Sinkende Steuern? – Kirchgemeinden und Kantonalkirchen setzen auf Mieteinkünfte

Zürich, 27.3.15 (kath.ch) Sinken die Steuergelder, wird es finanziell eng für die katholischen Kirchgemeinden. Viele haben darauf reagiert und alternative Einkommensmöglichkeiten gesucht oder sind auf dem Weg dahin. Beispiele aus der Zentralschweiz, aus Basel und anderswo zeigen: Die meisten von ihnen setzen auf Wohnungen, also auf regelmässige Mieteinkünfte.

Regula Pfeifer

Die Kirchensteuererträge sind im Kanton Luzern nicht etwa wegen übermässiger Austritte gesunken, sondern wegen Revisionen des Steuergesetzes. Dies erklärt Edi Wigger, Synodalverwalter der römisch-katholischen Landeskirche Luzern, gegenüber kath.ch. So wurden etwa die Steuern der juristischen Personen stark reduziert, was sich auf die Erträge der einzelnen Luzerner Kirchgemeinden niederschlug. Die Anzahl Kirchenmitglieder hingegen blieb stabil oder stieg dank Migranten aus katholischen Ländern gar an, so Wigger. Einige Kirchgemeinden haben auf die Situation reagiert und auf eine neue Einkommensquelle gesetzt: die Vermietung von Wohnungen.

Erfolgsgeschichte aus Luzern

Besonders erfolgreich war dabei die Katholische Kirchgemeinde der Stadt Luzern. Sie erstellte von 2009 und 2012 55 Eigentumswohnungen und 55 Mietwohnungen in der Siedlung Unterlöchli. Ab Sommer 2012 zogen erste Mieter ein. 2012, als noch einige Wohnungen frei waren, nahm die Kirchgemeinde netto rund 688›000 Franken Miete (brutto 962›000 Franken) ein, 2013 waren es rund 999›000 Franken (brutto 1’500’000 Franken). 2014 waren es etwa 100’000 Franken weniger, wie die Urban Schwegler, Kommunikationsverantwortlicher der Kirchgemeinde, gegenüber kath.ch antönt. Die Kirchgemeinde habe ihre Mieten an den gesenkten Referenzzinssatz angepasst. Genaue Zahlen für 2014 liegen Ende Mai vor, wenn der Grosse Kirchenrat die Jahresrechnung genehmigt hat.

«Die Liegenschaft Unterlöchli ermöglicht uns, in den kommenden Jahrzehnten nachhaltig und regelmässig Rendite zu erzielen», sagt Peter Bischof, Geschäftsführer Katholische Kirchgemeinde Luzern. Mit den Einkünften wolle die Kirchgemeinde nicht nur fehlende Steuergelder ersetzen, sondern auch kirchliches Engagement unterstützen. Die Luzerner Kirchgemeinde hat in den 50er-Jahren einige Liegenschaften gekauft mit dem Ziel, darauf weitere Kirchen zu bauen. Dazu kam es aber nicht überall. So blieben drei Liegenschaften frei, die es neu zu nutzen galt, eine davon das Unterlöchli. Andere Liegenschaften setzte die Kirchgemeinde für soziale Zwecke ein, etwa für eine Unterkunft für Obdachlose oder ein Kinderheim.

Auch beim Unterlöchli seien soziale Aspekte wichtig gewesen, betont Bischof. Die verkauften Eigentumswohnungen ermöglichten vergleichsweise günstige Mietpreise an guter Wohnlage. Und ein Gemeinschaftsraum und flexibel mietbare Räume entsprächen ebenfalls einem Bedürfnis, so Bischof.

Wohnungen und Räume für Familien, Pfarrer, Senioren und Kindergärten

In Kriens LU hat die Kirchgemeinde kürzlich die Wohnüberbauung «Am Schlossbach» realisiert. Seit letztem Sommer sind 21 Wohnungen an rund 70 Familien vermietet. Sie spülen 50’400 Franken monatlich in die Kasse der Kirchgemeinde. Die Mieteinnahmen helfen, die pastoralen Aufgaben auch bei sinkenden Steuereinnahmen zu realisieren. Dies erklärt der Finanzverantwortliche Toni Amstutz gegenüber kath.ch.

Auch in Schötz LU plant die Kirchgemeinde ein Wohnprojekt. Sie will das Pfarrhaus durch einen dreistöckigen Neubau ersetzen. Darin sollen neben der Pfarrwohnung auch zwei Kindergärten und 15 altersgerechte Mietwohnungen Platz finden. «Der Pfarrhof generiert ab 2016 eine beträchtliche Vermögenszunahme», heisst es im Protokoll der ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung vom 2. Februar 2015. Ähnliche Bauten sind in den Kirchgemeinden Adligenswil LU, Malters LU und Sempach LU am Entstehen.

Viel früher in diese Richtung gegangen ist die kleine Luzerner Kirchgemeinde Uffikon/Buchs LU. Sie besitzt seit 25 Jahren ein Mehrfamilienhaus mit sieben Wohnungen und erhält so jährlich rund 80’000 Franken Mieteinnahmen, also rund 6’700 Franken monatlich. Nach Abzug der Aufwendungen wie Abwart und Unterhalt hat die Kirchgemeinde einen Monatsertrag rund 4’500 bis 5’000 Franken, erklärt Sonja Peter-Fellmann, Kirchmeierin von Uffikon/Buchs.

Das Mehrfamilienhaus entstand, weil die Kirchgemeinde damals beschloss, das renovationsbedürftige Pfarrhaus statt zu renovieren gleich durch einen Neubau zu ersetzen. In dessen Parterrewohnung wohnte anfänglich der Pfarrer. Heute sind alle sieben Wohnungen an normale Mieter vergeben, so Peter-Fellmann.

