26/2002 | |
INHALT |
Kirche in der Schweiz |
Obwohl das Konzil von Trient in seinem Ordensdekret vorgeschrieben hatte,
dass sich alle selbständigen Klöster, die keinem Verband oder
einem Generalkapitel angehören, innert Jahresfrist nach Abschluss des
Konzils (1563) zu Kongregationen zusammenschliessen müssten, dauerte
es noch fast 39 Jahre, bis sich die Benediktinerklöster, die sich mit
der damaligen Schweizerischen Eidgenossen verbunden wussten, zu einer Kongregation
zusammenschlossen, und das erst noch auf Druck des Apostolischen Nuntius,
Giovanni della Torre, hin.
Voraussetzung dazu war aber, dass sich schon in einigen Klöstern Reformansätze,
die vom Tridentinum ausgingen, durchgesetzt hatten. Das war in etwa bereits
geschehen in St. Gallen, Einsiedeln, Muri und Fischingen, die damals alle
in der Diözese Konstanz lagen. So trafen sich am 29. Mai 1602 die Äbte
dieser vier Klöster in Einsiedeln, wo sich auch der Nuntius einfand
und die Äbte zur Kongregationsbildung aufforderte. Die Prälaten
beschlossen die Gründung und trafen sich bereits wieder am 12. Juli
1602 im st. gallischen Wil, wo sie eine Liste von Reformmassnahmen zusammenstellten.
Bis zur nächsten Zusammenkunft am 4. November 1602 im einsiedlerischen
Schloss Pfäffikon am Ufer des Zürichsees sollten sich die Äbte
Gedanken machen, wie sie diese Reformen durchführen könnten. Hier
traf dann auch der Abt von Pfäfers (damals Diözese Chur) ein und
bat um Aufnahme in die Kongregation. Zuvor musste er aber versprechen, in
seinem Kloster Reformen durchzuführen. Zur vierten Äbteversammlung
am 9. April 1603 in St. Gallen kam auch der Abt von Rheinau (Diözese
Konstanz). Auch er musste zuerst versprechen, die bisher beschlossenen Reformen
anzunehmen. Dabei verpflichteten sich die Äbte auch zu einer Selbstreform.
In der Sitzung in Rheinau am 12. Mai 1604 wurde Engelberg (Diözese
Konstanz) aufgenommen. Damit waren innerhalb von zwei Jahren sieben Schweizer
Klöster zur Kongregation zusammengeschlossen worden. Noch fehlte Disentis
(Diözese Chur), wo die Durchführung einer Reform wegen der politischen
Stellung des Abtes im konfessionell zerstrittenen Graubünden sich als
schwierig erwies. Es wurde erst 1617 in Muri in die Kongregation aufgenommen.
Das 1554 ausgestorbene Beinwil, wo aber das benediktinische Leben 1589 durch
Einsiedeln und hernach durch Rheinau wieder erstand (und 1648 nach Mariastein
verlegt wurde), konnte wegen des Widerstandes des Basler Bischofs erst 1647
in die Kongregation aufgenommen werden. Damit waren alle neun Schweizer
Benediktinerklöster, welche die Reformation überstanden hatten,
in der Schweizerischen Benediktinerkongregation vereint.
Die Durchführung der beschlossenen Reformen war oft nicht durchschlagend.
Immer wieder gab es Rückschläge, so in Pfäfers, später
in Disentis. Beinahe jedes Kloster beanspruchte im Laufe der Zeiten einmal
oder sogar mehrmals die Hilfeleistung der Kongregation. Es waren nicht immer
nur disziplinarische Probleme zu bewältigen. Auch bei materiellen und
personellen Notlagen, zum Beispiel nach Brandfällen oder infolge finanzieller
Misswirtschaft, mussten die Kongregationsäbte eingreifen. Obwohl die
Päpste der Kongregation die Exemtion verliehen hatten, gab es Jurisdiktionsstreitigkeiten
mit den Bischöfen wegen des Visitationsrechtes, des Vorsitzes bei der
Abtswahl und des Rechtes auf Wahlbestätigung und Abtsweihe und anderes
mehr. Aufs Ganze gesehen war der Zusammenschluss in der Kongregation für
die Klöster erfolg- und segensreich. Darum baten auch ausländische
Klöster die Schweizer Äbte um Hilfe zur Durchführung klösterlicher
Reformen. So waren die Abteien Kempten von 1664 bis 1679, Murbach von 1666
bis 1686 und Fulda von 1672 bis 1679 der Schweizer Kongregation angegliedert.
