2/2001 | |
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Neue Bücher |
Mit dem Stichwort «Schweiz» im 9. Band hat das Lexikon für
Theologie und Kirche (LThK)<1> die Theologische
Realenzyklopädie (TRE) beim 30. Band<2>
eingeholt. Wie die beiden Werke dieses Stichwort behandeln, kann ihre jeweilige
Besonderheit gut veranschaulichen.
Das katholische Lexikon will wie die protestantische Enzyklopädie eine
möglichst umfassende Enzyklopädie für die Bereiche Theologie
und Kirche bieten, dabei aber mit einem ausdifferenzierten Nomenklator viele
Einstiegsmöglichkeiten zu den Quellen und weiteren Informationen anbieten;
dies führte zu vielen Kleinartikeln neben grösseren Sachartikeln.
So ist das Stichwort «Schweiz» unterteilt in: I. Kirchengeschichte,
II. Kirche und Staat, III. Kirche und Theologie in der Gegenwart, IV. Statistik.
Für die Kirchengeschichte standen Markus Ries (Luzern) nicht vier Spalten,
für die Gegenwart eine gute Spalte zur Verfügung; wohin die damit
erzwungene Beschränkung führen kann, zeigt Louis Carlen mit dem
höchst missverständlichen Satz: «Für die theol. Fak.
Chur u. Luzern bestehen gewisse staatl. Mitspracherechte.» Innerhalb
des Stichwortes «Schweiz» wird wie in jedem Lexikon auf weitere
Artikel verwiesen (zum Beispiel auf Bistümer, Klöster, Universitäten);
zusätzlich zum Stichwort werden in mehreren Stichwörtern Institutionen
behandelt bzw. wird mit Verweisstichwörtern auf deren Behandlung an
anderer Stelle hingewiesen. Behandelt werden: Schweizer Garde (E. Gatz),
Schweizerische Bischofskonferenz (M. Ries), Schweizerische Katholische Arbeitsgemeinschaft
für Ausländerfragen (U. Köppel), Schweizerische Kirchenzeitung
(R. Weibel), Schweizerische Theologische Gesellschaft (U. Fink), Schweizerisches
Pastoralsoziologisches Institut (A. Dubach).
Ebenfalls behandelt wird der evangelische Theologe Alexander Schweizer,
der im 19. Jahrhundert in Zürich gewirkt und für die Dogmatische
wie die Praktische Theologie Bedeutendes geleistet hatte; unter dem Stichwort
«Suicerus» wird (von Franz Xaver Bischof) Johann Kaspar Schweizer
dargestellt, ein evangelischer Theologe des 17. Jahrhunderts und hervorragender
Kenner der griechischen Kirchenväter. Diesen beiden evangelischen Theologen
widmet die protestantische Enzyklopädie keinen Artikel, weil sie nicht
jeden bedeutenden Theologen und auch nicht jeden König Israels oder
römischen Papst vorstellt, sondern nur solche Einzelgestalten (und
-begriffe), an denen das Ganze zur Darstellung gebracht werden kann. Dieser
«enzyklopädische» Gesichtspunkt erschwert ein rasches Auffinden
von einzelnen bzw. vereinzelten Realien, so dass die TRE mit verschiedenen
Registern erschlossen werden muss und auch erschlossen wird.
Im Unterschied zum LThK bietet die TRE so unter dem Stichwort «Schweiz»
einen einzigen Artikel, und zwar eine historische Darstellung der Schweiz,
in die die Geschichte des Christentums, der Kirche und der Konfessionen
eingezeichnet ist. Was Ulrich Gäbler, der Kirchenhistoriker der Evangelisch-Theologischen
Fakultät der Universität Basel, hier auf rund dreissig Seiten
bietet, ist ein Kabinettstück. Weil die Schweiz keine historische Achse
hat, muss eine Gesamtdarstellung alle Regionen in ihrer Unterschiedlichkeit
berücksichtigen und als Kirchen- (oder Religions-)geschichte trotzdem
jene Entwicklungen herausstellen, die für das Verständnis der
heutigen religiösen Gesamtsituation wichtig sind, wie Ulrich Gäbler
selber programmatisch anmerkt.
Erhellend ist schon seine Einteilung mit den darin gesetzten Akzenten: 1.
