Den Papst erwartet in Polen keine leichte Aufgabe

Rom, 27.7.16 (kath.ch) Wenn Papst Franziskus heute nach Polen aufbricht, ist das mehr als nur eine Routinetermin. Denn er besucht nicht nur den Weltjugendtag in Krakau – das allein wäre ein Heimspiel. Er besucht auch das erste Mal ein Land, dessen katholische Bischöfe in ihrer Mehrheit seinen Kurs zwar nicht öffentlich ablehnen, aber deutliche Vorbehalte oder zumindest Zurückhaltung erkennen lassen. Kommt hinzu, dass es für viele Polen nach wie vor nur einen Papst gibt – und der heisst Johannes Paul II.

Thomas Jansen

Wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen oder mehr Barmherzigkeit gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen geht, aber auch beim Thema Umweltschutz, dem der Papst mit «Laudato si» eine eigene Enzyklika widmete, gelten die polnischen Bischöfe nicht als Vorreiter. Vergleichbar ist diese Situation für den Papst nach Einschätzung von Beobachtern allenfalls mit der USA-Reise im September vergangenen Jahres. Auch dort war Franziskus mit starkem Gegenwind aus der katholischen Kirche konfrontiert wurde.

Botschaften per Medien vorausgeschickt

So eine heikle Mission will gut vorbereitet sein: Kein Zufall war es deshalb, dass der «Osservatore Romano» in der vergangenen Woche gleich zwei Artikel veröffentlichte, die ganz offensichtlich nur eine Botschaft nach Polen und in die Welt tragen sollten: Zwischen Johannes Paul II. und Franziskus gebe es keinen Widerspruch – auch nicht, wenn es um wiederverheiratete Geschiedene gehe. Damit reagierte die vatikanische Tageszeitung auf konservative Stimmen, die behauptet hatten, Franziskus stelle sich mit seinem Schreiben «Amoris laetitia» gegen die Ehelehre von Johannes Paul II.

Noch ungewöhnlicher allerdings war eine Mitteilung des vatikanischen Presseamtes mit der Überschrift «Die Kirche in Polen und die Aufnahme von Flüchtlingen» vom Wochenende. Darin äussert sich der Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz, Pawel Rytel-Andrianik, besorgt über Ressentiments gegen Flüchtlinge in Polen und macht Polens nationalistische Parteien für eine «künstlich geschürte Angst vor Muslimen» verantwortlich.

Diskussion hinter verschlossenen Türen

Die Kernbotschaft hier lautet: Die Haltung gegenüber Flüchtlingen der katholischen Kirche in Polen und Papst Franziskus ist die gleiche. Auch damit reagierte der Vatikan offenbar auf Kritiker, die der katholischen Kirche in Polen vorwerfen, die restriktive Flüchtlingspolitik der Regierung zu unterstützen. Papst Franziskus selbst hat sich bislang allerdings nicht zu diesen Themen geäussert.

In seiner Videobotschaft zur Polen-Reise stand der Weltjugendtag im Vordergrund. Zur polnischen Kirche sagte er nur allgemein, er wolle ihr im Geist von «Amoris laetitia» begegnen. Ähnliches hatte er auch vor früheren Auslandsreisen gesagt. Aufschlussreicher ist da womöglich eine Änderung im offiziellen Programm: anders als zunächst angekündigt hält der Papst vor Polens Bischöfen keine Rede, sondern stellt sich ihren Fragen – hinter verschlossenen Türen. (cic)

27. Juli 2016 | 06:53
Lesezeit: ca. 2 Min.
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