Jean-Marie Lovey © bischoefe.ch
Schweiz

Walliser Bischof provoziert mit Aussagen zu Homosexualität Proteste

Sitten, 20.5.15 (kath.ch) Der Sittener Bischof Jean-Marie Lovey bezeichnete in einem Interview die Homosexualität als eine «Schwäche der Natur». Homosexuellen-Organisationen protestieren. Die Äusserungen des Bischofs machten die Komplexität des Themas deutlich und dürften nicht verkürzt gesehen werden, sagte Abbé Joël Pralong am Mittwoch, 20. Mai, gegenüber kath.ch. Pralong begleitet im Auftrag des Bischofs eine Selbsthilfegruppe von Homosexuellen. Bischof Lovey vertritt die Schweiz an der kommenden Weltbischofssynode zu Ehe und Familie in Rom.

Georges Scherrer

Der Bischof von Sitten hatte in einem Interview mit der Walliser Zeitung «Le Nouvelliste» von Montag auf die Frage «Was antworten Sie Eltern, die hoffen, sie könnten die homosexuelle Neigung ihre Kinder ändern?» geantwortet, die Angehörigen einer homosexuellen Person empfinden diese sexuelle Ausrichtung manchmal als Verletzung oder Leiden. «Aus diesen Grund muss ihr Wunsch, dies zu ändern, respektiert werden.» Der Bischof ist überzeugt, dass das Gebet eine derartige Änderung bewirken könne. Das Gebet habe bereits oft zur Heilung von Kranken geführt.

Das Grundproblem sei nicht die Homosexualität, sondern die Sexualität. Der Mensch sei in Mann und Frau sexualisiert. Es entspreche dem Menschsein, dass die Sexualität vollumfänglich gelebt werde. «Es ist ein Punkt der natürlichen Moral. Die Kirche unterstreicht mit Recht, dass man diesen Naturzustand nicht ändern kann. »

Auf die Bemerkung des Interviewers hin, Homosexualität als Bestandteil der Menschen könne nicht geändert werden, erklärte der Bischof: «Sicher, die Person ist oft von Anfang an so. Das will aber nicht heissen, dass es nicht geändert werden kann. Psychologische Heilmethoden existieren. Die Homosexualität kann geheilt werden.» Der Bischof verwahrte sich klar dagegen, dass die Homosexualität eine Krankheit sei. Er spricht im Interview von einer «Schwäche der Natur». Als «Beweis» führt der Bischof das «wirkliche Leiden» der Betroffenen und ihrer Umgebung an. Dies mindere aber die «Menschlichkeit» der homosexuelle Person und ihrer Würde nicht.

«Beleidigung und Provokation»

Die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) schreibt auf ihrer Homepage, solche Aussagen wie jene des Bischofs stifteten zur Ablehnung und Ausgrenzung an und stürzten «die Jugend in eine tiefe Verzweiflung». Eine derartige Erklärung könne nur als «Beleidigung und Provokation» gegen viele Lesben und Schwule verstanden werden, «die in einem Land leben, in dem es von nun an zum guten Ton gehört, zu behaupten, dass sie krank seien».

Homosexualität kann Belastung sein

Joël Pralong, der eine Selbsthilfegruppe von Homosexuellen im Kanton Wallis begleitet, erklärte auf Anfrage, der Bischof stehe den Homosexuellen bei Begegnungen offen gegenüber und stosse sie nicht zurück. Nach dem Gespräch mit einer 20-jährigen praktizierenden Katholikin und Lesbe forderte er die Frau auf, im Wallis eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Diese Gruppe wird von Pralong begleitet.

Für junge Menschen könne ihre Homosexualität eine Belastung sein, die bis zum Selbstmord führen könne, erklärte Pralong. Betroffene könnten ihre Homosexualität durchaus als Belastung erleben. Das Gebet könne ihnen, wie der Bischof geraten habe, bei der Bewältigung ihrer Situation helfen. Pralong vergleicht die Betroffenen mit einer Blume, die «Angst hat, von den Füssen der Grossen zertreten zu werden». In dieser Blume finde man «sehr viel Schönheit», wenn man sich um sie kümmere.

Bischof Lovey weilt zur Zeit im Ausland und war für eine Stellungnahme gegenüber kath.ch persönlich nicht erreichbar. (gs)

Jean-Marie Lovey © bischoefe.ch
20. Mai 2015 | 12:48
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Lovey an Weltbischofssynode

2014 vertrat der St. Galler Bischof und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) Markus Büchel die katholische Kirche Schweiz an der Familiensynode. Im nächsten Herbst, wenn die Bischöfe der Weltkirche die künftigen Leitlinien der Ehe- und Familienpastoral festlegen, wird Jean-Marie Lovey für die Kirche Schweiz nach Rom reisen. (gs)