Antike und Frühmittelalter (Die römische Zeit. Völkerwanderungszeit.
Bischöfliche Organisation), 2. Hoch- und Spätmittelalter (Territorium
und Gesellschaft. Karolingische und Ottonische Zeit. Hochmittelalter. Spätmittelalter),
3. Reformation und Konfessionelles Zeitalter (Gesellschaftliche Rahmenbedingungen.
Zürich und Zwingli. Die Reformation in der Eidgenossenschaft. Konfessionelle
Zweiteilung. Täufertum und Bauernkrieg. Die Reformation in der Westschweiz
und in Genf. Konfessionspolitik zwischen 1531 und 1712. Katholische Konfessionalisierung.
Protestantische Konfessionalisierung), 4. Pietismus und Aufklärung,
5. Restauration und Regeneration (17981848), 7. Vom konfessionellen
Konflikt zum ökumenischen Ausgleich (1848 bis heute). Obwohl diese
Monographie kein Forschungsbericht ist, macht sie doch auf Forschungslücken
aufmerksam; das ausdrücklichste Desiderat formuliert der Satz: «Über
die Aufklärung in der Schweiz lässt sich kein einigermassen gesichertes
Urteil abgeben» (700).
Weitere Länderartikel in diesem Band behandeln: Schaumburg-Lippe, Schlesien,
Schleswig-Holstein, Schottland und Schweden. Mit grossen Themen befassen
sich unter anderem die Artikel: Schöpfer/Schöpfung, Heilige Schrift,
Schuld, Seele. Dabei werden die Themen von den verschiedenen relevanten
Disziplinen her angegangen, beim Artikelstichwort «Schöpfer/Schöpfung»
zum Beispiel von der Religionsgeschichte über die gesamte jüdische
und christliche Theologiegeschichte bis zur Systematischen Theologie, der
Schöpfungslehre und Schöpfungsethik; hier führt Martin Honecker
über das heute Gängige hinaus, wenn er die Programmformel «Bewahrung
der Schöpfung» diskutiert und sie zu ersetzen empfiehlt durch
«Verantwortung des Menschen in der Natur und für die Natur»
(353).<3>
1 Lexikon für Theologie und Kirche. Begründet von Michael Buchberger. Dritte, völlig neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von Walter Kasper mit Konrad Baumgartner, Horst Bürkle, Klaus Ganzer, Karl Kertelge, Wilhelm Korff, Peter Walter. Neunter Band: San bis Thomas, Verlag Herder, Freiburg i.Br. 2000, 1538 Spalten.
2 Theologische Realenzyklopädie. In Gemeinschaft mit Horst Balz, James K. Cameron, Stuart G. Hall, Brian L. Hebblethwaite, Wolfgang Janke, Hans-Joachim KlimkeitÝ, Joachim Mehlhausen, Knut Schäferdiek, Henning Schröer, Gottfried Seebass, Hermann Spieckermann, Günter Stemberger, Konrad Stock herausgegeben von Gerhard Müller. Band XXX: Samuel Seele, Walter de Gruyter, Berlin/ New York 1999, 813 Seiten (Redaktion: Dr. Claus-Jürgen Thornton).
3 Bereits ist der 31. Band erschienen: Theologische Realenzyklopädie. In Gemeinschaft mit Horst Balz, James K. Cameron, Stuart G. Hall, Brian L. Hebblethwaite, Karl Hoheisel, Wolfgang Janke, Kurt Nowak, Knut Schäferdiek, Henning Schröer, Gottfried Seebass, Hermann Spieckermann, Günter Stemberger, Konrad Stock herausgegeben von Gerhard Müller. Band XXXI: Seelenwanderung Sprache/Sprachwissenschaft/Sprachphilosophie, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2000, 823 Seiten (Redaktion: Dr. Claus-Jürgen Thornton).
Georg Schwaiger, Papsttum und Päpste im 20. Jahrhundert. Von Leo XIII. zu Johannes Paul II, Verlag C.H. Beck, München 1999, 543 S.
