Gottfried Locher
Schweiz

Gottfried Locher: «Die Reformation hat auch Schattenseiten»

Bern, 13.10.15 (kath.ch) Die Reformation hat auch Schattenseiten, sagt der neue Präsident der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (Geke), der Schweizer Gottfried Locher. Der Ratspräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) erwähnte gegenüber kath.ch die Religionskriege in Europa und den Umgang mit den Täufern. Locher wurde am Montag, 12. Oktober, zum Präsidenten der Geke gewählt, wie der SEK gleichentags mitteilt.

Barbara Ludwig

Im 16. und 17. Jahrhundert habe sich die Reformation in Europa vor allem über die Politik verbreitet, so Locher. Der politische Herrscher eines Landes sei damals berechtigt gewesen, über die Religionszugehörigkeit der Bewohner seines Landes zu bestimmen. «Religionsfreiheit war damals kaum ein Thema.» Was die Religionskriege und den Umgang mit den Täufern betreffe, sei bereits «viel Versöhnungsarbeit» geleistet worden, versicherte Locher, der am Montag zum geschäftsführenden Präsidenten der Geke gewählt worden ist.

Projekte betonen europäische Dimension des Reformationsjubiläums

Laut Locher, der sich auf Anfrage von kath.ch äusserte, bringen verschiedene Projekte die europäische Dimension des Reformationsgedenkens zum Ausdruck. Der neue oberste Protestant Europas erwähnte etwa das Geke-Projekt «Reformationsprojekt Europas». Dabei handle es sich um ein Partnerschaftsprojekt europäischer Kirchen und Städte, bei dem auch zehn Schweizer Städte mitmachen.

Auch die Schweizer Kirchen würden 2017 in Wittenberg präsent sein. «Das Reformationsjubiläum erhält heute verschiedene Prägungen.» Wenn ein Schweizer als Geke-Präsident auftrete, gebe das der Schweiz und den Schweizer Kirchen eine «gewisse Sichtbarkeit», zeigte sich Locher erfreut. Heute sei es aber auch in Deutschland oder für die Lutheraner klar, «dass die Reformation nicht nur ein deutsches oder lutherisches Ereignis war». Die Reformation, die sich historisch am weitesten ausgebreitet habe, sei die calvinistische.

SEK und Bischofskonferenz planen gemeinsame Projekte

Locher versicherte, dass auch die Anliegen der Katholiken betreffend das Reformationsjubiläum berücksichtigt würden. So plane der SEK zwei Projekte zum Jubiläum in Zusammenarbeit mit der Schweizer Bischofskonferenz (SBK). «Wir sind deswegen im Gespräch mit der SBK und werden nächstens darüber kommunizieren.» Auch in Deutschland gebe es gemeinsame Projekte der Evangelischen Kirche und der Bischofskonferenz.

Europas Protestanten treffen sich 2017 und 2018 in der Schweiz

An der Spitze der Geke tritt Locher die Nachfolge von Friedrich Weber an, dem im Januar verstorbenen Landesbischof von Braunschweig, heisst es in der Mitteilung des SEK weiter. Ins dreiköpfige Präsidium gewählt wurden zudem die Ungarin Klara Tarr Cselovszky, Aussenamtsleiterin der Lutherischen Kirche in Ungarn, und Michael Weinrich, Professor für systematische Theologie an der Ruhr-Universität Bochum.

Locher führt die Geschäfte der Geke bis zur nächsten Vollversammlung im Herbst 2018. Diese findet laut Mitteilung in Basel statt. Auch 2017 werden sich Europas Protestanten in der Schweiz treffen: Im März 2017 lade der SEK zusammen mit den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn die Synodalen aller Geke-Kirchen nach Bern ein, so die Mitteilung.

Die Geke vertritt rund 50 Millionen Protestanten in rund hundert reformierten, unierten, lutherischen, methodistischen und vorreformatorischen Kirchen aus über dreissig Ländern Europas. (bal)

Gottfried Locher | © Jacques Berset
13. Oktober 2015 | 17:54
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