Kein Hahn kräht danach

Zürich, 18.8.17 (kath.ch) Durch das Geschrei des Hahns wurde Petrus bewusst, dass er Jesus soeben verleugnet hatte. Schreien bringt ein Geschehen ins Bewusstsein, macht es bedeutend. Das wissen auch Politiker und Medien. Weshalb sie sich dennoch manchmal mehr Hahnengeschrei wünscht, sagt Sylvia Stam in ihrer Kolumne zur Sommerserie «tierisch-heilig».

Ob die Redewendung wirklich biblisch ist, weiss nicht einmal der Duden mit Sicherheit. Dennoch denken viele christlich sozialisierte Zeitgenossen bei dieser Formulierung unweigerlich an die Stelle im Lukasevangelium, als Petrus den verhafteten Jesus dreimal hintereinander verleugnet: «Und alsbald, während er noch redete, krähte der Hahn», heisst es in Lukas 22,60. In diesem Moment erinnert sich Petrus an Jesu Worte: «Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.» (Lk 22, 61).

Durch das Geschrei des Hahns wurde Petrus bewusst, was er getan hatte. Wenn kein Hahn nach einer Sache kräht, wenn keiner in lautes Geschrei ausbricht, dann bleibt eine Sache unbedeutend. Geschrei vermittelt offensichtlich Bedeutung. Auch wer selber laut schreit, wird gehört. Ein Phänomen, das von Politikern, Parteien und Medien nur allzu gern genutzt wird. Etwa dann, wenn ein nationales Verhüllungsverbot gefordert wird, um gegen drei Burka tragende Frauen in der Schweiz vorzugehen. Oder wenn wochenlang darüber debattiert wird, ob Gott in der Nationalhymne vorkommen darf oder nicht. Wenn man nur laut genug schreit, wird etwas zum Thema.

So ärgerlich dies ist, wünschte ich mir dennoch manchmal mehr Hähne, die schreien würden. So wie die Tierschützer in Hegenhofen. Ich wünschte mir noch lauter schreiende Hähne in Libyen und Lampedusa, in Brüssel und in Bern.

Und ich wünschte mir Menschen, die Ohren haben, um den Hahnenschrei zu hören, wenn Hunderte von Menschen im Mittelmeer ertrinken. Menschen wie Petrus, von dem es nach dem Hahnenschrei heisst: «Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.» (sys)

 

Danach kräht kein Hahn. | © Natalie Fritz
18. August 2017 | 10:18
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