Das Adelsprivileg verhinderte jedoch ein dauerndes Verbleiben bei den Schweizern.
Das Reformbemühen der Äbte im Verband der Kongregation bedingte,
dass das 17. Jahrhundert für die Schweizer Benediktinerklöster
eine gewisse Blütezeit wurde, die aber durch die konfessionellen Spannungen
gefährdet war. Die katholischen Orte verlangten darum von den Klöstern
die Bereitstellung von Geld und Getreide, was sie jedoch ablehnten. Auch
baten sie die Prälatenklöster, frei werdende Territorien im von
den Orten gemeinsam verwalteten Thurgau aufzukaufen, um in diesen Herrschaften
die katholische Konfession zu sichern; darum besitzt Einsiedeln heute noch
zwei solche «Schlossgüter» im Kanton Thurgau (Sonnenberg
und Freudenfels).
1712 kam es wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Protestanten
und Katholiken, die insbesondere das Kloster St. Gallen schwer trafen. Die
Mönche verbrachten sechs Jahre im Exil in Neu-Ravensburg. Langsam drang
auch der Aufklärungsgeist in die Klöster ein. Die Äbte, selber
vom Zeitgeist beeinflusst, nahmen zwar oft abwehrend Stellung, aber ohne
grossen Erfolg. Doch gab es keine radikalen Aufklärer unter den Mönchen.
Nach dem Ausbruch der Revolution in Frankreich fanden Refugianten auch in
den Klöstern Aufnahme. Als dann 1798 die Revolution in der Schweiz
ausbrach und französische Truppen die Schweiz besetzten, wurden alle
Klöster grundsätzlich aufgehoben und ihr Besitz als Nationalgut
deklariert. Dies betraf aber nicht alle Klöster in gleicher Weise.
Nach 1802 besserte sich die Situation für die Klöster wieder und
diejenigen, welche vertrieben oder geflohen waren, durften wieder zurückkehren.
In der 1803 durch Napoleon vermittelten Mediationsverfassung wurden die
Klöster in ihrer Existenz und in ihrem Besitz garantiert. Einzig das
Kloster St. Gallen konnte nicht wieder erstehen, weil der Fürstabt
nicht auf seine politischen Rechte verzichtete und der inzwischen unter
anderem aus dem Gebiet des ehemaligen Klosterstaates gebildete Kanton St.
Gallen eine Wiederherstellung der Abtei verhinderte. Durch die teilweise
Neuumschreibung der Kantone in der Mediationsverfassung kamen die Klöster
Fischingen zum Thurgau, Pfäfers zu St. Gallen und Rheinau zu Zürich.
Ab den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts setzte sich in einigen Kantonen
allmählich bei den politischen Behörden eine liberal geprägte
Richtung durch. Darnach sollte auch die katholische Kirche dem Staat unterstellt
werden. Der später so genannte Kulturkampf, den es auch in vielen Schweizer
Kantonen gab, bahnte sich an. Die Klöster bekamen dies zu spüren
durch Staatsaufsicht über die Vermögensverwaltung, durch Novizenkontrolle
oder gar Aufnahmeverbot. 1841 hob der Kanton Aargau sämtliche Klöster
auf, darunter Muri, was eindeutig gegen die verfassungsmässige Garantie
verstiess. Auf Druck der Tagsatzung hin wurden nur die Frauenklöster
wieder hergestellt. Muri, eine Habsburgerstiftung, konnte 1841 in Sarnen
das Kollegium übernehmen; seinen Weiterbestand setzte es 1845 im ehemaligen
Stift Gries im Südtirol fort, das ihm vom österreichischen Kaiser
angeboten worden war. 1838 bat der in sich zerstrittene Konvent von Pfäfers
den Papst um die Auflösung des Klosters, doch kam daraufhin der Staat
St. Gallen dem zuvor und säkularisierte das Kloster und seinen Besitz.
Im Gefolge der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen konservativen und
liberalen Kantonen im Sonderbundskrieg 1847 und der Gründung des Schweizerischen
Bundesstaates 1848 wurde das thurgauische Kloster Fischingen aufgehoben.
