dann müssen unsere Pläne nicht für immer scheitern, sondern können unvorhergesehene Wenden nehmen, die wir niemals erwarten. Wir müssen uns dann nicht wie Petrus kleinmachen und uns als Sünder/in gerieren, denn dieser selbe Jesus ruft uns zu «Fürchtet euch nicht!» (Lukasevangelium 5,10) und: geht aufrechten Ganges weiter! Seid im guten Sinn «resilient» (abprallend), insofern ihr trotz misslichen Voraussetzungen und trotz schlechter Erfahrungen ein gutes Leben führt. (sl)

*Stephan Leimgruber ist Spiritual am Seminar St. Beat in Luzern und für die Theologinnen und Theologen in der Berufseinführung im Bistum Basel zuständig.

8. Januar 2016 | 17:25
Lesezeit: ca. 2 Min.
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