In der Stadt Basel: Sigristenhäuser werden anders vermietet

Nicht nur in der Zentralschweiz, auch andernorts kämpfen die Kirchgemeinden mit sinkenden Steuereinnahmen. Die römisch-katholische Kirche des Kantons Basel-Stadt (RKK,BS) hat das Problem bereits um die Jahrtausendwende erkannt. Sie leide unter den steigenden Kirchenaustritten, vermeldete die Presseagentur Kipa im Jahr 2002. Die Kirchenorganisation verfügt wegen ihrer städtischen Lage über wenig Land. Sie suchte deshalb Wege, bestehende Liegenschaften anders zu nutzen und hatte vor allem Pfarr- und Sigristenhäuser im Blick. Aber auch Umnutzungen oder Verkäufe von Kirchen wollte sie nicht ausschliessen.

Inzwischen sind ein paar Sigristenhäuser vermietet, wie Matthias Schmitz, juristischer Mitarbeiter der Kirche des Kantons Basel-Stadt,  kath.ch berichtet. Allerdings würden kaum je Marktpreise erzielt, da immer gleichzeitig soziale Zwecke verfolgt würden. Letzteres gilt insbesondere für jene Häuser, die in Flüchtlingsunterkünfte umgewandelt wurden. Die Häuser sind frei geworden, weil Sigristen inzwischen nicht mehr gleich neben der Kirche wohnen, wie Schmitz erklärt.

Ein grösseres Bauprojekt hat die Basler Kirchenorganisation dennoch, und zwar auf einer ihrer umfassendsten Landreserven. Sie will das Areal der St.-Christophoruskirche im Basler Quartier Kleinhüningen neu überbauen. Dafür lässt sie die Kirche, das Pfarreiheim sowie das Pfarr- und Sakristanenhaus rückbauen, da sie in diesem Umfang nicht mehr gebraucht werden. An ihre Stelle kommen eine neue Kapelle und Räumlichkeiten für die Kirchliche Sozial- und Jugendarbeit, wie Schmitz schreibt. Auf diese Weise bleibe die Pfarrei St. Clara im Quartier präsent. Zudem baut die Kirchgemeinde auf dem Areal Familienwohnungen und einen Kindergarten – diesen als Ersatz für den bestehenden. Möglicherweise kommen Alterswohnungen hinzu, das benachbarte Pflegewohnheim St. Christoporus interessiert sich offenbar dafür. Die RKK erhoffe sich vom Projekt eine «finanzielle Entlastung bei weitgehender Beibehaltung der kirchlichen Funktionen der Immobilie», so Schmitz.

Aus Uzwil im Kanton St. Gallen ist ein ähnlicher Fall bekannt. Die Kirchgemeinde Henau-Niederuzwil will ihr Grundstück im 100-jährigen Baurecht an eine gemeinnützige Genossenschaft abgeben, heisst es im St. Galler Tagblatt (7. Februar). Eine Überbauung für Wohnen im Alter ist darauf geplant. Der Baurechtszins, den die Genossenschaft auf dem vereinbarten Landwert entrichten werde, trage zum Erhalt des aktuellen kirchlichen Angebots in der Region bei und sei in Zeiten sonst rückläufiger Einnahmen ein «willkommener Zustupf», erklärte Paul Gähwiler, Präsident der Kirchgemeinde, gegenüber der Zeitung.

Die römisch-katholische Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung plant ebenfalls, in ein Mehrfamilienhaus zu investieren, um «mit den Mieterträgen allfällige Steuerausfälle abfedern zu können», wie Rolf Frei, Leiter Verwaltung, auf Anfrage schreibt. Umnutzungen und Verkauf von Liegenschaften seien hingegen kurzfristig nicht vorgesehen. «Solange es die finanzielle Situation zulässt, werden wir keine Liegenschaften veräussern», betont Frei. Nur ein Hotel verkauften sie unlängst und kauften dafür eine andere Liegenschaft.

«Keine zwingenden Gründe» im Kanton Zürich

Kein Zugzwang in dieser Richtung ist im Kanton Zürich spürbar. «Die Katholische Kirche im Kanton Zürich – also die insgesamt 75 Kirchgemeinden und die kantonale Körperschaft – haben in den letzten Jahren grundsätzlich keine kirchlichen Liegenschaften verkauft oder einer Umnutzung zugeführt», antwortet Aschi Rutz, Bereichsleiter Kommunikation Synodalrat. Es gebe keine zwingenden Gründe dafür. Die Kirche brauche ihre Räumlichkeiten selber, vermiete sie verschiedenen Anspruchsgruppen oder stelle sie kostenlos Gruppen, Vereinen und Organisationen zur Verfügung. Gerade die fremdsprachigen Missionen seien auf der Suche nach eigenen oder zusätzlichen Räumen, auch nach Kirchen für ihre Gottesdienste.

Die kleine Rundumschau zeigt: Wo sinkende Steuereinnahmen die Lage erschweren, suchen Kirchgemeinden und kirchliche Körperschaften nach Alternativen und setzen dabei meist auf Investitionen in den Wohnungsbau. Die regelmässigen Mieteinnahmen ermöglichen, das kirchliche Engagement aufrechtzuerhalten und weitere soziale Aufgaben wahrzunehmen. (rp)

 

 

In Besitz der Katholischen Kirche Stadt Luzern: die Siedlung Unterlöchli| © 2015 Katholische Kirche Stadt Luzern
27. März 2015 | 07:20
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