37/2000

INHALT

Kirche in der Schweiz

Die Bischofskonferenz erklärt

von Rolf Weibel

 

Drei Tage nach der Veröffentlichung der Erklärung «Dominus Iesus» der Kongregation für die Glaubenslehre stand die im Anschluss an die Herbstversammlung der Schweizer Bischofskonferenz durchgeführte Pressekonferenz ganz unter dem Eindruck dieser «Erklärung über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche». Zunächst stellten jedoch der Präsident der Bischofskonferenz, Bischof Amédée Grab, ihr Generalsekretär, Dr. P. Roland-Bernhard Trauffer OP, und ihr Pressesprecher, Dr. Nicolas Betticher, das im Amtlichen Teil dieser Ausgabe dokumentierte Mediencommuniqué vor.
Bischof Grab betonte die Bedeutung der Ökumenischen Konsultation, die in drei Jahren zu über 1000 Eingaben geführt hat, von denen zwei Drittel von Gruppen kamen. Der Auswertungsbericht wird demnächst veröffentlicht werden, während das Wort der Kirchen auf den Bettag 2001 hin veröffentlicht werden soll. So soll zu seiner örtlichen ökumenischen Rezeption ­ im Rahmen zum Beispiel einer Feier ­ beigetragen werden können.
Die Schweizer Romwallfahrt wird mit dem Gottesdienst in St. Peter und der Papstaudienz einen Höhepunkt haben. Den Pilgernden wird zur Erleichterung der Organisation ein Erkennungszeichen abgegeben; wer seine Reise nach Rom selber organisiert, kann dieses Erkennungszeichen bei den Bischöflichen Ordinariaten und beim Sekretariat der Bischofskonferenz anfordern. Am Vorabend wird in einer Römer Pfarrei ein Podiumsgespräch («table ronde») zum Thema «Kirche unterwegs» stattfinden; daran teilnehmen werden Erzbischof François Xavier Nguyên Van Thuân, der Präsident des Päpstlichen Rates Iustitia et Pax, P. Georges-Marie Cottier OP, ehemals Professor in Freiburg und Genf und heute der Theologe des Päpstlichen Hauses, Bischof Amédée Grab, drei Pilger aus der Schweiz sowie der Ortspfarrer. Als Publikum werden je zehn Pilger aus jedem Bistum mitwirken.
Bei der Neuwahl des Präsidiums habe die Bischofskonferenz auf Kontinuität gesetzt und den bisherigen Präsidenten und Vizepräsidenten wieder gewählt, erläuterte P. Trauffer. Damit komme aber auch eine Wertschätzung für die Bischöfe Grab und Kurt Koch zum Ausdruck. Das Präsidium wurde zudem mit Bischof Norbert Brunner als Mitglied erweitert. Bei der Zuteilung der Arbeitsbereiche wurde Weihbischof Denis Theurillat neuer Jugendbischof, und zwar für die Deutsch- und die Westschweiz; Weihbischof Theurillat ist ferner Hauptverantwortlicher für das Laienapostolat und Mitverantwortlicher für Frieden und Gerechtigkeit. Dass Bischof Giuseppe Torti nur als Mitverantwortlicher eingesetzt ist, hat zum einen mit seiner Gesundheit zu tun und zum andern damit, dass er für viele Bereiche der Hauptverantwortliche für die italienische Schweiz ist.

Für einen UNO-Beitritt

Die Bischofskonferenz hat sich schon in den 1980er Jahren im Zeichen der Solidarität mit der Völkergemeinschaft für einen UNO-Beitritt der Schweiz eingesetzt, erinnerte P. Trauffer. Der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung verlange nach wie vor ein völkerübergreifendes Zusammengehen. Für einen UNO-Beitritt heute sprächen verschiedene Gründe. Aus schweizerischer Sicht gehe es der Bischofskonferenz darum, die grosse Isolation zu überwinden, in die unser Land geraten ist. Von einem kirchlichen Standpunkt aus verweisen die Bischöfe in ihrer Vernehmlassung darauf, dass die Katholische Kirche die Anstrengungen der UNO stets unterstützt habe, zumal es von der katholischen Soziallehre her keinen anderen Weg gebe. Dabei übersehe die Bischofskonferenz die Grenzen der UNO nicht, halte aber dafür, darüber im Blick auf Verbesserungen zu sprechen. Als einen besonderen Mangel bezeichnet sie den Weg der Sanktionen ­ das darunter leidende Volk des Irak wird namentlich genannt ­, es müssten also andere Wege gesucht werden. In der UNO könnte die Schweiz einen zweifachen Beitrag leisten: zum einen könnte sie ihre Erfahrungen mit der Multikulturalität und dem Föderalismus, der einen Minderheitenschutz gewährleiste, einbringen, und zum andern als Depositär der Genfer Konventionen die Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts befördern.

