Gedanken zum Sonntag: Dummes Zeug

24.2.18 (kath.ch) Augenblicke voller Freude, Glück oder auch Angst, lassen uns verstummen – oder dummes Zeug reden. Zu dieser Überlegung formuliert Jacqueline Keune ihre Gedanken zum Sonntag.

Von Jacqueline Keune*

Grosse Gemeinheit kann mich verstummen lassen. Auch wenn mich jemand sehr lobt und verlegen macht, weiss ich oft nicht, was sagen. Oder wenn ich von etwas überwältigt werde, weil es dermassen schön oder beeindruckend ist. – Oder aber ich rede vor lauter Nicht-wissen-was-Sagen, dummes Zeug. Genau wie Petrus, von dem es im Evangelium heisst: «Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte» und deshalb dem Rabbi auch so einfältige Dinge sagt wie: «Wir wollen drei Hütten bauen.»

Der Rabbi ist mit Jakobus, Johannes und Petrus auf einen Berg gestiegen. Plötzlich erstarren die drei vor Angst, weil der Rabbi vor ihren Augen in eine grellweisse Gestalt verwandelt wird und Mose und Elija erscheinen. Und weil Petrus nicht weiss, was sagen, redet er Unsinn: «Rabbi, wir wollen drei Hütten bauen. Eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.» Und dann hören sie eine Stimme vom Himmel her sagen: «Das ist mein geliebter Sohn.»

Mein Leben kennt sie auch, diese Augenblicke, die die Zeit anhalten. Den Augenblick vor vielen Sommern an der Neustadtstrasse. Den Augenblick vor einer Handvoll Jahren auf der Intensivstation im Inselspital. Den Augenblick Ende Januar im Pfarreisaal St. Karl. Oder jenen in Zentralbosnien, wo mir die Tränen nur so runtergelaufen sind, weil die äussere Armut keinerlei Chance hatte gegen den inneren Reichtum der Menschen, die da nachts mitten auf der Strasse vierstimmig gesungen haben.

Alle die Augenblicke, sie lassen sich weder verlängern noch wiederholen. Und mitten auf der Strasse lassen sich keine Bungalows errichten, wie das Petrus möchte. Ferienhäuser, Strandhütten, in denen die drei Gottesfreunde auf ewig im verklärten Gespräch bleiben könnten. Ungestört von all den unheiligen Niederungen. So ein Tag, so wunderschön wie heute, so ein Tag, der …

Nein, dieser Jesus, in dem da die ganze Macht und Ohnmacht Gottes aufscheint, der will nicht bewahren, sondern neu machen, und nicht festhalten, sondern frei lassen. Und mit diesem Jesus gibt’s nur die eine Richtung: runter auf den Boden der Realität. Runter zu den Menschen, den hungrigen, den gekrümmten, den schuldbeladenen, den besessenen, den krebskranken, den querschnittgelähmten, den stockblinden und ihrer schreienden stummen Sehnsucht nach Befreiung.

Jacqueline Keune ist freischaffende Theologin und lebt in Luzern.

Jacqueline Keune | © zVg
24. Februar 2018 | 14:14
Lesezeit: ca. 2 Min.
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