Die neue CH-Hymne interessiert die Medien: SGG-Präsident Jean-Daniel Gerber
Schweiz

Neue Nationalhymne: Nun kann über Gott abgestimmt werden

Bern, 30.3.15 (kath.ch) Die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) will der Eidgenossenschaft eine neue Nationalhymne geben. Sechs Vorschläge werden bis zum 15. Mai der Öffentlichkeit zur Abstimmung vorgelegt. Stimmberechtigt sind alle Personen, die über ein Handy mit Schweizer Nummer verfügen, also auch Personen ohne Schweizer Pass.

Georges Scherrer

Aus 208 Einsendungen hat eine 30-köpfige Jury sechs Vorschläge für eine neue Hymne ausgewählt. Gemäss SGG-Präsident Jean-Daniel Gerber, ehemaliger Staatssekretär und Direktor des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO), orientieren sich die Texte an den Werten, die in der Präambel der Schweizer Bundesverfassung beschrieben werden. Diese beginnt mit den Worten: «Im Namen Gottes des Allmächtigen!» Gerber ist überzeugt, dass Gott in allen vorgelegten Texten explizit oder zumindest implizit erscheint. Ein Augenschein indes ergibt: Gott wird in zwei der präsentierten Texte genannt. Wie stark er in den übrigen Texten erscheint, muss jeder Leser selber entscheiden. Dasselbe gilt für die übrigen in der Präambel der Bundesverfassung genannten Werte.

Die sechs vorgelegten Hymnen enthalten meist einfache Wörter, sodass die Sangbarkeit der Texte besser gewährleistet ist. Die Qualität der Texte ist nicht über jeden Verdacht erhaben. Versmetrum und Reime stehen zum Teil über dem Inhalt und der gewohnten Ausdrucksform des deutschen Sprachduktus. Dies ergibt eine genaue Lektüre der Texte. Besungen werden vor allem die Gerechtigkeit, Einheit, Freiheit, Vielfalt und der Frieden.

Es sei nicht leicht gewesen, aus den 208 Einsendungen sechs Vorschläge auszuwählen, hiess es in Bern. Zudem habe man an den schliesslich auserkorenen Texten manchmal noch feilen müssen, sodass eine Einheit zwischen Sprache und Melodie entstand. Die Mehrheit der Hymnen-Vorschläge orientieren sich an der aktuellen Melodie des «Schweizerpsalms», wie die aktuelle Nationalhymne offiziell heisst.

Nach Auffassung der SGG, die unter anderem die Rütliwiese verwaltet, ist die aktuelle Nationalhymne aus dem Jahre 1841 sprachlich sperrig. Sie entspreche nicht mehr der gesellschaftlichen Realität. Autor des ursprünglichen, «romantisch-pathetischen» Textes, der von Morgenrot und Strahlenmeer spricht, war Leonhard Widmer.

Sechs Anwärter ausgewählt

Unter www.chymne.ch legt die SGG nun sechs neue Texte zur Auswahl vor. Drei stammen aus der Westschweiz, drei aus der Deutschschweiz, wobei einem von diesen Texten ebenfalls eine Version in Rumantsch beigelegt war. Die sechs Texte werden auf der Webseite in den vier Landesprachen präsentiert – und zwar gesungen und in schriftlicher Form. Die Texte sind anonymisiert. Autoren werden erst an der Siegerehrung bekannt gegeben.

Es kann durchaus sein, dass die neue Nationalhymne einst in einer gesamtschweizerischen Form verfügbar sein wird, jeder Vers beispielweise in einer anderen Landessprache zu singen ist. «Das würde unseren Fussballern entgegen kommen, die nicht alle Deutsch beherrschen», erklärte SGG-Geschäftsführer und Projektleiter Lukas Niederberger in Bern. Die neue Hymne könnte auch in «Neulatein, also Englisch» übersetzt werden, so dass, wenn die Hymne bei internationalen Anlässen gesungen würde, das Publikum mehr über die den Schweizern wichtigen Werte erfahren könnte.

Volk hat möglicherweise das Schlusswort

Bis es soweit ist, muss die neue Hymne verschiedene politische Hürden nehmen. Die nächsten Termine für die Auswahl der Hymne lauten: Bis zum 15. Mai unterliegen die Vorschläge dem Handy-Voting. Die daraus resultierenden drei besten Vorschläge werden vom 8. Juni bis 6. September in ein zweites Online-Voting kommen. Der Sieger soll am 12. September in der Volksmusiksendung «Potzmusig» des Schweizer Fernsehens gekürt werden. Dieses Sendegefäss sei nicht ideal, um die Jugend zu erreichen, die Sendung wird gemäss SGG eher von älteren Leuten angeschaut. Die SRG (Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft) habe aber nicht Hand für eine eigene Sendung geboten.

Dann beginnt die politische Arbeit. SGG-Präsident Jean-Daniel Gerber hofft, «dass wir am Schluss eine Hymne haben, die das Parlament überzeugen wird». Nach Ansicht Gerbers ist es am Parlament, grünes Licht für den Wechsel vom «Schweizerpsalm» zur neuen Hymne zu geben. Falls eine Partei das Referendum gegen den Parlamentsentscheid ergreift, kann es durchaus sein, dass das Volk das letzte Wort beim Hymnen-Entscheid haben wird. Die Zentralschweizer CVP-Konferenz hat bereits Ende 2014 einen Abbruch des Projekts «Neue Nationalhymne» gefordert.

Eine Seite für die Jugend

Die Homepage der SGG zur Nationalhymne enthält eine Rubrik «Schulen». An diese richtet die SGG folgenden Aufruf: «Die Jugend soll aktiv mitbestimmen dürfen, welches Leitbild und welche Werte unserer Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten im In- und Ausland besungen werden sollen.» Falls die neue Hymne zuletzt wider Erwarten nicht den Segen des Parlaments oder möglicherweise des Volks findet, so erhofft sich die SGG, dass über eine breite Diskussion in den Schulen die Vorschläge für eine neue Hymne bei der Jugend doch eine breite Diskussion über die Schweiz von heute und morgen ausgelöst hat.

Die Vorschläge für die neue Nationalhymne finden sich auf https://www.chymne.ch/de/beitraege (gs)

 

Die neue CH-Hymne interessiert die Medien: SGG-Präsident Jean-Daniel Gerber | © 2015 Georges Scherrer
30. März 2015 | 16:03
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