Das Werk des emeritierten Kirchenhistorikers von München, Georg Schwaiger, über die Päpste im 20. Jahrhundert verdient uneingeschränkt die Bewertung «hervorragend». An der Seite der Päpste von Pius IX., der als Zufahrt ins 20. Jahrhundert einbezogen wird, bis Johannes Paul II. blickt man über das vergangene Jahrhundert. Das Buch ist nicht Päpstegeschichte im Sinne von Einzelbiographien. Als Papstgeschichte ist es zugleich ein Begleiter der Geschichte Europas und der Weltgeschichte. Georg Schwaiger bietet auch keine vatikanische Klatschgeschichte und auch nicht hagiographische Apologien. Das Bild und der Charakter der jeweiligen Päpste ergibt sich aus vielen biographischen Details, die aber kritisch gesichtet werden und im Gesamten ein nuancenreiches Bild ergeben. Der Autor stellt sich auch kritischen Problemen (Pio Nono, Pius XII. im Zweiten Weltkrieg, sagenumwitterter Tod Johannes Pauls I. usw.). Mit behutsamer Akribie geht Schwaiger auf die Materie ein und kann mit objektiv stichhaltigen Argumenten Beurteilungen präsentieren, die beachtet werden müssen. Der Leser findet da klärende Aufschlüsse und Einsichten. Über Johannes Paul II. kann der Autor natürlich nur referierend berichten noch fehlt die abwägende historische Distanz. Doch werden spätere Biographien auf Georg Schwaiger zurückkommen müssen.
Josef Sudbrack, Wie ein Kranz aus blühenden Blüten. Zeugen vom Reichtum christlicher Mystik, Kanisius Verlag, Freiburg 1999, 142 S.
In diesem Bändchen bietet der bekannte Mystikfachmann einen Gang durch die Geschichte der christlichen Mystik, indem er einzelne Mystiker vom christlichen Altertum bis heute vorstellt, und zwar so, dass jeder Leser ohne einschlägiges Fachwissen und ohne angestrengtes Studium am Reichtum der Mystik Freude bekommt. Bevor Josef Sudbrack die einzelnen Mystiker in ausgewogener Auswahl vorstellt, behandelt er in einem einleitenden Abschnitt mit der Überschrift «Das Wesen der christlichen Mystik» grundlegende Fragen und Abgrenzungen. Darin geht er auch auf den heute so attraktiven «Markt der Mystik» ein und findet grundlegende Worte zur mystischen Ökumene mit nichtchristlichen Religionen. In einem abschliessenden Kapitel «Der Jesus der Bibel Wurzel der christlichen Mystik» wird einleuchtend und prägnant die Synthese der christlichen Mystik aufgezeigt, ihre Verwurzelung in der biblischen Offenbarung. Für einen Einstieg in die christliche Mystik und zur Abgrenzung von vielem, was der Mystikmarkt propagiert, könnte man sich nichts Besseres wünschen.
Norbert Lohfink, Im Schatten deiner Flügel. Grosse Bibeltexte neu erschlossen, Verlag Herder, Freiburg i.Br. 1999, 268 Seiten.
Norbert Lohfink, emeritierter Professor für Altes Testament der Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt am Main, ist ein erfolgreicher und geschätzter Autor, der sich auch nicht scheute, sich dezidiert in kirchenpolitische Diskussionen einzuschalten. Das neue Buch Lohfinks ist eine Sammlung von Gastvorlesungen an verschiedenen Universitäten. Diese Reihe wird eröffnet mit der Abschiedsvorlesung des Emeriten an der Hochschule St. Georgen. Sie trägt den Titel «Tod am Grenzfluss» und forscht über den Tod des Mose an der Grenze des Gelobten Landes. Andere Beiträge waren ursprünglich Vorträge für Priesterkonveniate und religiöse Laiengemeinschaften. Norbert Lohfink versteht es, den Leser mitzureissen, auch wenn er ihn in ferne Landschaften des Alten Testaments führt. Nach wenigen Sätzen hat er den Leser gefangen, und dieser folgt freudig seinen Ausführungen, die mit sprachlicher Eleganz dargeboten sind, wie es sonst bei solchen Arbeiten selten ist. Lohfink hat auch immer etwas zu sagen. Er schöpft aus einem reichen Schatz eines in vielen Dozentenjahren erworbenen Wissens. Er kann über Psalmen, den Pentateuch oder die Propheten referieren, Lohfink ist immer aktuell und erregend.