Cantars-Festival in Basel: mischen traditionelle Orgelmusik auf
Schweiz

«Te deum» nicht nur für Katholiken – Auftakt zu Cantars 2015

Basel, 15.3.15 (kath.ch) Cliquen im Münster und eine Jamsession in der Predigerkirche: Das Publikum erlebte Überraschungen und Grenzüberschreitungen, nicht nur musikalischer Art. Das Kirchenklangfest Cantars 2015 erwies sich am Auftaktfestival in Basel als ökumenisches Projekt.

Regula Pfeifer

Die Dirigentin gibt mit klaren Lippenbewegungen den Liedanfang vor. Erst beginnt die Orgel zu spielen, dann setzt der Chor ein. Er singt «Jauchzet dem Herrn» von Heinrich Schütz. «Kommt vor sein Angesicht», ertönt es von den rot-schwarz gekleideten Sopranistinnen links, die blau-schwarzen rechts folgen mit demselben Abschnitt des Psalms. Wie ein Ruf und sein Echo klingt das, reflektiert auch von den tieferen Stimmen. Dasselbe bei «mit Frohlocken» und anderen Abschnitten. Jedes Mal läuft eine Klangwelle durch den Chor, von links nach rechts und wieder zurück. Das Besondere daran: links singt der katholische Domchor Arlesheim, rechts der reformierte Chor Arlesheim. Sie haben einen gemeinsamen Auftritt am Auftaktfestival von Cantars 2015 in Basel, und zwar in der christkatholischen Predigerkirche. Ihr Zusammenwirken kommt nicht von ungefähr: Beide Chöre haben dieselbe Dirigentin, Carmen Ehinger, der katholische seit 20 Jahren, der reformierte seit zwei Jahren. In beiden Chören hätten schon immer auch Sängerinnen und Sänger der anderen Konfession mitgewirkt, erklärt Ehinger im Gespräch mit kath.ch.

Ökumene ohne Theologen

Das diesjährige Kirchenklangfestival Cantars ist ökumenisch. Das wird immer und überall an diesem Auftaktanlass in Basel betont und gelobt, bei der Eröffnungsrede, zur Konzertansage, beim Festakt. Das Fest halte sich nicht an konfessionelle Grenzen, meinte etwa Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds und damit Vertreter der Reformierten in seiner kurzen Rede. Es beweise, dass man nicht Katholik sein müsse, um ein «Te deum» zu singen. Und er provozierte einen spontanem Applaus und Schmunzeln mit der Bemerkung: «Vielen Dank an all jene, die Ökumene so machen, dass sie uns Theologen gar nicht brauchen.»

Zur Vesperfeier allerdings brauchte es sie, die Theologen. Die reformierte Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field und Bischof Felix Gmür gestalteten sie gemeinsam im Münster. Schröder sprach vom Ringen des Apostels Paulus um die Worte Jesu und schloss ihre Gedanken: «Die Bibel ist ökumenisch». Bischof Gmür erwähnte allgemein menschliche Bedürfnisse und menschliches Leid und äusserte entsprechende Wünsche an Gott – unterstützt jeweils von einem «Kyrie Eleison» des Basler Männeroktetts und des Kirchenpublikums. Zum Abschluss sprachen alle gemeinsam stehend das «Vater unser» beziehungsweise «Unser Vater», und die beiden Theologen erhoben abwechselnd ihre Arme und segneten die Anwesenden.

Cliquen wandeln durchs Münster

Kirchenmusik gleich Chormusik, schien das Programm zu diesem Festivaltag zu sagen. Viel Chormusik war denn auch präsent in den fünf beteiligten Kirchen Basels. Doch der Festivalauftakt am Mittag im Münster belehrte gleich eines Besseren. «Sie werden Orgelmusik mit Basler Tradition vermischt hören» machte Sandra Rupp, Projektleiterin des kirchenmusikalischen Grossanlasses, in ihrer kurzen Eröffnungsansprache neugierig. Die Orgel setzte aber ein, ganz wie man es sich gewohnt ist. Wo soll denn da das Baslerische sein, mag sich der eine oder andere gedacht haben.

Da kam es: Von den verschlossenen Toren der Apsis ertönte schrilles Pfeifen und gewaltiges Trommeln. Wenig später traten sie ein, je ein Fastnächtler in Larve (Maske) und schräger Bekleidung, und wandelten tänzerisch und pfeifend durchs das Münster. Weitere Piccolospieler folgten, später die Tambouren, die, ohrenbetäubend, die Orgel übertönten. Die Performance ging weiter, ein Blasorchester setzte ein, Schlagzeug und mehr. Schliesslich fand die Orgel zu ihren normalen Klängen zurück, der Zauber war vorbei.

Auch die Jamsession, die sich eine Orgel mit einem E-Klavier lieferte, liess die Zuhörenden aufhorchen – diesmal am vorabendlichen Festakt. Da und dort ein Lächeln, ein Fuss, der mitwippte. Das bewies: Die Musik überschritt hier ebenso Grenzen wie die Konfessionen. Wobei das in leicht verdaulichem Mass und mit einer Prise Humor geschah.

Raus aus dem Mauernblümchendasein

Die Chöre sangen an diesem Tag selbstredend geistliche Werke. Im Alltag bereichern sie ja damit die Gottesdienste ihrer Pfarrei. Aus dem normalen Kirchenchorbetrieb auszubrechen, bedeutete für die Beteiligten eine Aufregung, wie Sänger und Dirigenten bestätigten. «Wir mussten das Stück auf ein anderes Niveau bringen», sagte die Arlesheimer Dirigentin Carmen Ehinger. Und Bernd Piepenbreier, Leiter von Cantus Birsfelden, sagte, sie hätten die Sache ernst genommen, viel geübt und zehn Zuzüger hinzugeholt. Astrid Hägeli, die seit 24 Jahren im Cantus Birsfelden mitsingt, war vor dem Auftritt aufgeregt, weil der Chor direkt vor dem Publikum stand und von allen gesehen wurde. Im Gottesdienst singe ihr Chor oft auf der Empore und sei nicht sichtbar, erzählte sie. Ihr Kollege will davon nichts hören, er motiviert die Umstehenden, das Ganze in der Beiz zu feiern. (rp)

Hinweis: Die nächsten Cantars-Festivaltage finden am 20. März in Bern und am 21. März in Winterthur statt.

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Cantars-Festival in Basel: mischen traditionelle Orgelmusik auf | © 2015 zVg
15. März 2015 | 10:15
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