Das im weitgehend protestantischen Kanton Zürich liegende Kloster Rheinau
wurde 1863 säkularisiert. Und auf dem Höhepunkt des Kulturkampfes
wurde 1874/75 das Kloster Mariastein zum Untergang verurteilt. Die Gemeinschaft
sammelte sich zwar gleich wieder im französischen Delle. In dieser
für die Klöster gefahrvollen Zeit begründeten die Klöster
Einsiedeln und Engelberg in Nordamerika neue Klöster, um für den
Fall einer gesamtschweizerischen Klosteraufhebung in der neuen Welt eine
Zufluchtsstätte zu haben. Es kam zwar nicht so weit. Die in den USA
gegründeten Schweizer Klöster, die sich der deutschsprachigen
Einwanderer annahmen, gründeten weitere Klöster, die bis heute
in der schweizerisch-amerikanischen Benediktinerkongregation zusammengeschlossen
sind. Das Kongregationsleben in der Schweiz hingegen wurde in dieser gefahrvollen
Zeit aufs mindeste reduziert. Angst beherrschte die katholische Schweiz.
Durch das Jesuitenverbot seit 1848 wurden die einzigen höheren Schulen
der katholischen Schweiz unterdrückt. Darum erweiterten Einsiedeln
und Engelberg ihre Klosterschule, um dem Bildungsnotstand der Katholiken
abzuhelfen. In diesen Klosterschulen wurde ein Grossteil der katholischen
Führungsschicht herangebildet.
1874, mitten in der aufgewühlten Kulturkampfzeit, wurde die Bundesverfassung
total revidiert. Nebst der Verschärfung des Jesuitenverbotes wurden
darin auch die Neugründung und Wiederherstellung aufgehobener Klöster
als unzulässig erklärt (erst 1973 in der Verfassung getilgt).
1901 mussten die Mariasteiner Benediktiner ihre Niederlassung in Delle infolge
der französischen Staatsgesetze aufgeben. Sie konnten sich 1902 im
österreichischen Dürrnberg bei Hallein wieder sammeln und übersiedelten
1906 nach Bregenz (St. Gallusstift). Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Südtirol
dem italienischen Staat angegliedert, was auch die Abtei Muri-Gries betraf.
In der Zwischenkriegzeit nahmen die Konvente zahlenmässig zu. Die Klosterschulen
wurden ausgebaut. Aussenposten wurden neu geschaffen oder erweitert. So
übernahm Einsiedeln in Ascona auf Wunsch des Bischofs 1927 das Collegio
Papio (bis 1964). Schon 1906 hatten die Mariasteiner die Leitung des neu
gegründeten Kollegiums in Altdorf (Uri) übernommen (bis 1981).
Engelberg engagierte sich 1932 an einem Missionsprojekt in Kamerun und übernahm
im Hinblick auf eine Wiederbelebung des aufgehobenen Klosters Fischingen
die Leitung des dort untergebrachten Kinderheimes (1977 wurde Fischingen
wieder ein selbständiges Priorat). Das südtirolische Marienberg,
das bisher zur österreichischen Kongregation gehört hatte, wurde
1931 der Schweizer Kongregation angegliedert. Damit hatten drei Kongregationsklöster
im Ausland ihren Sitz. Das bedingte während des Zweiten Weltkrieges
eine Behinderung des Kontaktes unter den Klöstern.
1941 wurde das St. Gallusstift in Bregenz durch die Naziherrschaft aufgehoben.
Die vertriebenen Schweizer durften in ihrem alten Kloster in Mariastein
Asyl nehmen. Erst 1970/71 konnte das Kloster staatsrechtlich wiederhergestellt
werden. 1948 entsandte Einsiedeln Mönche nach Los Toldos (Argentinien)
zur Neugründung eines Klosters. Allmählich machte sich aber in
der Nachkriegszeit ein kirchlicher Umbruch bemerkbar, der sich auch auf
den klösterlichen Nachwuchs negativ auswirkte. Die nachkonziliare Erneuerung
wurde zwar positiv aufgenommen, löste aber bei einzelnen Konventualen
Krisen aus, die zu Austritten führte. Die etappenweise Ausarbeitung
neuer Satzungen der Schweizer Benediktinerkongregation wurde 1986 abgeschlossen.
