Schweizer Jugendliche an Weltjugendtag
International

Schweizer Pilgerschar erlebt tiefgründige Weltjugendtage

Krakau, 28.7.16 (kath.ch) Der erste Tag des Weltjugendtages in Krakau war überschattet von Terrornachrichten aus Frankreich. Die 900 angereisten Jugendlichen aus der Schweiz erleben jedoch, wie sich trotz allem auch in der polnischen Kulturstadt die fröhlich-optimistische Stimmung durchsetzt, die Weltjugendtage bislang stets auszeichneten.

Vera Rüttimann

Wie einem magischen Strom folgend, lassen sich Jugendliche aus aller Welt durch die Ulica Grodzka zum pochenden Herz der Stadt führen, zum Rynek Glowny. Er gilt als der grösste mittelalterliche Marktplatz Europas. 40 Stadtpalais und unzählige Cafés umrahmen ihn. Zum Platz gelangt man durch das Florianstor, dessen Flanken die Weltjugendtags-Pilger zu einer riesigen Freilichtgalerie gemacht haben.

Hier trifft sich die katholische Welt

Auf diesem Platz, auf dem die Pferdekutschen wie Perlen an einer Schnur aneinandergereiht stehen und zu Füssen der Marienkirche, trifft sich in diesen Tagen, zusammen mit ihren Gastgeber, die katholische Welt. Eine junge Frau, die im Starbucks am Rynek arbeitet, sagt: «Ich mag diese Stimmung. Wir Polen mögen es, wenn Menschen auf öffentlichen Plätzen singen und tanzen.»

Stimmung zwischen Freude und Trauer

Zentrum des Ryneks sind die berühmten Tuchhallen mit ihren holzverschalten Läden, die zu den ältesten der Welt gehören. Hier verdichtet sich das Krakauer Leben zu einem buntem Panoptikum aus Farben, Gerüchen und Geräuschen. Mit dem Zusatz «Weltjugendtag» ergibt dies eine umwerfende Stimmung.

Auch hier überall Fahnen und fröhlich singende Jugendliche.  Sie erobern die Wahrzeichen der Stadt, so auch den Wawel, die polnische Akropolis, wo einst die polnischen Könige residierten. Auch der Regen – ein starker Platzregen – kann die Stimmung nicht trüben. Musik, Tanz und neugierige Offenheit sind überall anzutreffen.

Schweizer Nationentreffen bei den Albertinerinnen

Am Nachmittag kommt es in der Kirche der Albertinerinnen an der Jana Woronicza 10 zum traditionellen Schweizer Weltjugendtag-Treffen, das die Organisatoren «»ª#»«ŽSzwajcarskiFestiwal nennen. Die Pilger aus der Schweiz, die sich aus allen Ecken der Stadt dahin auf den Weg machen, sind an den stylischen Seesäcken in den Farben rot, gelb und blau zu erkennen, mit welchen über 900 Deutschschweizer in Krakau ausgestattet wurden. Das junge Schweizer Start-Up Sackstarch hat diese extra für die Organisatoren aus Storenstoff hergestellt.

Auf der Treppe vor der Kirche begrüssen die Jugendbischöfe Alain de Raemy (Romandie), Valerio Lazzeri (Tessin) und Marian Eleganti (Deutschschweiz) die anwesenden Jugendlichen. Sie blicken in ein rot-weisses Fahnenmeer.

Aus allen Landesteilen

Versammelt haben sich Schweizer Jugendliche aus allen Landesteilen. Mit acht Bussen sind die jungen Pilger nach Polen gefahren. Viele unter ihnen waren schon zu den «Tagen in den Diözesen» vor einer Woche angereist, die sie in Bialystok im Osten von Polen – nahe der Grenze zu Weissrussland – verbrachten.

Volunteers stellten ein spannendes Programm zusammen

Dabei war auch Maria Wiederkehr aus Tann (ZH), die sich nun mit vielen anderen vor der Kirche über ihre Erlebnisse in den vergangenen Wochen austauscht. Die 18-Jährige sagt: «In Bialystok stellten Volunteers für uns ein spannendes Programm zusammen. Sie zeigten uns die Stadt, auch reisten wir mit ihnen zum Wallfahrtsort Heiliges Wasser.»

Herzliche Gastfreundschaft

Jugendliche wie Daniel, Carla und Niklas aus Visp berichten von der herzlichen Gastfreundschaft der Polen, der grossen Neugier an der Schweiz und tiefen spirituellen Gesprächen, die sie vor Ort erlebt haben. Eine Gruppe, darunter auch Weihbischof Marian Eleganti, war zuvor schon unterwegs auf einer Tour durch Polen, wo sie unter anderem auf einer Kanutour unterwegs waren.

