Schwester Ingrid Grave

Gedanken zum Sonntag: Zwei Schwangere begegnen einander

Zum Sonntag, 23.Dezember 2018 – 4. Adventssonntag (Lukasevangelium 1,39-45)

Von Ingrid Grave*

22.12.18 (kath.ch) Nahezu für jeden Lebens- und Erfahrungsbereich hält die Bibel etwas bereit: Trost, Hinweis, Verwarnung, aber oftmals auch einfach eine berührende Geschichte. Der Evangelist Lukas weiss zu erzählen von zwei schwangeren Frauen und von dem, was sich in ihrer Begegnung ereignete. Die eine Frau, Maria, ist sehr jung, die andere, Elisabeth, ist bedeutend älter. Beide erwarten ihr erstes Kind. Maria und Elisabeth sind miteinander verwandt, haben sich aber wohl selten gesehen. Dass es zu einer Begegnung kommt, geht auf die Initiative der jungen Maria zurück.

Gemäss Lukas war Maria auf eine Schwangerschaft nicht gefasst. Ein Engel hat sie über ihren Zustand in Kenntnis gesetzt und in ihr zunächst ein Erschrecken ausgelöst. Der Engel aber sagt ihr, sie solle sich nicht fürchten, denn sie werde ein aussergewöhnliches Kind zur Welt bringen. Jesus soll es heissen.

Maria vermag die ganze Situation nicht zu begreifen, und der Engel lässt sie wissen: Bei Gott ist kein Ding unmöglich, denn auch Elisabeth im entfernten Bergland von Judäa erwartet ihr erstes Kind – trotz ihres hohen Alters!

Mit dieser Botschaft und mit dem Wissen über ihre eigene Befindlichkeit muss Maria erst einmal zurechtkommen. Nach ein paar Tagen scheint ihr klar zu sein, wem sie sich anvertrauen will, nämlich ihrer viel älteren Verwandten Elisabeth. Der Weg dorthin – zu Fuss – nimmt ein paar Tage in Anspruch.

Elisabeth ist die Frau des Priesters Zacharias. Da, im Hauseingang, begrüsst Maria ihre Verwandte. Beim Gruss Marias spürt Elisabeth in ihrem Leib ein freudiges Aufhüpfen des Kindes.  Ekstatisch erregt bricht es aus ihr heraus: Gesegnet bist du, Maria, du und die Frucht deines Leibes! Elisabeth «weiss»: Diese junge Frau trägt das Kind der Sehnsucht ihres Volkes. Hier ist Gottgegebenes. Was Maria empfangen hat, was sie in die Welt hineingebären wird, ist Göttliches. Zur Rettung der Menschheit.

Elisabeth, erfüllt von tiefer Sehnsucht nach Heil und Frieden, darf im Hüpfen ihres ungeborenen Kindes erfassen, dass sich in Maria das Ersehnte ankündigt.

Immer noch wartet die Menschheit – von Generation zu Generation – auf eine Rettung zu umfassendem Frieden und Heilsein. Der Same dazu, tief eingesenkt im Menschen – als verletzlicher Keim drängt er ans Licht. In allen Generationen.

Gott und seinen Frieden in die Welt gebären! So wird Weihnachten.

*Ingrid Grave ist Dominikanerin in Zürich, wo sie sich in der Seelsorge engagiert

Schwester Ingrid Grave | © zVg
22. Dezember 2018 | 16:48
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!