Der Rückgang des Personalbestandes in den Klöstern bedingte das
Aufgeben von bisherigen Arbeitsfeldern und führte zu einer Konzentration
des Wirkens in die Klöster selber.
Rückblickend auf die 400 Jahre des Bestehens der Schweizerischen Benediktinerkongregation
darf man sagen, dass sich die darin zusammengeschlossenen Klöster durch
alle Höhen und Tiefen ihrer wechselvollen Geschichte hindurch gegenseitig
gestützt und einander geholfen haben. So wurde die Kongregation zum
Segen für die Klöster, aber auch für ihre Aufgaben und ihr
Wirken weit über die Klostermauern hinaus.<1>
Abt Lukas Schenker von Mariastein ist Kirchenhistoriker; einem grösseren Kreis bekannt wurde er als Mitherausgeber der Ökumenischen Kirchengeschichte der Schweiz.
1 Im Anschluss an das Kongregationskapitel der Schweizerischen Benediktinerkongregation, das in der Pfingstwoche (21./22. Mai 2002) in Mariastein tagte, wurde am Donnerstag (23. Mai) das 400-jährige Bestehen der Schweizerischen Benediktinerkongregation mit einem Festgottesdienst in der Klosterkirche Mariastein gefeiert. Der Feier stand Abt-Präses Benno Malfèr vom Kloster Muri-Gries vor. In einem besonderen Festakt wurde die Jubiläumsschrift vorgestellt, die zu diesem Anlass erschien: «Benediktinische Gemeinschaften in der Schweiz. 400 Jahre Schweizerische Benediktinerkongregation 16022002» (siehe Textfenster Seite 402).
Am 29. Mai 2002, in der Nacht aufs Fronleichnamsfest, verstarb ganz unerwartet an einem Herzinfarkt alt Abt Dr. phil. Mauritius Fürst, der dem Benediktinerkloster Mariastein von 19711995 als Abt vorgestanden war. Arnold, so sein Taufname, wurde am 14. Oktober 1923 in Trimbach in die kinderreiche Familie des Bezirkslehrers Ignaz und der Marie Fürst-Hagmann hineingeboren. Nach dem Besuch der Primarschule in Trimbach, der Bezirksschule und des Progymnasiums in Olten wechselte er 1940 ins Kollegium Karl Borromäus in Altdorf, wo sein älterer, früh verstorbener Bruder Otto als Lehrer tätig war. Hier, wo mehrere Mariasteiner Patres seine Lehrer waren, dürfte er auch seine Berufung zum benediktinischen Mönchtum erkannt haben. Als er nach Rekrutenschule und Aktivdienst 1944 die Matura bestand, meldete er sich fürs Noviziat im Kloster Mariastein.
Mit zwei Mitnovizen machte er das Probejahr in Mariastein. Die drei waren
die ersten Novizen, die nach Exil und Rückkehr der Mariasteiner Mönche
diesen Neubeginn nach beinahe 70 Jahren in Mariastein machen durften. Am
6. Oktober 1945 band sich Fr. Mauritius, wie von nun an sein Klostername
lautete, durch die einfache Profess an die damals noch heimatlose Klostergemeinschaft.
Die theologische Ausbildung erhielt er im Kloster. Am 25. Juli 1949 weihte
ihn Bischof Franziskus von Streng in der Klosterkirche zum Priester. Nach
Abschluss des Theologiestudiums schickte Abt Basilius Niederberger 1950
den jungen Mönch als Lehrer ans Kollegium in Altdorf. Zur weiteren
Ausbildung für die Schule bezog P. Mauritius 1953 die Universität
Freiburg zum Studium der alten Sprachen.
