Muslime beim Freitagsgebet in Kreuzlingen
Schweiz

SVP-Regierungsrat prüft Steuerbefreiung für muslimische Gemeinschaften

Zürich, 22.1.15 (kath.ch) In der Schweiz geht die Diskussion über die öffentlich-rechtliche Anerkennung muslimischer Gemeinschaften weiter. Am vergangenen Wochenende plädierte der Berner Kirchendirektor, SVP-Regierungsrat Christoph Neuhaus, als Alternative dafür, Gemeinschaften in einem ersten Schritt als gemeinnützige Vereine zu anerkennen. Damit wären diese Institutionen steuerbefreit und Spenden an diese Vereine dürften von den Steuern abgezogen werden. In anderen Kantonen reagiert man zurückhaltend auf den Vorschlag aus Bern, wie eine Umfrage von kath.ch zeigt.

Barbara Ludwig

Die Anerkennung muslimischer Gemeinschaften als gemeinnützige Vereine würde für Transparenz sorgen und einen «gewissen Einfluss» des Staates auf die Vereinstätigkeit sichern, sagte Neuhaus gegenüber der «Sonntagszeitung» (18. Januar). Eine öffentlich-rechtliche Anerkennung hält der Berner Kirchendirektor im derzeit aufgeheizten Klima für chancenlos, wie er gegenüber kath.ch erklärte. Sein Modell der «niederschwelligen Anerkennung» hätte den Vorteil, dass es schnell umsetzbar wäre. Gemäss Berner Kantonsverfassung können zwar nebst den Landeskirchen und den israelitischen Gemeinden, die den Status von öffentlichrechtlichen Körperschaften haben, weitere Religionsgemeinschaften öffentlichrechtlich anerkennt werden. Allerdings braucht es dazu jeweils ein Anerkennungsgesetz. Und die Erarbeitung eines solchen Gesetzes braucht Zeit.

Basel: Richtige Anerkennung statt steuerliche Sonderregeln

In anderen Kantonen zeigt man wenig Interesse für die Gemeinnützigkeits-Idee des Berner Kirchendirektors Neuhaus. Sowohl Luzern als auch Solothurn verweisen auf ihre jeweilige Gesetzesgrundlage. Auch die öffentlich-rechtliche Anerkennung muslimischer Gemeinschaften sei hier «kein aktuelles Thema», sagt Dieter Altenburger, Leiter der Abteilung Kirchenwesen beim Departement für Bildung und Kultur in Solothurn, gegenüber kath.ch. Die Kompetenz zur Anerkennung anderer Religionsgemeinschaften liege beim Kantonsrat. Bislang habe es noch keinen Vorstoss dazu im Parlament gegeben.

Anders ist die Situation im Kanton Luzern. Dort hat das Parlament im November 2014 eine Motion abgelehnt, die die Ausarbeitung eines solchen Gesetzes «innert nützlicher Frist» verlangt hatte. «Aus diesem Grund arbeiten wir bis auf weiteres nicht mehr an diesem Thema», erklärt Karin Pauleweit, Leiterin der Dienststelle Hochschulbildung und Kultur. «Es gibt auch keine Notwendigkeit, da von keiner Religionsgemeinschaft im Kanton Luzern ein Antrag auf Anerkennung erwartet wird.»

Lilo Roost Vischer, Koordinatorin für Religionsfragen im Kanton Basel-Stadt, hält «Sonderregelungen» für muslimische Vereine auf dem Weg zur öffentlich-rechtlichen Anerkennung «nicht für zielführend». «Aber es ist sicher begrüssenswert, wenn ein Kanton seine Wertschätzung für die zahlreichen sozialen Aktivitäten von Moschee- und weiteren religiösen Vereinen ausdrückt», sagt Roost Vischer zum Vorschlag aus Bern.

Zürich: Steuerbefreiungs-Vorschlag bringt Muslime kaum weiter

Die Anerkennung als gemeinnütziger Verein erfolge im Kanton Zürich «rein steuerrechtlich» und sei jederzeit möglich, teilte der Zürcher Regierungsrat Martin Graf auf Anfrage mit. Das gelte auch für muslimische Vereine. Justizdirektor Graf gibt seinem Amtskollegen Neuhaus recht: Der Vorteil einer solchen steuerrechtlichen Anerkennung sei die Bildung einer demokratisch legitimierten Vereinigung mit Offenlegung von Statuten, zuständigen Organen, Jahresrechnung sowie dem Nachweis der Gemeinnützigkeit. Graf geht allerdings davon aus, dass die wichtigen islamischen Organisationen im Kanton Zürich diesen Status der Steuerbefreiung bereits haben. Deswegen «bringt der Vorschlag auf dem Weg zur öffentlich-rechtlichen Anerkennung wenig.»

Eine Nachfrage bei der Berner Steuerverwaltung ergibt, dass im Kanton Bern Vereine und Stiftungen die Steuerbefreiung «wegen Kultuszwecken» und die Steuerbefreiung «wegen Gemeinnützigkeit» beantragen können. Bruno Knüsel, Leiter der Steuerverwaltung, sagt gegenüber kath.ch, er kenne heute keinen muslimischen Verein, der wegen Kultuszwecken in den Genuss der Steuerbefreiung komme. Es existierten aber Organisationen mit muslimischer Trägerschaft, die gemeinnützige Leistungen erbringen, jedoch nicht «als muslimisch in Erscheinung treten». (bal)

Muslime beim Freitagsgebet in Kreuzlingen | © Barbara Ludwig
22. Januar 2015 | 11:12
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