Ein Jugendlicher erzählt begeistert, wie er mitten im Wald und direkt am Fluss mit seinen Freunden eine Messe feierte. Als Altar diente ihnen umgedrehtes Kajak und aus Paddel bauten sie ein Kreuz. Wie einst Papst Johannes Paul II, der bei den Kanu-Exerzitien mit Jugendlichen in den Masuren unterwegs war.

Wohnen im Zentrum von Krakau

Der Pfarrer Roland Eigenmann und die Religionspädagogin Monique Eberhard tragen T-Shirts mit dem Aufdruck «Katholische Kirche Region Rorschach». Auch sie haben sich ein eigenes Reisepaket für Polen im Vorfeld des Weltjugendtages in Krakau geschnürt. «Wir besuchten so interessante Orte wie den Wallfahrtsort Tschenstochau und Karol Wojtylas Geburtsort Wadowice», berichtet Monique Eberhard.

Jetzt wohnen die Ostschweizer in einer durch das Portal «AirBnB» vermittelten Wohnung mitten im Krakauer Zentrum. Von hier aus besuchen sie eine Vielzahl von Veranstaltungen.

Beeindruckt vom «Pharisäer in uns»

Der 17-jährige Gianluca zeigt sich beeindruckt von den Worten des Wiener Kardinals Christoph Schönborns, der an diesem Vormittag in einem Zelt hinter der Marienkirche über den «Pharisäer in uns» sprach.

Der junge Ostschweizer sagt: «Ich dachte darüber nach, wie viele Vorurteile ich anderen gegenüber habe. Das  machte mich nachdenklich.» Roland Eigenmann resümiert: «Wenn ein Weltjugendtag einfach nur lässig wäre, hätte er für mich sein Ziel verfehlt.»

Berührende Begegnungen

Viele Schweizer Pilger sind im kleinen Städtchen Myslowice in Gastfamilien untergebracht, wo sie sich in der örtlichen Pfarrei jeweils am Vormittag zur Katechese treffen und über wichtige Fragen des Lebens nachdenken. Auch aus den dortigen Gastfamilien berichten die Jugendlichen Berührendes: «Einige tischen uns schon zum Frühstück selbst gemacht Omeletten auf», sagt Tomm aus Winterthur.

Gespräche sind das Herzstück des Treffens

Marian Eleganti ergänzt: «Das Weltjugendtreffen ist nicht nur einfach ein Massenevent. Die Gespräche der Jugendlichen in den Gastfamilien oder untereinander kurz vor dem Schlafengehen, das ist für mich das Herzstück dieses Treffens.»

Fussball darf nicht fehlen

Auch der «»ª#»«ŽCopaCatolica, das offizielle Fussballturnier des Weltjugendtages, wo sich auch Schweizer Kicker beteiligten, ist unter den Jugendlichen ein Gesprächsthema. Und sie berichten natürlich von der intensiv-dichten Atmosphäre bei der Eröffnungsmesse, die sie zusammen mit hunderttausenden Menschen teilten.

Das Nationentreffen zieht sich noch weit in den Abend hinein. Doch die gastgebenden Ordensfrauen geniessen die für sie ungewöhnliche Versammlung auf ihrem Areal sichtlich.

Papst in Krakau gelandet – Weltjugendtag nimmt Fahrt auf

Die jungen Leute werden ihre Eindrücke mit nach Hause nehmen

Schweizer Jugendliche an Weltjugendtag | © Vera Rüttimann
28. Juli 2016 | 00:13
Lesezeit: ca. 4 Min.
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Schweizer auf jüdischen Spuren in Kazimierz

Krakau, das 2000 Europas Kulturhauptstadt war, ist eine geschichtsträchtige Stadt. Einige der Schweizer begeben sich nach dem Treffen bei den Albertinerinnen in den Stadtteil Kazimierz. Nur zehn Minuten vom Stadtzentrum entfernt, tauchen sie hier in eine völlig andere Welt ein. Das Licht der Weltöffentlichkeit fiel auf dieses melancholische Viertel, als Steven Spielberg hier Originalschauplätze für seinen Film «Schindlers Liste» fand.

64’000 Juden haben 1938 in Krakau einst gelebt. Die meisten wurden von den Nationalsozialisten in Ghettos verschleppt und umgebracht. An den Wänden findet sich ein eigentümlich jüdisch-katholischer Mix wieder. Neben alten jüdischen Inschriften sind auch Plakate des polnischen Papstes und Heiligen Johannes Paul II. zu sehen, der für viele junge Polen heute eine zentrale Bedeutung hat.

Die Schweizer Pilger geniessen auch die vielen Restaurants mit koscheren Speisen, in der sich die typisch fröhliche Weltjugendtags-Stimmung verbreitet. Auch für sie stehen diese Tage bislang für Frieden und eine friedlich gelebte Völkerfreundschaft. – In diesen Tagen ist das ein hohes Gut. (vr)