Doch nach dem Tode von Dr. Ernst Baumann (1955), der sich sehr um die Erforschung
der Geschichte unseres Klosters angenommen hatte, wünschte sein Abt,
dass er sich vermehrt dem Studium der Geschichte zuwende. Seine Studien
beschloss er 1962 mit einer auf intensivem Archivstudium aufbauenden Arbeit,
die sich einem wichtigen Abschnitt unserer Klostergeschichte befasst: «Die
Wiedererrichtung der Abtei Beinwil und ihre Verlegung nach Mariastein (16221648)»
(erschienen im Jahrbuch für solothurnische Geschichte 37, 1964). Doch
schon bevor er seine Doktorarbeit samt Examen abgeschlossen hatte, nahm
er 1960 die Lehrtätigkeit in Altdorf wieder auf, doch nur für
zwei Jahre. Denn bereits 1962 berief ihn das Vertrauen von Abt und Mitbrüder
als Prior nach Mariastein. Hier hatte er zuerst den abwesenden Abt zu vertreten,
der als Abt-Präses der Schweizerischen Benediktinerkongregation am
Zweiten Vatikanischen Konzil teilzunehmen hatte. Gleichzeitig dozierte er
an der theologischen Hausschule Kirchengeschichte und Kirchenrecht. Auch
wurde er zum Novizenmeister und Fraterinstruktor ernannt. Es waren auch
die Jahre, in denen intensiv über die staatsrechtliche Wiederherstellung
des Klosters nachgedacht und diskutiert wurde. P. Mauritius nahm sich besonders
der damit zusammenhängenden historischen Fragen an. Als nach der staatsrechtlichen
Wiederherstellung des Klosters 1971 Abt Basilius Niederberger sein Amt niederlegte,
wählte die Klostergemeinschaft am 15. Juli P. Prior Mauritius zu seinem
Nachfolger. Er erhielt am darauffolgenden 16. August die feierliche Abtsweihe
durch Bischof Anton Hänggi.
Mit der Rückgabe des Klosters durch den Kanton Solothurn standen
der neue Abt und die Klostergemeinschaft vor einer grossen Herausforderung:
Die Klosteranlage bedurfte dringend der Restaurierung und Sanierung, wobei
die Gebäulichkeiten den Bedürfnissen der Gemeinschaft anzupassen
waren und gleichzeitig die materielle Sicherung gewährleistet werden
musste. Abt Mauritius stellte sich dieser Herausforderung. Der Rückgang
an klösterlichen Berufungen und die neue Situation in Mariastein drängten
zu einer Konzentration der Kräfte in Mariastein, um hier den ans Kloster
und seine Wallfahrt gestellten Erwartungen und Erfordernissen zu genügen.
Das hiess konkret: Rückzug der Mariasteiner Mönche aus Altdorf.
Dass dies nicht einfach sein würde, war Abt Mauritius, der selber Lehrer
in Altdorf gewesen war, klar. Wer gibt schon eine langjährige, erfüllende
und sinnvolle Arbeit gerne auf? Doch überwog die Einsicht der Gemeinschaft,
dass in Mariastein ihre gemeinsame Zukunft liegt. So rief Abt Mauritius
ab 1976 sukzessive Mitbrüder von Altdorf zurück, bis 1981 das
Mariasteiner Engagement in Altdorf zu Ende ging. Auch für die klösterlichen
Besitzungen in Bregenz konnten nach langen Verhandlungen gute Lösungen
gefunden werden. Durch den Verkauf der klostereigenen Besitzungen in Altdorf
und in Bregenz wurden Mittel frei für die grossen Restaurierungsarbeiten
in Mariastein.
Innerklösterlich führte Abt Mauritius weiter, was sein Vorgänger
begonnen hatte. Er nahm die Anregungen des Konzils auf. Behutsam wurden
Liturgie und Stundengebet den neuen Verhältnissen und Erfordernissen
angepasst. Unsere gut besuchten Gottesdienste zeigen wohl klar, dass hier
richtige Entscheidungen getroffen wurden. Seinen Mönchen gegenüber
war Abt Mauritius ein gütiger Vater, der Verständnis zeigte und
auch Nachsicht üben konnte. Sein besonderes Verdienst ist es sicher,
dass die Rückführung der Gemeinschaft von Altdorf nach Mariastein
ohne grössere Probleme möglich wurde.
