Wer darf die Kommunion empfangen?
Schweiz

Kommunionstreit: Einmütigkeit im Verharren oder in der Veränderung?

Chur, 11.5. 18 (kath.ch) Die deutschen Bischöfe sollen für den Konflikt um den Kommunionempfang für nichtkatholische Ehepartnerinnen und -Partner eine möglichst einmütige Regelung finden. Doch wann ist die Einmütigkeit grösser, beim Verharren im Status Quo oder in der Veränderung? Diese Frage stellt Eva-Maria Faber, Professorin für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der theologischen Hochschule Chur, in ihrem Gastkommentar.

Am Abend des 3. Mai 2018 kommunizierte die Pressestelle des Vatikan zum Gespräch der deutschen Bischöfe mit Vertretern der römischen Kurie hinsichtlich der pastoralen Handreichung zu konfessionsverbindenden Ehen und ihrer gemeinsamen Teilnahme an der Eucharistie: «Bei dem in deutscher Sprache geführten Gespräch erläuterte Erzbischof Ladaria, dass Papst Franziskus das ökumenische Engagement der deutschen Bischöfe würdigt und sie ersucht, im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung zu finden». Wie ist diese «Entscheidung» zu deuten?

Es lohnt sich nicht, nach Rom zu schreiben.

Der Zentralismus in der römisch-katholischen Kirche hat seine Wurzeln unter anderem darin, dass Repräsentanten der Ortskirchen sich nach Rom wandten, um von dort Entscheidungen zu forcieren. Diese Strategie funktionierte je länger je besser – nun scheinbar aber nicht mehr. Dies ist eine gute Entwicklung. Es lohnt sich nicht, nach Rom zu schreiben, um dadurch Veränderungen zu verhindern.

Nicht Sieger und nicht Verlierer

Das Communiqué macht aus den Beteiligten nicht Sieger und Verlierer. Für das Weitergehen im und hoffentlich auch nach dem Streit ist das klug. Allenfalls misslich ist das Pochen auf eine möglichst einmütige Regelung, was den Vorwurf enthalten könnte, bisher habe sich die Deutsche Bischofskonferenz nicht darum bemüht. Immerhin, darauf wies der Kirchenrechtler Thomas Schüller bereits am Abend der Entscheidung hin, wird auf eine möglichst einmütige Regelung gedrängt, womit die Einsicht verbunden ist, dass es volle Einmütigkeit unter Menschen fast nirgends gibt.

Auch das Stehenbleiben ist begründungspflichtig.

In welche Richtung hinter den Kulissen gesprochen wurde, wird sich an den weiteren Entwicklungen zeigen. In der römisch-katholischen Kirche zu lernen wäre ein Perspektivenwechsel. In einer Kirche, die wegen ihrer Sendung immer vorangehen muss («andiamo avanti»), ist nicht nur Veränderung begründungspflichtig, sondern in vielen Situationen auch das Stehenbleiben.

Die Frage nach grösstmöglicher Einmütigkeit ist nach zwei Seiten zu stellen: Findet sich die grössere Einmütigkeit bei der Entscheidung für das Verharren beim Status quo oder bei der Entscheidung für Veränderung?

Die römisch-katholische Kirche ist unwiderruflich zur Ökumene verpflichtet.

In diesem Fall geht es um die Ökumene, zu der die römisch-katholische Kirche gemäss der Enzyklika «Ut unum sint» von Papst Johannes Paul II. (1995) unwiderruflich verpflichtet ist (siehe mehrmals in den Nummern 3–6!). Es ist darum begründungspflichtiger, sich nicht ökumenisch anzunähern, als dies zu tun.

Die geplante pastorale Handreichung der deutschen Bischofskonferenz hat ein sehr restriktives Ziel: die gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie in konfessionsverbindenden Ehen. Letztlich geht es hier nicht einmal nur um Ökumene, sondern darum, das christliche Leben einzelner Menschen nicht einseitig unter dem Aspekt der kirchlichen Situationen anzuschauen.

Zwar sind die Getauften, und in diesem Fall in der Ehe lebende Getaufte, in ekklesiale (kirchliche) Zusammenhänge hineingebunden, doch ihre christlichen Lebenswirklichkeiten gehen darin nicht gänzlich auf. Daraus sollte in ökumenischen Zusammenhängen die Freiheit genommen werden, ihre spezifische Situation nicht schlechthin mit der ekklesialen Situation zwischen den Kirchen in eins zu schauen.

In konkreten Schritten wirksam werden.

In der Ökumene gäbe es seit langem weitergehende Desiderate. 50 Jahre Ökumene haben erkennen lassen, dass die Kirchen unter der Verheissung der Einheit stehen und bereits jetzt unwiderruflich miteinander verbunden sind. Diese Einsicht heischt danach, in konkreten Schritten wirksam zu werden. Es braucht Zwischenschritte, die zwar Züge der Unvollkommenheit tragen und gegangen werden müssen, ohne dass schon der ganze Weg und die Gestalt des Ziels absehbar wären.

Doch das Sicherheitsdenken, das Schritte nur aufgrund von schon erreichten und allseits geprüften Gemeinsamkeiten für möglich hält, verkennt die Komplexität der ökumenischen Herausforderung und wirkt dadurch blockierend. Darum braucht es einen Perspektivenwechsel: In einer Kirche, die zur Ökumene verpflichtet ist, ist ein (verantwortlich gestaltetes) Wachstum in ökumenischer Praxis nicht begründungspflichtiger als der Verbleib in den Gewohnheiten der Kirchenspaltung.

Hinweis: Dieser Kommentar erschien erstmals auf feinschwarz.net.


Wer darf die Kommunion empfangen? | © KNA
11. Mai 2018 | 11:14
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!