Blick auf die Kathedrale "Notre Dame" in der Altstadt von Sitten.
Schweiz

Ein anonymer Gott hat Platz in der Walliser Verfassung

Sitten, 14.11.18 (kath.ch) «Im Namen des allmächtigen Gottes!» Soll die künftige Walliser Verfassung so beginnen oder nicht? Ja, sagt der Walliser Priester Michel Salamolard in seinem Gastkommentar, solange Gott anonym bleibt.

Unter welche übergeordnete Instanz soll die künftige Walliser Verfassung gestellt werden? Für eine solche Position ist Gott wohl der beste Kandidat, solange er inkognito bleiben kann.

«Das wäre eine Diktatur der Zahlen.»

Einige mögen sagen, dass sie damit nicht einverstanden sind, weil es in einer Demokratie nur einen Souverän gibt, nämlich das Volk. Weder Gott noch einen anderen Meister. Aber die Menschen sind vielfältig, sie sind nicht einer Meinung. Die Verfassung wird für alle verbindlich sein, auch wenn eine Minderheit sie wahrscheinlich ablehnen wird. Es ist daher unmöglich, die höchste Autorität einer zahlenmässigen Mehrheit zu überlassen. Das wäre eine Diktatur der Zahlen.

Es sei denn, dieses Volk könnte sich auf eine höhere, transzendente Instanz berufen, in deren Namen es die Kühnheit hätte, sich zu äussern.

«Gott hat hier kein Gesicht und keinen Namen.»

Gott ist ein ausgezeichneter Kandidat für die Rolle dessen, der den Volkswillen schützt – solange seine Anonymität gewahrt bleibt. Gott hat hier kein Gesicht und keinen Namen. Er hat keine andere Sprache als die der Menschen. Ein anonymer Gott ist wie ein Horizont, nicht wie eine Grenze. Man kann ihn ebenso wenig erfassen wie den Horizont.

Wenn man die Verfassung unter diese Autorität stellt, so drückt man damit aus, dass sie heilig und unantastbar ist. Und gleichzeitig bekräftigt man damit die Souveränität des Volkes.

«Die Autorität wird mit ‹Gott› bezeichnet, aber nicht definiert.»

Die Wähler werden jedoch gut daran tun, nicht zunächst über die Erwähnung Gottes zu sprechen. Zuerst sollten sie die Werte und Prinzipien festhalten, die es verdienen, zu Beginn der Verfassung genannt zu werden. Danach werden sie entscheiden, ob sie diese Charta unter den Horizont einer letzten Autorität stellen wollen oder nicht. Einer Autorität, die mit dem Wort «Gott» bezeichnet, aber nicht definiert ist. (cath.ch/Übersetzung: sys)

Hinweis: Ein Gegenkommentar von Johan Rochel folgt am Donnerstag auf diesem Portal.

 

Blick auf die Kathedrale «Notre Dame» in der Altstadt von Sitten. | pixabay.com
14. November 2018 | 12:01
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