Kerzen
Schweiz

Aufatmen?

Zürich, 24.7.16 (kath.ch) Von einer «akuten Terrorlage» sprach die Münchner Polizei am Freitagabend nach der Schiesserei in einem Einkaufszenter. Am Samstagmorgen dann die Entwarnung: Es war ein Amokläufer und kein Terrorist. Das ist kein Grund zum Aufatmen, findet kath.ch-Redaktorin Sylvia Stam in ihrem Kommentar.

Nach einer langen Nacht des Schreckens kam am frühen Samstagmorgen die Entwarnung: Es war ein Amokläufer und kein Terrorist. Der Täter war vielleicht krank, aber nicht religiös radikalisiert. Die Welt, Europa, Deutschland atmet auf, und ich ertappe mich dabei, dass auch ich irgendwie erleichtert bin. Die Erleichterung hängt damit zusammen, dass es ein Einzeltäter war, der auch sich selbst umgebracht hatte, und dass keine Verbindung zu Terrororganisationen festgestellt werden konnte.

Aber ist das wirklich ein Grund, aufzuatmen? Müssten wir uns nicht vielmehr die Frage stellen, wie es dazu kommen kann, dass ein Einzelner solchermassen am Leben verzweifelt, dass er sich selbst und andere umbringt? Und gibt es – bei allen Unterschieden – nicht auch Parallelen zwischen der Verzweiflung des Amokläufers und der Verzweiflung dessen, der sich von terroristischem Gedankengut verführen lässt und sich radikalisiert?

«Erst wenn wir uns dem Dunkel stellen, wird uns das Licht geschenkt», sagte der Benediktinerabt von München in einem Gottesdienst am Sonntag nach dem Amoklauf. Was der Abt auf das Vertrauen in Gott bezog, aus dem das Licht erwächst, gilt durchaus auch für eine säkulare Gesellschaft: Sich den Schattenseiten der Gesellschaft zu stellen und sich auch um die Verlierer zu kümmern, könnte ein Beitrag zu einer helleren Welt sein. Einer Welt, in der auch die Verzweiflung ihren Platz hat, sodass sie sich nicht in Amokläufen oder Selbstmordattentaten entladen muss. (sys)

 

Kerzen | © kyasarin, pixabay.com CC0
24. Juli 2016 | 16:37
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