Benzinfressendes Statussymbol Auto
Schweiz

Über 100'000 Schweizer fordern mit Petition vom Bundesrat effiziente Klimapolitik

Bern, 28.5.15 (kath.ch) Geht es um Klimaschutz, ist die Schweiz kein Vorbild. Die Politik soll den Klimaschutz effizienter angehen, fordern über 100’000 Unterzeichner in einer Petition, die am Donnerstag, 28. Mai, in Bern Bundesrat und Parlament übergeben wurde. Brot für alle, Fastenopfer und Partner sein haben davon über 21’000 Unterschriften gesammelt. An der Uno-Klimakonferenz im Dezember in Paris darf die Schweiz bezüglich des Klimaschutzes nicht das EU-Schlusslicht bilden, hiess es an einer Pressekonferenz der Klima-Allianz Schweiz gleichentags in Bern.

Georges Scherrer

Der Klima-Allianz Schweiz gehören 60 Organisationen aus den Bereichen Umwelt, Entwicklungs- und Sozialpolitik sowie aus Politik und Kirche an.

An der Pressekonferenz entstand der Eindruck, die Schweiz sei in Sachen Klimaschutz nicht ein Modell, sondern mogle sich durch. Mehrfach wurde an der Pressekonferenz auf politische Forderungen von Economiesuisse hingewiesen. Der Vorschlag dieses Wirtschaftsverbandes wie auch von Erdölvereinigungen, die Schweiz solle beim CO2-Ausstoss die Null-Emission anstreben, finde in der Politik grossen Anklang, erklärte Peter Niggli, Geschäftsführer bei Alliance Sud, der Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke. Das Treibgas CO2 wird für den die Erwärmung der Erde und den damit verbundenen Klimawandel verantwortlich gemacht.

Der Vorschlag der Null-Emission sei Augenwischerei, meinte Niggli in Bern. Finanzkräftige Kreise in der Schweiz stehen dafür ein, so genannte Kompensationen (Unternehmen, die ihre eigenen Emissionen kompensieren wollen, geben Geld für andere Projekte, die Red.) ins Ausland zu vergeben und so Drittweltländer zu unterstützen. In der Schweiz bleibe alles beim Gleichen. Autos, die viel Energie verbrauchen, dürften weiterhin ungehindert verkauft werden, so Niggli.

Beispiel Dänemark

Einige Zahlen zum Klimaverhalten der Schweiz lieferte in Bern der CEO von WWF Schweiz, Thomas Vellacott. Die zweitwichtigste Quelle für die CO2-Verschmutzung im Land seien die Autos. «Würden die Schweizer ebenso effiziente Autos kaufen wie die Dänen, könnten die Autofahrer hierzulande jedes Jahr eine Milliarde Franken Benzin- und Dieselkoste sparen», so Vellacott.

Als grösste Emissions-Quelle für CO2 in der Schweiz nannte Vellacott die Gebäudeheizungen. Das Land belege bei den Ölheizungen international einen Spitzenplatz. Wärmepumpenheizungen verursachten zehn Mal weniger CO2-Emissionen «als die besten Ölheizungen», so der WWF-CEO. Bei einer seriösen Umsetzung der Vorgaben für den Klimaschutz bestehe für die Schweizer Bevölkerung ein erhebliches Sparpotential.

Mogelpackung CO2-Statistik

Der Bundesrat hat für das Jahr 2030 neue Klimaziele beschlossen. Im kommenden Jahrzehnt sollen die Emissionen im Inland jedes Jahr um ein Prozent gesenkt werden. «Die EU und selbst die USA machen mit zwei Prozent doppelt so viel. Drei Prozent sind nötig, wenn der Bundesrat sein eigenes Ziel von maximal zwei Grad Erwärmung ernst nimmt», erklärte Vellacott.

Gemäss Economiesuisse soll die Schweiz über Kompensationszahlungen an ärmere Länder den Klimaschutz im Ausland unterstützen. Dies soll aber nicht auf Kosten des Klimaschutzes hierzulande geschehen, fordert die Klima-Allianz. Diese beklagt, dass die offizielle CO2-Statistik des Bundes die von der Schweiz verantworteten CO2-Emissionen im Ausland nicht berücksichtigt. Mit Importen verursache die Schweiz «noch einmal so viel CO2-Emissionen wie im Inland», sagte Vellacott.

Wahljahr 2015 und Klimapetition

Im Herbst stehen Parlamentswahlen an. Es wird erwartet, dass die Rechtsparteien an Terrain gewinnen werden, meinte Niggli. Diese seien besonders hellhörig für die Anliegen von Economiesuisse. Die am Donnerstag eingereichte Klimapetition wolle nicht zuletzt auch auf die Wahlen hin das Interesse der Bevölkerung auf die mangelnde Verantwortung der Schweiz bezüglich des weltweiten Umweltschutzes lenken.

Vom 1. bis 11. Dezember findet die Uno-Weltklimakonferenz in Paris statt. Die Klima-Allianz würde es begrüssen, wenn sich die Schweiz nicht mit Kompensationszahlungen aus ihrer Klima-Verantwortung freikauft, sondern die Förderung des Klimaschutzes im eigenen Land umsetzt und in Paris entsprechende Vorschläge unterstützt.

Petition setzt Ziele für das Jahr 2050

Die in Bern eingereichte Klimapetition wurde von 107’765 Personen unterzeichnet. Sie fordert, dass die Schweiz ihre Energieversorgung bis 2050 vollständig auf erneuerbare Quellen umstellt und die Entwicklungsländer bei Klimaschutz und Anpassungsmassnahmen finanziell unterstützt. Dazu gehört auch die Vermittlung von Know-how und Mitteln, um die Bevölkerung vor Katastrophen zu schützen, sagte Niggli. Bangladesch etwa verfüge nicht über die finanziellen Mittel, um die Gebiete, welche von den steigenden Meeren bedroht sind, wie die Niederlande mit Deichen zu schützen.

Die Auswirkungen des Klimawandels seien vielfältig: Missratene Ernten trieben die Bauern zu Landflucht, der ausbleibende Regen lasse die Böden austrocknen und den Grundwasserspiegel sinken. «Der Klimawandel ist in der Schweiz wenig spürbar und beeinträchtigt unser Leben nicht – in den Entwicklungsländern aber schon», meinte Niggli. (gs)

Benzinfressendes Statussymbol Auto | © Georges Scherrer
28. Mai 2015 | 16:10
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