Doch Abt Mauritius engagierte sich nicht nur innerklösterlich für
seine Gemeinschaft, für ihre Bedürfnisse und Anforderungen. Er
wirkte bald schon sehr aktiv auch nach aussen. Er war ein beliebter Firmspender,
der von vielen Pfarreien dafür angefragt wurde. Wie er diese Einsätze,
oft samstags und sonntags hintereinander, kräftemässig überstand,
bleibt sein Geheimnis. Offensichtlich behagten ihm solche Feiern. Doch nicht
nur dies: Er liess sich auch für andere Dinge engagieren. Er war ein
aktives Mitglied des Ritterordens vom Heiligen Grab. Mit Bischof Anton Hänggi
gehörte Abt Mauritius zu den Gründern der Stiftung Beinwil. Dabei
trug ihn die Hoffnung, dass dort, am Ursprungsort unseres Klosters, wieder
eine benediktinische Gemeinschaft Fuss fassen sollte. Er hat sich sehr dafür
eingesetzt trotz Enttäuschungen, die er dabei auch erfahren hat. Abt
Mauritius war auch lange Vorstandsmitglied des Historischen Vereins des
Kantons Solothurn, der ihn zum Ehrenmitglied ernannte. Er nahm Einsitz im
Stiftungsrat des Heimatmuseums Schwarzbubenland in Dornach. Bei der Akademischen
Verbindung Rauracia war er ein gern gesehener Gast, wie überhaupt Abt
Mauritius Geselligkeit liebte, obwohl er eigentlich von Natur aus eher introvertiert
veranlagt war und sich gerne zurückzog. Für die Region war Abt
Mauritius so etwas wie eine Integrationsfigur, die über den klösterlich-kirchlichen
Rahmen hinaus wirkte. Er war bei den Leuten angesehen, und man schätzte
seine Liebenswürdigkeit und Offenheit. An die Öffentlichkeit trat
er auch hie und da durch historische Beiträge oder andere Artikel,
die er im Mariastein-Heft oder anderswo publizierte. Der Kanton Solothurn
überreichte ihm für seine mannigfaltigen Verdienste 1989 den Anerkennungspreis
des Kantons.
Überblickt man all seine vielseitigen und vielfältigen Aufgaben
innerhalb und ausserhalb des Klosters, so ist man nicht erstaunt, dass dies
alles oft auch das Mass seiner Kräfte überstieg, seiner Gesundheit
zusetzte und ihn amtsmüde machte. Seine Resignation als Abt im Januar
1995 war darum für jene, die ihn kannten, nicht ganz unerwartet. Doch
ganz leicht dürfte ihm der Rückzug nicht gefallen sein, was ja
auch gut verständlich ist nach so vielen Jahren Einsatz.
Nach seiner Resignation schonte sich allerdings Abt Mauritius sich nicht
allzu sehr. Doch ein schwerer Herzinfarkt liess ihn notgedrungen kürzer
treten. Doch erholte er sich relativ gut. Er genoss seine Zeit ohne Bürden
und Ämter, war aber für jeden Dienst bereit, wozu er gebeten wurde.
Er lebte seine Güte und Liebenswürdigkeit, bis ihn sein Schöpfer
zu sich rief. Die Bestattungsfeier in der Klosterkriche zu Mariastein am
3. Juni zeigte, wie angesehen Abt Mauritius war. Er ruhe in Gottes Frieden!
Die Festschrift zum 400-jährigen Bestehen der Schweizerischen Benediktinerkongregation<1> bietet zum einen einen Überblick
über die Kongregationsgeschichte, ihre Struktur und ihre Ausgestaltung
im Leben der einzelnen Klöster, und stellt zum andern die benediktinische
Schweiz im Jubiläumsjahr 2002 vor. Die vom Fachhistoriker Abt Lukas
Schenker verfasste Kongregationsgeschichte setzt umfassend an: Beim heiligen
Benedikt und den Anfängen des Mönchtums in der Schweiz bis zur
Gründung von Benediktinerklöstern in der Schweiz, die nicht Mitglied
der Schweizerischen Kongregation sind. Im Text eingestreut sind so auch
Listen aller umgewandelten, eingegangenen und aufgehobenen benediktinischen
und cluniazensischen Niederlassungen; die knappen Angaben werden durch Karten
ergänzt. Ausgewählte Bilder geben dem sorgfältigen verfassten
Text zusätzliche Anschaulichkeit.
Im zweiten Teil stellen sich die Benediktinerklöster mit Text und Bild
selber vor: Die Klöster der Benediktinerkongregation, andere Benediktinerklöster
in der Schweiz, die Klöster der Föderation der Benediktinischen
Nonnenklöster, der Föderation der Benediktinischen Schwesternklöster
sowie andere Benediktinerinnenklöster. Als Lesezeichen gestaltet ist
das Adressverzeichnis der Benediktinerinnen- und Benediktinerklöster.
1 Auslieferungsverlag ist: Cavelti AG, Postfach 159, 9201 Gossau, Telefax 071 388 81 82, E-Mail cag@cavelti.ch