Die Einzigkeit Christi und seiner Kirche

Ein Schwerpunkt der Pressekonferenz war die von Bischof Grab vorgetragene Erläuterung der «Erklärung über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche», die weithin auf Unverständnis gestossen ist und die in der Berichterstattung erst noch vermengt wurde mit der «Theologischen Nota» der gleichen Kongregation zur richtigen und angemessenen Verwendung des Ausdrucks «Schwesterkirchen». Die Erklärung fasse aber den interreligiösen Dialog ins Auge, die Nota den katholisch-orthodoxen Dialog. Der Anlass der Erklärung sind Ideen, «in denen die christliche Offenbarung und das Mysterium Jesu Christi und der Kirche ihren Charakter als absolute und universale Heilswahrheit» verlieren oder zu verlieren Gefahr laufen.
Die Erklärung selber liege auf der Linie des Zweiten Vatikanischen Konzils und des Lehramtes Papst Johannes Pauls II. und bringe eigentlich nichts Neues; es würden Konzilstexte zitiert und Enzykliken des Papstes (namentlich die Missionsenzyklika «Redemptoris missio» und die religionsphilosophische bzw. fundamentaltheologische «Fides et ratio»). Dem Anlass entsprechend gehe es zunächst um die in Jesus Christus abgeschlossene Offenbarung Gottes, um das Heil allein in Jesus Christus («Fülle und Endgültigkeit der Offenbarung Jesu Christi»), erklärte Bischof Grab den Text der Kongregation für die Glaubenslehre. Anschliessend handelt die Erklärung vom fleischgewordenen Logos und dem Heiligen Geist im Heilswerk; damit werde jene Unterscheidung abgelehnt, wonach auf der einen Seite der ewige Logos als Urheber der Wahrheit und auf der anderen Seite der Mensch gewordenen Logos als eine von vielen Möglichkeiten des Logos betrachtet werde. Desgleichen in Bezug auf den Heiligen Geist: sein Wirken geschehe nicht ausserhalb oder neben dem Wirken Christi. Das führe zum nächsten Gedanken, zur Einzigkeit und Universalität des Heilsmysteriums Jesu Christi. Der universale Heilswille des einen und dreifaltigen Gottes sei ein für allemal im Mysterium der Inkarnation, des Todes und der Auferstehung des Sohnes Gottes angeboten und Wirklichkeit geworden. Daraus leite sich die Einzigkeit und Einheit der von Jesus Christus gestifteten Kirche ab, deren Aufgabe universell ist.
Zwischen der Kirche, dem Reich Gottes und dem Reich Christi gebe es enge Beziehungen, auch wenn zwischen ihnen zu unterscheiden sei: das Reich Gottes sei nicht mit der Kirche in ihrer sichtbaren und gesellschaftlichen Wirklichkeit identisch, die Kirche bilde indes schon seinen Keim und seinen Anfang. Abschliessend geht es um die Beziehung zwischen der Kirche und den Religionen im Hinblick auf das Heil und damit um die Frage, ob die Wege der Religionen andere Wege zum Heil seien. Darauf antwortet die Erklärung, dass es keine parallelen Wege zum Heil gebe, so dass alle, die dem allgemeinen Heilswillen Gottes entsprechend zum Heil gelangen, durch Jesus Christus zum Heil gelangen ­ auf Wegen, die Gott weiss.
Der Generalsekretär der Bischofskonferenz unterstrich, dass es sich bei der neuen Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre nicht um ein Ökumene-Papier handelt, sondern um ein Papier gegen innen. Grundlegende Gedanken der vorliegenden Erklärung fänden sich im Katechismus der Katholischen Kirche wie im Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre über einige Aspekte der Kirche als Communio (1992). Gegen innen warne es auch vor Überheblichkeit. Anderseits könne seine Ekklesiologie mit jener im Konvergenzdokument über Taufe, Eucharistie und Amt (Lima, 1982) verglichen werden. Für die Ökumene selber bleiben von römisch-katholischer Seite wegweisend das Direktorium des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen zur Ausführung der Prinzipien und Normen über den Ökumenismus (1993) sowie die Enzyklika «Ut unum sint» (1995).

Schwesterkirchen

Die theologische Nota, führte Bischof Grab aus, mahne im katholisch-orthodoxen Dialog, der sich damit schwer tue, die Vergangenheit zu bewältigen, Sorgfalt in der Sprache an. Gemäss der Nota sind im eigentlichen Sinn Schwesterkirchen ausschliesslich Teilkirchen (Diözesen oder Eparchien) oder Teilkirchenverbände (Patriarchate oder Kirchenprovinzen) untereinander. So sei das Bistum Rom Schwesterkirche der anderen ­ nicht nur römisch-katholischen ­ Bistümer, das Patriarchat von Rom Schwesterkirche der anderen Patriarchate, nicht aber sei die Römisch-katholische Kirche als ganze Schwesterkirche der Orthodoxie insgesamt. Angewendet werden könne der Ausdruck zudem nur auf jene kirchlichen Gemeinschaften, «die den gültigen Episkopat und die gültige Eucharistie bewahrt haben». Selbstverständlich würden solche Gemeinschaften trotzdem und weiterhin Kirchen genannt, wenn sie sich selber so bezeichnen.
In der abschliessenden Fragerunde hatte Bischof Grab alle Mühe darauf zu verwenden, die Position der Erklärung «Dominus Iesus» in ihrer inneren Logik zu erklären und zu verteidigen, weil sie immer wieder als Überheblichkeit über andere oder als Werturteil in Frage gestellt wurde. P. Trauffer schliesslich verwahrte sich gegen die Kritik des Präsidenten des Rates des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes. In der Erklärung werde niemand ausgegrenzt und werde niemandem irgend- etwas abgesprochen; es werde niemandem abgesprochen, dass er zur Kirche Jesu Christi gehört, versicherte er.


© Schweizerische Kirchenzeitung - 2000